Festrumpfschlauchboote, kurz RIBs (für Rigid Inflatable Boats), sind von Natur aus spritzig. Im Offshore-Modus, mit sportlichem Rumpf und pulsierendem Motor, geht dann so richtig die Post ab. Dann fetzen die Boliden mit über 60 Knoten Speed übers Wasser.

Text: Philippe Leblond

Vorab ein guter Tipp für alle, die zum ersten Mal auf einer schwimmenden Rakete dieser Art mitfahren: Lassen Sie Hut und Schal an Land. Und falls Sie eine Brille tragen, blicken Sie nicht in Richtung Kielwasser, denn dann bleibt Ihnen ein Besuch beim Optiker garan- tiert nicht erspart. Der von der Geschwindigkeit des Boots verursachte Luftstrom wird von der Windschutzscheibe oder dem Windabweiser der Konsole nicht immer gleich gut abgeleitet und übt auf das Gesicht der Passagiere entsprechend viel Druck aus. So soll es ja auch sein, schliesslich steckt viel ungebändigte Kraft in den V6, V8 oder Sechszylinder-Reihenmotoren. Bei einem solchen Tempo sind Fehler keine Option. Wir konnten einige dieser flotten RIBs testen. Hier unser Fazit.

Das richtige Rezept für (sehr) schnelle RIBs

1 – Man nehme einen schlanken Rumpf …

Der Rumpf muss einen möglichst kleinen Hauptspant haben, damit er Wasser und Luft schneiden kann. Bei hohen Geschwindigkeiten ist Aerodynamik schliesslich das A und O. Ein markantes V verringert die Auflagefläche, verbessert die Hydrodynamik und sorgt auch für ein angenehmes Fahrverhalten in den Wellen ohne bremsende Stossbewegungen. Das dankt Ihnen nicht nur das Boot, sondern auch der Mitfahrer!

2 – … füge einen PS-starken Motor hinzu…

Bei Power denkt man als Erstes an Zweitakter-Aussenborder mit Direkt- einspritzung. Die sind aber schon länger am Aussterben. Durch die Bearbeitung der Kunden mit wirksamen Verkaufsargumenten wurden sie zunehmend durch den Viertakter verdrängt. Einzig Evinrude und Mercury (Optimax-Reihe) konnten sich behaupten. Sie bieten noch einige nervöse und leistungsstarke Motoren an, die dank Reaktionsschnelligkeit und giftigem Sound für grenzenloses Fahrvergnügen sorgen.

3 –  … und pimpe das Ganze mit Racing-Zubehör auf

Das sportliche Standard-RIB ist anständig ausgestattet. Das soll aber nicht daran hindern, das Boot mit ein paar scharfen Zutaten aufzupeppen und dem Fahrgefühl die nötige Würze zu verleihen. Leistungssteigernd sind Powerlifts für Aussenborder – eine elektrisch bedienbare Verstelleinrichtung, mit dem der Motor abgesenkt oder angehoben werden kann, um die Eintauchtiefe der Schraube zu variieren –, Racing-Motorabdeckungen mit Nose Cone, d.h. deutlich schmalerem Profil als bei Standardabdeckungen, und Propeller in Brieföffnerform. Anspruchsvollere Piloten ersetzen zudem die serienmässigen Gashebel durch einen Racer-Steuerhebel von Livorsi Marine oder Gaffrig.

Tipps bei hohem Tempo

1 – Das Boot richtig trimmen

Bei einem so schnellen und leichten Boot ist es besonders wichtig, dass der Pilot die Bootslage und die Geschwindigkeit stets unter Kontrolle hat. Dazu muss er den Bootstrimm ständig ausrichten (positiv, neutral, negativ) und die Motor-Drehzahl entsprechend anpassen. Auf einigen wenigen RIBs müssen zudem Trimmklappen, sogenannte Flaps, eingestellt werden. Immer beachten: Eine neutrale oder negative Position bremst. Und: Jede Trimmeinstellung wirkt sich auf das Gleichgewicht und die Geschwindigkeit des Bootes aus.

2 – Das Wasser korrekt lesen

Dazu braucht es etwas Erfahrung. Entgegen der geläufigen Meinung ist starker Seegang nicht zwingend auch der gefährlichste, denn das Boot fährt langsamer und die Wellen zeichnen sich klar ab. Leichte Wellen, die das Boot nicht daran hindern mit maximalem Tempo zu fahren, sind tückischer, denn ihre Auswirkungen auf das Gleichgewicht des Bootes sind schwierig einzuschätzen. Der Fahrer muss das RIB mit einer Hand am Steuerrad und mit der anderen am Gashebel steuern (es sei denn, es verfügt über ein Fusspedal). Einige Festrumpfschlauchboote sind bei Vollgas nur schwer auf Kurs zu halten. Umso wichtiger ist es, mit Steuerrad und Gas ständig dagegenzuhalten, um bei allfälligen Rollbewegungen so- fort reagieren zu können. Bei Wellen ist zudem besonders darauf zu achten, dass der Motor nicht überdreht. Das heisst: in der Luft vom Gas gehen und vor dem Aufsetzen wieder auf- drehen. Beim Abheben Vollgas zu geben bringt absolut nichts, denn das Boot soll ja möglichst lange Antrieb haben und das Tempo halten.

3 – Auf Sicherheit achten

Sicherheit beginnt beim Cockpit oder beim Steuerstand. Er sollte ergonomisch und mit Schalensitzen vom Typ Bolster oder mit gefederten Sitzen wie sie Ullman oder Scotseat an- bieten, ausgestattet sein. Zur Not tut es auch ein Jockeysitz mit gebogener Rückenlehne. Für den Piloten und den Copiloten sind eine nach hinten geneigte Konsole, auf richtiger Höhe platzierte Steuerelemente und Handlauf ein Muss. Selbstaufblasende Rettungswesten, die mehr Bewegungsfreiheit lassen, sind wärmstens empfohlen, und zwei Schutzschalter sind besser als einer.

Unsere Auswahl an RIBs mit mehr als 60 Knoten

Falcon 700 RSR: unbestritten das beste Preis-Leistungs-Verhältnis 

Goldfish 29 Sport: aussergewöhnliche Gleit- und Hochseeeigenschaften

Lomac Adrenalina 10.5: eher auf gemütliche Fahrten ausgerichtet, trotzdem überdurchschnittlich dynamisch

Osprey ViperMax 7.0: schnelles und bei starkem Seegang bewährtes Kraftpaket

Revenger R29 HB MKII: grossartiges Design, hat durch Rennerfolge Ansehen erlangt

Scorpion Serket 88: sportliches Temperament für viel Fahrspass und sogar mit etwas Komfort

Solent 690: einfach, sicherlich etwas spartanisch, aber hochseetauglich und überaus flott unterwegs

Technohull SeaDNA 999: Powerboot mit hervorragendem Gleitrumpf; erreicht mit „nur“ 450 PS satte 67 Knoten