Text: Walter Rudin

Fotos: Felix Aeberli

Die Stiftung Historische Zürichsee Boote (HZB) besitzt mit dem Motorboot Hecht ein neues Juwel in seiner Sammlung von Oldtimerbooten. Ende Juni wurde das ehemalige Linienschiff auf dem Pfäffikersee neu getauft und wieder in Betrieb genommen.

Anders als die meisten Boote der HZBFlotte handelt es sich beim Hecht nicht um ein Plaisierboot, sondern um ein simples Fahrgastschiff ohne Verzierungen und Schnörkel,dafür mit einer klaren Linie. Es ist gerade diese Schlichtheit, die das Schiff so speziell macht. Der Hecht wurde 1911 vom damals 22-jährigen Bootsbauer Emil Leemann in Pfäffikon gebaut und mit einem Saurer Vierzylinder- Benzinmotor ausgestattet. Bis zum Zweiten Weltkrieg diente er auf dem Pfäffikersee als Linienschiff, dann musste der Betrieb wegen Benzinmangel eingestellt werden. Später wurde der Hecht für Extrafahrten und Schulreisen eingesetzt. 2003 war Schluss, er wurde ausrangiert und hing zehn Jahre in einem Bootshaus, niemand hatte Verwendung dafür. Roger Staub, Präsident der HZB und ehemaliger Präsident von Swiss Sailing, erinnert sich noch gut, wie die Stiftung zu diesem Boot kam: «Der Hecht wurde uns geschenkt, aber wir mussten ihn innerhalb von drei Wochen abholen. Ich wollte natürlich wissen, worauf wir uns da einlassen. Bei einer Besichtigung wurde klar, dass die Substanz noch gut war und es sich um ein besonderes Unikat handelte.» Roger Staub machte, was er in solchen Fällen immer für seine Stiftung tut: Er begab sich auf die Suche nach Geld, denn solche Restaurationen sind bekanntlich sehr teuer. Viel Originalholz war noch gut erhalten, der Kiel, einige Planken, die Steuersäule und die Verkleidung der Sitzbänke mussten hingegen ersetzt werden. Ein Fahrgastschiff muss heute umfangreiche Auflagen der Behörden erfüllen: Es soll unsinkbar sein und braucht einen Kollisionsschutz. Als Antrieb wurde ein Elektromotor gewählt, denn der Pfäffikersee ist ein Naturschutzgebiet nationaler Bedeutung und da ist Ruhe geboten. Weil der See klein ist, dauern die Rundfahrten auch kaum mehr als eine Stunde.

Feierliche Taufe

Dass seine Batteriekapazität genügt, hat der Hecht Ende Juni bei der Bootstaufe bewiesen. Gleich drei einstündige Ausfahrten nacheinander meisterte er bei seinem ersten Einsatz problemlos. Schwierigkeiten hatten einige der jeweils 20 Passagiere eher mit der prallen Sonne, der sie im offenen Boot ausgesetzt waren. Trotz grosser Hitze war die zweite Taufe ein gelungener Event, den sich viele Schaulustige, HZB-Mitglieder, Behördenvertreter und natürlich auch Neptun nicht entgehen liessen. Roger Staub hielt eine Überraschung bereit. Das Amt für Landschaft und Natur hatte ausnahmsweise bewilligt, dass das zweite von Leemann gebaute Motorboot Annie zur Feier der Rückkehr des Hecht ebenfalls auf dem Pfäffikersee fahren durfte. Es wurde einst von Emil Leemann für eine reiche Dame am Zugersee gebaut. Damit waren zwei Zeugen hoher alter Bootsbaukunst – einmal simpel, einmal nobel – auf dem Gewässer vereint, wo sie letztmals 1912 gemeinsam verkehrt hatten.