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Vendée Globe : La dure loi des petits budgets

Fotos: ©Christophe Breschi, ©Yva Zedda, ©Olivier Blanchet ,©Thierry Martinez

Alan Roura hat für seine Teilnahme an der Vendée Globe weniger als eine halbe Million Euro zur Verfügung. Durch dieses im Verhältnis zu den finanzstarken Rennställen schmale Budget muss der jüngste und einzige Schweizer Segler der Regatta allerlei Kompromisse eingehen.

Alan Roura lässt sich von seiner prekären finanziellen Lage nicht seine legendär gute Laune verderben. Mit ungebrochener Begeisterung geniesst er jeden Tag, der ihn vom Start der Vendée Globe trennt. „Jetzt, da ich es so weit geschafft habe, werde ich das Ding durchziehen“, sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. Mit einem Budget von 450’000 Euro, die er noch immer nicht ganz beisammen hat, kommt die Teilnahme des Genfers schon fast einem Wunder gleich. „Noch ist nicht alles so, wie es sein sollte und die Sicherheit muss immer an erster Stelle stehen. Wir müssen noch einiges optimieren und das Boot mit dem wenigen Geld, das uns zur Verfügung steht, zuverlässiger, aber nicht unbedingt schneller machen“, verrät der Skipper von La Fabrique. „Mir geht es aber in erster Linie darum, die Vendée Globe zu Ende zu segeln. Ich habe ein solches Glück, dass ich überhaupt hier sein kann und will unbedingt ins Ziel kommen.“

Risiken eingehen

Roura, der Mitte Oktober in Les Sables d’Olonne eingetroffen ist, hat bereits einen Grossteil seiner knappen Mittel in die Anpassung des Bootes an die Vermessungsregeln gesteckt. Es wurde in einer Werft mehrere Wochen einem kompletten Refit unterzogen. Dank einer Crowdfunding-Aktion, bei der 30’000 Euro zusammengekommen sind, konnte er das stehende Gut auswechseln – ein Muss, wenn er die Weltumsegelung unbesorgt in Angriff nehmen will. Auch für den Kauf mehrerer Segel, die Sanierung der Mechanik, den Erwerb von Ersatzteilen für die Sicherheit oder die Energie musste das Geld reichen. „Die Budgetplanung ist eine echte Herausforderung“, räumt der Jungsegler ein. „Ich muss ständig Entscheidungen treffen, ob ich das oder jenes machen lassen will, manchmal muss ich Beträge einsetzen, die ich noch gar nicht habe. Ich muss aber vorwärtsmachen, sonst werde ich nicht rechtzeitig fertig, auch wenn das bedeutet, dass ich Risiken eingehe.“ Für den Skipper ist es Ehrensache, dass er keine Schulden bei seinen Lieferanten hat. „Wir haben immer alles fristgerecht bezahlt. In diesem Punkt bin ich typisch schweizerisch. Uns wird ja eine gute Zahlungsmoral nachgesagt und die ist mir auch wichtig.“ Alan weiss, dass seine finanzielle Situation nach dem Rennen noch einige Fragen offenlässt. Er will das Abenteuer aber unbeschwert leben und nicht auf eine hypothetisch bessere Zukunft verschieben.

Ehrenamtliche Helfer

Die Vendée Globe wird zwar einhand gesegelt, die Vorbereitung ist jedoch Teamsache. Roura erklärt: „Drei Personen arbeiten Vollzeit am Boot. Weitere werden in den letzten Wochen vor dem Start hinzukommen. Aurélia Mouraud kümmert sich seit Beginn um das Projektmanagement und die Kommunikation. Wir können zwar kein Gehalt anbieten, aber wenn die Leute schon bereit sind, ihre Zeit zu opfern, ist das Mindeste, was wir tun können, ihnen Kost und Logis zu offerieren.“ Mit viel Kreativität sucht das Team deshalb nach alternativen Finanzie-rungsmöglichkeiten. Ein lokaler Supermarkt hat ihnen einen Gutschein über 2000 Euro geschenkt und mit einer Firma wird gerade eine Crowdfunding-Aktion aufgegleist, bei der Mahlzeiten auf dem Meer serviert werden. Es wird eben jede Gelegenheit wahrgenommen, um an Geld zu kommen.

Nicht der einzige

Alan Roura ist nicht der einzige mit einem kleinen Budget. Sébastien Destremau, Skipper der FaceOcean und Journalist, hat für diese Vendée Globe ebenfalls ein minimalistisches Projekt gestartet. Sein Boot sei ein „Konzentrat aus Einfachheit, ein Fahrrad ohne Schaltung“, sagt der Franzose. 350’000 Euro lässt er sich den Spass kosten. Er will sich damit absichtlich von den Millionenprojekten abheben: „Ich will zeigen, dass neben den grossen Rennställen auch Platz ist für etwas anderes und dass das Abenteuer erschwinglich sein kann. Ich habe nichts Komplexes, keine 3D-getrimme Genua, kein Schwert, kein hochfahrbares Ruderblatt, sondern nur einen Festkiel. Wir haben alles aufs Extremste vereinfacht. Alles, was ich nicht habe, kann nicht kaputtgehen.“ Nach einer Entmastung zwei Monate vor dem Start wird die Zeit für Sébastien langsam knapp. „Das Boot wird fertig, aber wir haben bei unserem eh schon eng bemessenen Zeitplan fünf Wochen verloren“, bestätigt Sébastien. Die beschränkten finanziellen Mittel bereiten ihm in erster Linie in Bezug auf die Kommunikation Probleme, denn er möchte seine Erlebnisse mit der Aussenwelt teilen. 20’000 Euro hat er für diesen Posten budgetiert, deutlich mehr als Alan, der nur gerade die von den Organisationen auferlegten 8000 Euro für das vorschriftsgemässe Posten von Fotos und Videos lockermacht

Auch die grossen Fische rechnen

Entgegen der verbreiteten Meinung sind die grossen Teams ebenfalls an Budgets gebunden und können das Geld nicht aus dem Fenster werfen, nur liegt die Latte höher. Es sei wichtig, einen Rahmen vorzugeben, egal, wie gross der sei, bestätigt Cyril Dardashti, der Generaldirektor von Gitana Team. „Wenn wir uns keine Grenzen setzen würden, würden wir uns verzetteln und das könnte kontraproduktiv sein und sich nachteilig auf die Leistung auswirken. Man muss dort investieren, wo Mehrwert entsteht. Bei uns sind es die Schwimmer, der Ballast und die Segel. Und man sollte Schwerpunkte in Bezug auf die Zuverlässigkeit setzen. Sébastien Josse kann als einziger zwei Atlantiküberquerungen auf Foilern vorweisen. Wir hätten eine dritte Version bauen können, um sie noch mehr zu optimieren, aber abgesehen von den damit verbundenen Kosten wären wir das Risiko eingegangen, mit Material an den Start zu gehen, das sich noch nicht bewährt hat.“

Das Geld ist und bleibt aber der springende Punkt. Wer mit wenig Mitteln an den Start geht, wird doppelt bestraft: Erstens leidet unvermeidlich die Vorbereitung und zweitens ist das Handicap so gross, dass Probleme während des Rennens so gut wie vorprogrammiert sind. Aber auch für die Podestanwärter ist die Regatta kein Zuckerschlecken. Die Boote der neuen Generation sind dermassen unbequem, dass manch ein Skipper die Freude am Segeln verlieren könnte. Für die Vendée Globe bezahlen einige einen – wörtlich und sinnbildlich – hohen Preis.

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