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Transat im Temporausch

von Quentin Mayerat

Samstag, 7. Juli in New York. Gestartet wurde gegenüber der Freiheitsstatue, danach segelten die MOD 70 unter der Verrazono-Brücke durch, bevor sie sich zur Speedfahrt in Richtung Brest aufmachten. © Chris Schmid

„Die Überquerung war hart, weil die Trimarane hart sind. Das Boot ist ständig unter Wasser. Wir haben kein einziges Mal in den Kojen geschlafen, sondern am Boden im achteren Bereich, denn dort brauchte es beim Einstechen Gewicht. Im Norden hatten wir 40 Knoten Wind, das Meer war aufgewühlt und die Wellen erreichten gut und gerne fünf Meter. Das war schwierig“, berichtet Yann Guichard. Seine erste Transat auf einer MOD70 war alles andere als eine gemütliche Luxuskreuzfahrt. Bei der Überquerung der Ziellinie vor dem Leuchtturm Petit Minou waren die Gesichter der Segler von Müdigkeit gezeichnet. Doch einen Tag später war die Plackerei schon fast wieder vergessen, denn am Freitag, 13. Juli setzten die Trimarane im Hafenbecken von Brest zu einem regelrechten Triumphzug an. Begleitet von mehreren hundert alten Booten, die im Rahmen des internationalen Segelfestes „Tonnerres de Brest“ in der französischen Stadt weilten, begeisterten sie die Zuschauer mit einer Parade. Besonders Yann Guichard und seine Männer hatten allen Grund zum Feiern. Sie hatten einen Tag zuvor um Punkt 14:08:37 nach 4 Tagen, 21 Stunden, 8 Minuten und 37 Sekunden die Ziellinie als Sieger passiert und die 3285 Seemeilen des Krys Ocean Race mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 28,04 Knoten zurückgelegt. Damit war Spindrift Racing eineinhalb Stunden schneller als Groupe Edmond de Rothschild und Foncia, die nochmals eine Viertelstunde auf die Zweitplatzierten einbüsste. Vorangegangen war ein regelrechter Kampf gegen Wellen und Wind, der kaum einmal unter 20 Knoten abflaute.

Bojenrundung vor den Wolkenkratzern von Manhattan und dem neuen, noch im Bau befindlichen One World Trade Center. © Jean-Guy Python

Es war ein höllischer Ritt, der nicht nur an den Männern, sondern auch an den Boliden zehrte. Doch die MOD 70 haben sich bei der extrem intensiven und direkten Überquerung (die drei Boote segelten praktisch durchgehend auf Backbordbug) bewährt, darüber waren sich die Beteiligten einig. Mit Ausnahme eines Ruderschadens auf der Race For Water nach einem Zusammenstoss mit einem Container und eines kaputten Foils auf Musandam-Oman Sail hielten die Trimarane den Wellen Stand.

 

Gelungene Feuertaufe

Triumph für die MOD 70: Begleitet von mehreren hundert alten Schiffen fährt die Armada in den Goulet de Brest. © Thierry Martinez

Für die von Stève Ravussin, Franck David und Marco Simeoni entworfene Mehrrumpf-Serie war die Atlantiküberquerung ein gelungener Test bei Echtbedingungen. Marco Simeoni, der Präsident der Multi One Design SA, war über das Verhalten der Racer hell begeistert: „Die Bilanz fällt extrem erfreulich aus. In sportlicher Hinsicht war das Rennen vom Start bis ins Ziel hart umkämpft. Bei einer One-Design-Klasse bleibt die Spannung bis im letzten Moment erhalten. Das ist für die Zukunft der Regattaserie ein grosser Vorteil. Bei den speziell harten Bedingungen und dem rekordverdächtigen Wetter wurden die Boote stark beansprucht. Es wurde stets am Limit gesegelt und abgesehen von Stèves Pech kamen die Trimarane unglaublich frisch ins Ziel. Deshalb konnten sie nur zwei Tage nach ihrer Ankunft auch bereits am City Race von Brest an den Start gehen. Ich möchte auch die hervorragende Organisation von MOD erwähnen. Der Start in New York vor der herrlichen Kulisse und die Ankunft in Brest mitten im bunten Treiben der „Tonnerres de Brest“ waren spektakulär.  In unserem Krys Ocean Race Village war immer viel los. Wir hatten es zuvor noch nie aufgestellt und es lockte über 2500 Besucher pro Tag an. Das ist für die Multi One Attitude Stiftung nicht zu vernachlässigen!“

 

Sportlich fair

Die fünf Skipper beim Start in New York: (v.l.n.r.) SIdney Gavignet, Yann Guichard, Michel Desjoyeaux, Stève Ravussin und Sébastien Josse. © Jean-Guy Python

„Wir arbeiten seit drei Jahren mit Marco Simeoni daran, die Regattaserie auf die Beine zu stellen. Mit dieser Transat nimmt das Abenteuer seinen Lauf“, sagte Stève Ravussin in New York. Er war die Ruhe selbst und sehr zuversichtlich. Der Segler aus dem waadtländischen Aclens hatte von Anfang an klare Vorstellungen: Die Boote sollten schnell sein. Dass er dieses Ziel erreicht hat, bestätigten die fünf Teams, die erstmals auf den MOD70 gegeneinander antraten. Einige der versiertesten Hochseemulti-Skipper der Welt lieferten sich auf den baugleichen Racern, bei denen der Sieg keine Frage des besseren Bootes, sondern ausschliesslich des besseren Teams ist, ein hartes Rennen. Stève und Yvan Ravussin segelten auf ihrer Race for Water, Michel Desjoyeaux steuerte die Foncia, Sébastien Josse die Groupe Edmond de Rothschild, Yann Guichard die Spindrift Racing und Sidney Gavignet die Musandam Oman Sail.

Yann Guichard auf Spindrift Racing, Sieger der schwierigen, aber rasanten Atlantiküberquerung. © Chris Schmid

Diese Transat ist die erste Regatta der Multi One Championship 2012-2014, die auch eine Europatour und eine Weltumsegelung mit Start im Oktober 2013 und der Durchfahrt des Panamakanals umfassen soll. 2014 steht dann das Krys Ocean Race in umgekehrter Richtung – von Brest nach New York – auf dem Programm. „Wir knüpfen an die grossen Regatten im Team auf Mehrrümpfern an und die haben uns sehr gefehlt“, freut sich Michel Desjoyeaux. Im Rahmen des MOD70-Circuits werden die besten Hochseeteams der Welt bei vollkommener sportlicher Chancengleichheit aufeinandertreffen. Der nächste Event, die erste European Tour der Klasse, startet am 2. September in Kiel. Bei den Teilnehmern ist die Vorfreude gross, wie Yann Guichard festhält. „Ich freue mich wirklich auf diese Regatta. Von Kiel über Dublin, Cascais und Marseille nach Genua zu segeln wird fantastisch sein und die Mischung aus Hochseerennen und Küstennavigation ist hervorragend. Wir werden unsere Emotionen mit den Zuschauern teilen und ihnen unsere wunderschönen Boote zeigen können. Fünf Wochen lang den Rhythmus zu halten wird allerdings nicht ganz leicht. Wir müssen darauf achten, dass wir fit bleiben, denn jedes Detail zählt: die Kurswahl, das Wetter und die Entscheidungen an Bord. Es wird bestimmt ein magisches Erlebnis.“

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