
In der Kürze liegt die Würze: In Cardiff jagte bei 15 bis 20 Knoten Wind ein Lauf den nächsten. © Jean-Guy Python
„Da wir relativ gut klassiert sind, gehen wir frisch an diesen zweiten Teil der Regattaserie heran. Wir haben an diesem Circuit bereits gezeigt, wozu wir fähig sind und können auf die erste Saisonhälfte stolz sein. Jetzt gehören wir zu den Top-Teams. Die drei letzten Events des Jahres werden wir nutzen, um unser Potenzial voll auszuschöpfen.“ Gesagt, getan. In Cardiff legte das Schweizer Team eine brillante Leistung hin. Vor den Wettfahrten in Wales war Jérôme Clerc hochmotiviert. Obwohl die schnell aufeinanderfolgenden Regatten den jungen Romands an die Substanz gingen, haben sie sich hervorragend aus der Affäre gezogen. Mit einem fünften Platz in Cardiff stiessen sie in der Gesamtwertung auf Rang 3 vor und zeigten, dass sie sich an diesem hochkarätigen Wettkampf, an dem die weltbesten Segler teilnehmen, vor niemanden zu Fürchten brauchen. Auch neben Koryphäen wie Dean Barker, Ben Ainslie, Leigh McMillan und Morgan Larson sahen die Genfer nicht blass aus. Sie begegneten ihnen ganz offensichtlich auf Augenhöhe.
Etienne David, der Coach von Realteam, lobte sein junges Team. „Bei den Extreme 40 werden so viele Läufe gesegelt, dass alles möglich ist“, bemerkte er. „In einigen lief es sehr gut, bei anderen weniger. Wenn man aber sieht, wer bei diesem fünften Act alles dabei war, kann man auf die Leistung unserer Segler stolz sein.“

Realteam und Alinghi liefern sich an der Spitze der Flotte ein hart umkämpftes Rennen © Jean-Guy Python
In der Bucht von Cardiff zeichneten sich die Wettfahrten durch Kürze und Würze aus. Kein Lauf dauerte länger als zehn Minuten. Segler, Steuerleute und Taktiker waren körperlich erschöpft. Die neue Zusammensetzung an Bord der J.P. Morgan BAR mit Paul Campbell-James und Ben Ainslie, die von der America’s-Cup-Legende Simon Daubney gecoacht wurden, erwies sich als äusserst erfolgreich. Ben Ainslie, der seit seinem Olympiagold in London im Jahr 2012 kein Rennen auf britischen Gewässern mehr ausgetragen hatte, sagte: „Das war ein körperlich sehr anstrengender Tag für unsere Jungs. Es ist fantastisch, vor den heimischen Fans zu segeln. Wir bekommen nicht allzu oft Gelegenheit dazu. Das hier ist ein grossartiger Austragungsort und etwas ganz Besonderes für uns. Bei den wechselhaften Winden hier brauchst du wirklich einen guten Start.“

Die Flotte der Extreme 40 vor dem roten Pierhead Building und dem Kultur- und Opernhaus Millenium Wales Center © Jean-Guy Python
Alles oder nichts
Pierre-Yves Jorand auf Alinghi ist überzeugt: In der zweiten Saisonhälfte wird auf Teufel komm raus gekämpft: „Das Niveau ist nochmals gestiegen, wir konnten aber bisher mithalten, obwohl es an der Spitze wirklich sehr eng ist. Die Teams sind alle sehr stark. Ben Ainslie kam bei den Starts von Anfang an gut weg. Hier in Cardiff rundete er die erste Wendemarke fast immer unter den ersten drei. Da wir an Bord der Alinghi bereits die dritte Saison bestreiten, sind wir in Bezug auf Kommunikation und Bootskenntnis aber im Vorteil. Ausserdem sind wir von lauter finanzstarken Teams umgeben, die sich sehr schnell steigern. Aus all diesen Gründen wird die zweite Saisonhälfte engagierter und enger sein und es wird schwieriger sein, ganz vorne mitzumischen.“

Die beiden Schweizer Teams zeigten an diesem fünften Act mit einem 2. und einem 5. Platz eine beeindruckende Leistung. © Jean-Guy Python
Dass Jorand mit seiner Einschätzung Recht hat, sollte sich schon bald zeigen. Am vierten und letzten Regattatag lieferten sich Alinghi, The Wave, Muscat und J.P.Morgan BAR bis zuletzt eine extrem spannende Schlacht um die Top-Positionen in einem der engsten und aufregendsten Dreikämpfe, den die Series bislang erlebt hat. Das Resultat war eine dreifache Kollision im letzten Rennen. Olympiasiegerin und Alinghi-Taktikern Anna Tunnicliffe über den Zusammenstoss: „Wir warteten darauf, dass Leigh wendet, aber an der Wendemarke drängte er uns genau in die anderen Boote hinein.“

Alinghi greift Gac-Pindar mit Steuermann Nathan Wilmot an. © Jean-Guy Python
Einen fesselnden Kampf um Platz zwei lieferten sich Ben Ainslie und Alinghis Morgan Larson. Der britische Skipper schaffte es aber nicht, die Dominanz der Schweizer zu durchbrechen, und Larson schnappte J.P. Morgan BAR die bessere Platzierung noch weg. Ein spannenderes Finale hätte man sich nicht ausdenken können. The Wave, Muscat nutzte die Situation am besten aus und sicherte sich den Sieg beim Act 5. Damit schloss das Team in der Saisonwertung weiter zu Alinghi auf.
Mark Turner, der Boss der Extreme Sailing Series, ist begeistert von der Saison. Er blickt zuversichtlich in die Zukunft und will am Regattaformat in einer Wassersportarena vorerst festhalten: „2015 wird weiter auf Extreme 40 gesegelt. Wir denken aber zukunftsorientiert und der Moment wird kommen, an dem wir das Boot wechseln. Wir haben das bereits vor vier Jahren angekündigt und müssen nur noch den richtigen Moment finden.“ Am Wesen der Extreme soll sich jedoch nichts ändern. „Möglich wäre ab 2017/2018 ein Boot, auf dem sich die Foils einfach auswechseln lassen, wie bei einem GC32 zum Beispiel. Sie kämen aber nur für eine beschränkte Anzahl Wettfahrten zum Einsatz, die nicht in einer Wassersportarena stattfinden würden. Wir brauchen ein robustes Boot, das sich auch für unsere Gäste eignet, im Unterhalt und der Reparatur aber nicht teurer ist als die Extreme 40.“
Mit Blick auf das offene Meer fährt Tuner fort: „Dieser Wettkampf wächst immer mehr. Schon dieses Jahr sind eigentlich zu viele Boote am Start. Wir müssen das Konzept entsprechend anpassen. Für nächstes Jahr wären acht Boote, plus ein paar Wildcards ideal. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.“