Zu Tausenden standen die Fans Anfang Juli im Hafen des schmucken irischen Küstenstädtchens Galway und hiessen die Sieger der letzten Etappe des Volvo Ocean Race 2011/12 willkommen. Dass es mitten in der Nacht war und in Strömen regnete, ignorierten sie. Sie wollten einfach diese verwegenen Männer und ihre Boote sehen, ihnen einen würdigen Empfang bereiten und mit ihnen feiern.

Franck Cammas wurde von Luna Rossa als Coach für den America's Cup engagiert. © Roman/Volvo Ocean Race
Chris Nicholson und seinen Leuten von der Camper-Kampagne kam diese Begeisterung gelegen. Neun Monate waren vergangen, seit sie und die Crews der fünf anderen Boote in Alicante in See gestochen waren. Über 40‘000 Seemeilen hatten sie seither auf den insgesamt neun Etappen rund um die Welt zurückgelegt, immer am Limit segelnd, jedem Sturmtief hinterherjagend und sich und ihren Hightech-Boliden alles abverlangend. Von Materialbruch und Verletzungen waren die Neuseeländer wie eigentlich alle Teams nicht verschont geblieben, aber alle Segler hatten die diesjährige Ausgabe überlebt, wofür man, wie Ken Read, Skipper von Puma Ocean Racing, später betonte „wirklich dankbar sein muss“.
Aber Nicholson und seine Männer hatten während der umjubelten Einfahrt in den Zielhafen mehr zu feiern als das nackte Überleben. Sie hatten im letztmöglichen Versuch doch noch eine Etappe des Ocean Race für sich entschieden und sich den zweiten Platz in der Gesamtwertung gesichert – Erfolge, die man dem häufig kritisierten Team zwischenzeitlich kaum mehr zugetraut hätte. Die Genugtuung war deshalb deutlich herauszuhören, als Nicholson seine ersten Interviews gab: „Ich denke, wir haben gut gearbeitet. Wir sind Zweite geworden, aber für uns ist das wie ein Sieg.“ Und: „Der Etappensieg hier ist genau im richtigen Moment gekommen. Das ist ein wunderbarer Ort mit fantastischen Leuten“, lobte er den ungewöhnlich kleinen Etappenort, in dem bis zum letzten In-Port-Race Volksfeststimmung herrschte. Ein Lobgesang, in den auch Knut Frostad, CEO des Volvo Ocean Race, einstimmte. „Irish people are crazy, but we love them“, sagte er und machte dem Städtchen damit durchaus Hoffnungen, bei der nächsten Ausgabe zum dritten Mal als Stopover berücksichtigt zu werden.
Groupama – Triumph nach missglücktem Auftakt
Grund, sich bejubeln zu lassen, hatte aber nicht nur die Crew der Camper, sondern auch das Goupama Sailing Team. Die Segler um den französischen Skipper Franck Cammas liefen zwar nur als Etappenzweite, dafür aber als Gesamtsieger in den Hafen von Galway ein. „Das ist ein grossartiger Erfolg. Seit ich als Kind ein Buch über diese Regatta gelesen habe, träumte ich davon, daran teilzunehmen. Jetzt haben wir sie gewonnen. Das ist genial“, freute sich der Wahlbretone, der vor diesem Erfolg vor allem in der französisch geprägten Multiszene und als Rekordjäger auf sich aufmerksam gemacht hatte. Seine auf zwei Teilnahmen ausgelegte Ocean-Race-Kampagne hatte er zusammen mit seinem Sponsor gewohnt frühzeitig und äusserst professionell lanciert. Bei der ersten Etappe nach Südafrika hatte er sich aber zu einem äusserst riskanten Extremschlag entlang der afrikanischen Küste entschieden – ein fataler Fehler, durch den er bei Beobachtern gleich zu Beginn viel Kredit verspielte. Doch Cammas und seine Männer lernten schnell, blieben fortan näher bei ihren Konkurrenten und steigerten sich stetig. Selbst ein Mastbruch auf dem Weg nach Itajai in Brasilien, wo sie – auch wegen viel Bruch bei der Konkurrenz – trotzdem noch als Dritte einliefen, vermochte den Lauf des französischen Syndikats nicht mehr zu stoppen. Nach dem Heimtriumph in Lorient stand die Equipe praktisch als Gesamtsieger fest und liess auf dem Weg nach Galway nichts mehr anbrennen. „Wir sind ein sehr starkes Team und gemeinsam war es uns möglich, uns fortlaufend zu verbessern“, lieferte Cammas eine vage Erklärung für den Erfolg und fügte auf Nachfrage hinzu: „Natürlich ist es auch sehr schön – speziell als Franzose –
diese Regatta zu gewinnen.“ Verständlich, hatten doch viele angelsächsische Beobachter hinter vorgehaltener Hand über Jahre hinweg bezweifelt, dass die französischen Multispezialisten im direkten Vergleich mit ihren Hochseehelden bestehen können.

Chris Nicholson und seine Leute feiern im Hafen von Galway mit Tausenden den Sieg der letzten Etappe und den zweiten Gesamtplatz. © Todd/Volvo Ocean Race
Mit One Design in die Zukunft
Für viel Gesprächsstoff sorgte in Galway auch die nächste Ausgabe des Ocean Race. Knut Frostad, der zwar eine äusserst positive Schlussbilanz zog, dessen Bemühungen um eine Vergrösserung des Teilnehmerfeldes bisher aber stets im Sand verlaufen waren, hatte noch in Lorient bekanntgegeben, dass die Ausgabe 2014/15 auf 65 Fuss langen One-Design-Booten gesegelt werden soll. Dadurch sollen vor allem die Kosten für eine Kampagne um über 30 Prozent gesenkt und Teams mit einem geringeren Budget zu mehr Chancengleichheit verholfen werden. Ob dies tatsächlich gelingt, bleibt abzuwarten. Die Segler äusserten zwar grösstenteils Verständnis für die Änderungen, Bedauern oder eine gewisse Skepsis war aber bei fast allen Statements herauszuhören. Am deutlichsten wurde dabei Franck Cammas: „Das Bauen und Weiterentwickeln eines möglichst guten Bootes gehört für mich einfach dazu. Dass dieser technologische Aspekt wegfällt, finde ich sehr schade.“ Bleibt zu hoffen, dass es sich Cammas trotzdem nicht anders überlegt und auch das nächste Mal wieder mit am Start sein wird. Sollten dann die hoffentlich zahlreicheren Teilnehmer tatsächlich alle mit gleich langen Spiessen antreten, wäre es für ihn die Gelegenheit, auch seine letzten Kritiker Lügen zu strafen.

Weniger gut lief es hingegen auf der Abu Dhabi. Dem Team um Ian Williams hätte man eigentlich mehr als Rang 5 zugetraut. © Dana/Abu Dhabi Ocean Racing/Volvo Ocean Race

Die Erfolge von Camper und auch Groupama lassen sich auf eine kontinuierliche Steigerung zurückführen. © Todd/Volvo Ocean Race

