Sophia Urban

Sophia Urban, als Kommunikationsexpertin in der Segelwelt bestens bekannt, hat im vergangenen Jahr ihren Job an den Nagel gehängt, um sich auf eine lange Reise zu begeben und dabei einer ihrer Leidenschaften zu frönen: dem Kitesurfen. Sie ist durch den Nordosten Brasiliens getourt und stellt uns nun eine Auswahl ihrer Lieblingsspots vor. Na, wer ist der oder die Nächste?

Die Strände der brasilianischen Nordostküste sind für ihre sicheren Windverhältnisse zwischen Juli und Dezember bekannt, und so machte ich mich Anfang November mit einem 7er und einem 9er im Gepäck
daran, dieses Kitesurf-Mekka sechs Wochen lang allein zu erkunden. Allein? Von wegen! Mich erwarteten nicht nur perfekte Bedingungen, sondern auch viele nette Gleichgesinnte.

Text: Sophia Urban

Aus den unzähligen Traumspots habe ich zehn Favoriten als Orientierungshilfe für euren nächsten Kite-Urlaub ausgewählt. Achtung: Viele Spots sind gezeitenabhängig, also vorab einen Blick in den Tidenkalender werfen! Ansonsten sind die Spots einfach von Nord nach Süd aufgeführt, so, wie ich sie bei meiner Reise von São Luis nach Fortaleza entdeckt habe.

©Fabien Beaudoux

Atins: am Rande der Lençóis Maranhenses

Ein paar ziemlich weit verstreute Strandbars, Pousadas und Restaurants mitten im Paradies – das ist Atins. Trotz der Strömung ist die Lagune das ideale Flachwasserrevier. Die nicht ganz unkomplizierte
Anfahrt per Boot oder Geländewagen ist der Grund, warum es hier einsamer zugeht als an den Nachbarspots. Per Downwinder in den Wellen bis zu den Dünen des Nationalparks Lençóis Maranhenses und
dann direkt in einer Lagune kiten … einfach magisch! Da der Wind hier schwächer ist als an den südlicheren Spots, empfiehlt sich ein etwas grösserer Kite.
Geheimtipp: nach dem Kiten in die «bar.co» zum SonnenuntergangGucken

©Laurent Neri

Praia do Arpoador: der «Secret Spot»

Die einige Kilometer von Tutoia entfernte Praia do Arpoador ist touristisch gesehen noch ein weisser Fleck auf der Landkarte. Die wenigen Kiter haben die grosse, flache Lagune vor den Dünen der «Kleinen Lençóis» für sich allein. Hier kann man so richtig abschalten!
Geheimtipp: die Pousada Nak, in der man super nett empfangen wird

Macapá: mein Favourite

Wenn ich mich entscheiden müsste, wäre das hier mein Lieblingsspot. Ein kräftiger, stabiler Wind und fast unendliche Möglichkeiten, sich mit dem Kite auszutoben – ein Traum! Ihr könnt bei Flut in der Lagune kiten, in den Wellen im Meer, zwischen Mangroven, im Mündungsarm, im Parnaíba-Delta … Und wer mag, macht einen Upwind-Trip bis zum Nachbarort Barra Grande, wo ein bisschen mehr los ist. Ideal für
alle, die es belebter mögen! Macapá selbst besteht im Wesentlichen aus einigen Pousadas, Restaurants und Strandbars.
Geheimtipp: die Pousada Kiterinha mit ihren reizenden Schweizer Besitzern und der tollen Stimmun

©Fabien Beaudoux

Tatajuba: für alle Starkwind-Fans

Die Stimmung ist super in dem winzigen Örtchen aus Pousadas, Restaurants und Kitesurfschulen, und die Bedingungen könnten kaum besser sein. Zwar ist das Kiten in der Lagune nur bei Flut möglich, aber der flache Mündungsarm und das Meer mit seinen feinen Wellen bieten Gleitspass ohne Ende!
Geheimtipp: ausgedehntes Flachwasserrevier und Wellenspot in einem

©Théophile Gérard

Jericoacoara: der Party-Spot

Jeri ist der bekannteste Ort der Region und der, wo am meisten los ist. Obgleich inzwischen ziemlich touristisch, hat er sich seinen alten Charme bewahrt. Wer gerne feiern geht, ist hier definitiv richtig. Die Bedingungen fürs Kiten sind dafür nicht ganz so optimal, denn die Spots Preá (sympathisches Dörfchen mit zahlreichen Pousadas direkt am Wasser) und Guriú (super lange Wellen) sind nicht zu Fuss erreichbar. In Jeri kann man direkt am Hauptstrand surfen, windsurfen und wingfoilen. Absolutes Must-Do: ein Downwinder bis nach Tatajuba!
Geheimtipp: die Samba- und ForróAbende im Serramar.

Ilha do Guajirú: Kiten all-inclusive

Je nachdem, wo in der Lagune man sich befindet, ist der Wind ziemlich böig und das Wasser mehr oder weniger kabbelig. Aber sie ist so gross, dass trotzdem jeder sein Glück findet, bei Flut genauso wie
bei Ebbe. Der Strand ist gesäumt von schönen Pousadas und vielen verschiedenen Restaurants. Einen richtigen Ort gibt es nicht, aber dafür eine super Stimmung unter den Kitern. Und nur ein paar Kilometer
weiter befindet sich das typisch brasilianische Dorf Itarema.
Geheimtipp: das Restaurant Tun Tun. Lecker!

©Alban Martin

Patos: das verkannte Paradies

Ein absolut einsamer Spot, wie die Praia do Arpoador. Gerade einmal eine Pousada und ein kleines Restaurant gibt es hier. Eine echte Perle für Ruhesuchende – mit einer Wasserfläche, die man quasi für
sich allein hat! Nur wenige Kilometer weiter: das weitaus bekanntere und belebtere Icaraízinho, eines der «schicksten» Dörfer, in denen ich war. Icaraízinho hat zwar keine Lagune, dafür aber eine hübsche
Bucht, auf die man bei Flut und bei Ebbe raus kann.
Geheimtipp: die Pousada Aloha, in der man herzlich empfangen wird

©Sophia Urban

Guajiru & Lagoinha: Das traditionelle Brasilien

In diesen beiden kleinen Fischerdörfern taucht man ein ins «wahre» Brasilien. Nicht sehr viele Kiter verirren sich an diese weniger bekannten Spots, an denen das Wasser bei Ebbe relativ glatt ist, bei
Flut jedoch kabbelig. Flachwasser findet man erst eine Autostunde entfernt in der Lagoa dos Jegues.
Geheimtipp: die Atmosphäre der typisch brasilianischen Dörfer.

Taíba: die Lagunen der Pros

Das bei Profi-Kitern sehr beliebte Taíba ist mit seinen drei Lagunen das Flachwasserparadies schlechthin. Hier ist es oft ziemlich voll; um mal in Ruhe kiten zu können, braucht man schon etwas Glück
– oder man geht Mitte Dezember unter der Woche, da waren wir fast allein! Der kleine Ort liegt zehn Auto- oder Buggy-Minuten entfernt. Ohne «fahrbaren Untersatz» ist der Spot nicht zu erreichen.
Geheimtipp: Kiten im Süsswasserrevier!

Cumbuco: bei Fortaleza

Cumbuco ist weniger reizvoll als seine touristischeren Nachbarorte, aber dafür ursprünglicher. Ein letzter idealer Stopp, bevor ich in Fortaleza den Flieger nehme! Das Wasser ist bei Flut kabbelig mit guten Wellen, bei Ebbe wird es glatter. Eine Lagune gibt es in Cumbuco nicht, ausser man macht einen Downwinder nach Cauipe oder fährt mit dem Auto nach Icaraí, um auf der kleinen Lagune Tabuba zukiten.
Geheimtipp: die Imbissbuden auf dem Dorfplatz, die lokale Spezialitäten anbieten.

Mein Fazit zu diesen sechs traumhaften Wochen, in denen ich mich jederzeit sicher gefühlt habe: reizende Orte, hilfsbereite Menschen, leckeres Essen, erschwingliche Preise … und jeden Tag Sonne und
Wind. «Nordeste», der Nordosten Brasiliens, ist das ultimative Kiteparadies.