Sportliches Neuland an einem magischen Ort entdecken. Das ermöglichte mir der in der Schweiz wohnende Marc Ramseier, indem er mir in seiner Kitesurf Wave Clinic in Punta Luna, Peru, mit viel Gespür das Kitesurfen in der Welle näherbrachte.

Text & Fotos: Marc Weiler

Von Zeit zu Zeit tut es gut, die eigene Komfortzone zu verlassen. So geht es mir bei meiner Reise nach Punta Luna, Peru: ein magischer Ort inmitten eines Naturreservats fernab der Zivilisation, das einer Mondlandschaft ähnelt. Dazu ein Lefthander Pointbreak wie er perfekter nicht sein könnte!

Ich gehöre zu den acht Teilnehmern der Marc Ramseier Kitesurf Wave Clinic, die sich nach einer rund zweistündigen abenteuerlichen Offroad-Fahrt mit einem Allrad-Pick-up in den feudalen und grosszügigen Zimmern der Punta Luna Lodge ausbreiten. Nebst drei Freunden von mir aus der Schweiz ist die Truppe mit einem Amerikaner, Franzosen, Spanier und Deutschen ziemlich international zusammengewürfelt.

Wave addict

Der in der Schweiz aufgewachsene Marc Ramseier begann 1998 mit dem Kitesurfen. Mehrere Jahre reiste er als professioneller Kitesurfer mit der Freestyle Tour um die Welt, bis das Kitewaveboard und Wellen immer mehr ins Zentrum rückten. Ich kenne Marc schon lange und habe ihn als Fotograf bereits um die halbe Welt begleitet, wie beispielsweise nach Indonesien oder
Irland, wo er ebenfalls Kitesurf Wave Clinics anbietet.

Und jetzt ein Perspektivenwechsel! Statt hinter der Kamera bin ich nun Teilnehmer. Das Kuriose an der Sache: Ich liebe Wellen, bin leidenschaftlicher Wellenreiter, Windsurfer und seit Neuestem auch angefressener Wingfoiler. Doch Kitesurfen hat bei mir bis zum jetzigen Zeitpunkt ein Schattendasein gefristet und Kitsurfen in der Welle war ein Fremdwort. Mit etwas Glück gelingen mir im Flachwasser mit dem Surfboard Fusswechsel und das Halsen.

Da wird also einiges auf mich zukommen. Ob ich mit meinen doch eher mageren Skills in diesen perfekten, jedoch schnellen Wellen von Punta Luna zurechtkomme, ist fraglich. Sicherheitshalber habe ich noch mein Windsurfboard und ein Wellenbrett eingepackt. Es wäre zu schade, diese lange Reise anzutreten, ohne dann wirklich die traumhaften Wellen surfen zu können!

Aha-Erlebnis

Erster Kite-Tag, die Spannung steigt. Nach dem Frühstück gibt’s erst mal eine Einführung, eine erste zweistündige Theorie von Marc. Die Frage «Was tun, wenn …?» surrt pausenlos in meinem Kopf herum. Doch Marc liefert unglaublich gute und wertvolle Tipps zum Verhalten in der Welle und schafft so von Beginn weg Vertrauen. Ich merke schnell: Hier spricht ein Mann mit viel Erfahrung. Ich fühle mich sicher – ab aufs Wasser!

Ich bin der Rookie in der Truppe. Das wird mir schon beim Aufbauen bewusst. Die Wave Clinics sind ja auch primär auf Fortgeschrittene und Könner ausgelegt. Da muss ich durch, es gibt kein Zurück! Das ist auch mein erster Gedanke, als wenige Minuten später die ersten Wellen beim Hinausfahren auf mich zurollen. Zum Glück sind sie an diesem ersten Tag nicht allzu hoch – kopfhoch vielleicht. Ich taste mich langsam ran, lasse mir Zeit, denn ich habe noch zwei Wochen vor mir. Ich gewinne Vertrauen, bin fasziniert von der unglaublichen Landschaft, erfreue mich an den plötzlich auftauchenden Seelöwen, weiss aber zugleich, dass das, was ich hier mache, noch nicht viel mit Kitesurfen in der Welle zu tun hat.

Diese Einschätzung wird mir dann am Abend nochmals sehr deutlich anhand der Videoaufnahmen vor Augen geführt. Während der Rest der Truppe schon ordentliche Bottom und Top Turns in die Welle zirkelt, sehe ich eher wie ein Kite-Tourist aus, der sich hier in den Wellen vor Punta Luna verirrt hat. Doch Marc holt auch mich wie jeden anderen Teilnehmer auf meinem Niveau ab und gibt mir passende Rückmeldungen, die mich Tag für Tag in grossen Schritten weiterbringen. Und so vergehen die Tage: am Morgen Theorie, am Nachmittag kiten, am Abend Video-Feedback und schlafen.

Tag für Tag Wind und perfekte Wellen … Das Ganze zudem mit nicht mal zehn Leuten geniessen zu können, ist ein unglaubliches Privileg. Die Fortschritte sind bei allen Teilnehmern offensichtlich. Der Hunger nach Wellen ist ungebremst. Zur Abwechslung und Auflockerung stehen auch mal eine SUP-, Wingfoil-, Wellenreit- und für mich natürlich eine Windsurfsession an. Kleine Randbemerkung: Im Gästebuch der Punta Luna Surflodge darf ich mich als erster Windsurfer verewigen. Doch ganz ehrlich gesagt: Das Windsurfmaterial hätte auch zu Hause bleiben können. Das Kitesurfen in der Welle von Punta Luna hat’s mir echt angetan. Marc sei Dank!

Praktische Infos

• Anreise: über Lima / Piura
• Beste Reisezeit: April bis November
• Kitegrösse: 8/11 m2
• Neoprenanzug: 3/2 mm
• Unterkunft: www.puntalunasurflodge.com

Über Marc Ramseier:

Marc ist gebürtiger Schweizer, hat aber einen Grossteil seines Lebens im Ausland, stets in Meeresnähe, verbracht. Dabei hat er zahlreiche Kitespots auf der ganzen Welt getestet. Er lebte
zunächst auf Fuerteventura, wo er sich das Kitesurfen selbst beibrachte. Vor 23 Jahren war er der Erste auf der Insel, der sich an diesen neuen Sport heranwagte. Später verbrachte er einige
Winter auf Maui/Hawaii, bevor er sich in Indonesien niederliess. Sein Kumpel, der ehemalige ProfiKitesurfer Martin Vari, hat ihn 2021 zum ersten Mal mit nach Punta Luna genommen.

www.kitesurfclinics.com