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Hoher Norden – Pacifique ein letztes Mal in der Arktis

von Oliver Dufour

Dieses Jahr beendet die Genfer Organisation nach fünfjähriger Tätigkeit ihr soziales, künstlerisches und wissenschaftliches Projekt im hohen Norden. Die Direktorin zieht Bilanz über die letzten Aktivitäten von Pacifique. Unterdessen laufen die Vorbereitungen für den nächsten Expeditionszyklus auf Hochtouren.

Text: Oliver Dufour

Fotos: Léa Dillard

Hinter Pacifique liegt ein aufregendes Jahr. Die Stiftung war auf mehreren Weltmeeren gleichzeitig unterwegs und hat viel erlebt. Zu den Höhepunkten gehörte zweifellos die Durchquerung der berüchtigten Nordwestpassage, die im vierten Jahr des Projekts «The Arctic Expedition» von einer der Crews erfolgreich zu Ende geführt werden konnte. Für alle Beteiligten war der Seeweg zwischen Grönland und Alaska ein Abenteuer mit vielen Ungewissheiten.

Die nördlichen Breitengrade gelten als unberechenbar und niemand wusste genau, was sie im Eis erwarten würde. Die Reise dauerte schliesslich zwei Monate. Sie wurde mit der umgerüsteten Que Sera absolviert, da die Mauritius, mit der die Stiftung seit Projektbeginn 2020 unterwegs war, aus Versicherungsgründen eine Zwangspause einlegen musste. Die Aluminiumjacht ist mit ihren acht Plätzen zwar kleiner, machte ihren Job aber hervorragend, auch wenn die Fahrt kein Zuckerschlecken war.

QUE SERA EST DEVENU L’UN DES SEIZE VOILIERS À RÉUSSIR LE PASSAGE DU NORD-OUEST EN 2023.
QUE SERA IST EINE VON SECHZEHN SEGELJACHTEN, DIE 2023 DIE NORDWESTPASSAGE DURCHQUERT HABEN.

Gefangen im Eis

«Bei der Vorbereitung einer solchen Expedition muss man sich mit vielen Unbekannten ausei- nandersetzen», sagt Stephanie Stiernon, die Direktorin von Pacifique. «Die Nordwestpassage ist nur zu bestimmten Zeiten befahrbar, und in manchen Jahren kommt man gar nicht durch. Nach etwa zehn Tagen steckte die Que Sera für gut eine Woche am Eingang der Fahrrinne nach Pond Inlet in Nunavut im Eis fest. Für einige Expeditionsmitglieder an Bord war es die erste Polarfahrt und damit eine ganz besondere Erfahrung. Normalerweise weiss man, wann eine Reise beginnt und wann sie endet. Bei uns hat sich alles verschoben und wir wussten nicht, wie sich die Situation entwickeln würde. Nicht alle konnten damit gleich gut umgehen.»

Anfang August öffnete sich schliesslich doch noch ein schmaler Durchgang, sodass das Schiff seine Reise fortsetzen und bis zur Inuit-Gemeinschaft vorstossen konnte, mit der das Projekt «Beyond Her Horizons» geplant war. Eine reine Frauengruppe hatte sich zum Ziel gesetzt, die unveröffentlichten Erzählungen von Inuit- und kanadischen Frauen über die Geschichte der Arktisforschung zu dokumentieren.

MIT IHREM ALUMINIUMRUMPF UND DEN ACHT PLÄTZEN AN BORD IST DAS SCHIFF IDEAL FÜR DIE DURCHQUERUNG DER ARKTIS.

«Unsere Probleme waren damit aber noch nicht zu Ende, denn zur gleichen Zeit wüteten im ganzen Norden Kanadas riesige Brände, die uns einen Strich durch die Rechnung machten», erzählt Stephanie Stiernon. «Da der Flugraum gesperrt war, konnten wir die Crews nicht wie geplant wechseln. Unsere Reise hat uns die aktuellen Klimaveränderungen eindrücklich vor Augen geführt. Wir haben versucht, so gut wie möglich vorauszuplanen, aber gegen die Launen der Natur sind wir machtlos. Für das wissenschaftliche Projekt « Arctic Change », das wir in Zusammenarbeit mit der Universität Genf durchführen, wollten wir Eisproben für das Treibhausgas-Monitoring sammeln, aber nach der Durchquerung der Passage war weit und breit kein Eis mehr zu sehen».

Für die Crew der Que Sera, die als eines von sech- zehn Schiffen die Nordwestpassage im Jahr 2023 erfolgreich durchquert hat, ging die Expedition doch noch mit einem positiven Erlebnis zu Ende.

NICHT ALLES LIEF WIE GEPLANT. ERST SASS DIE JACHT IM EIS FEST, DANN MUSSTE SIE AUFGRUND DER BRÄNDE IN KANADA DIE ROUTE ÄNDERN.

Hin und zurück

Nach der ereignisreichen Saison wurde das Schiff in der Werft für die letzte Arktisexpedition der Stiftung startklar gemacht. Mitte Mai stach es in Alaska wieder in See, um die Nordwestpassage in umgekehrter Richtung zu durchqueren. Wie immer wird sie wissenschaftliche und soziale Forschung betreiben und im Rahmen des Projekts « Sillages » Kunstschaffende einladen, die Reise literarisch oder zeichnerisch zu dokumentieren. Stéphanie Stiernon: «Wir hoffen, dass wir Künstlerinnen und Künstler aus der Inuit-Gemeinschaft an Bord begrüssen dürfen, mit denen wir auf früheren Expeditionen Kontakte geknüpft haben.»

Das andere Segelschiff der Stiftung, die Fleur de Passion, ist nach 16 Monaten Werftzeit wieder unterwegs. Sie war 2021 auf ein Korallenriff aufgelaufen und musste überholt werden. Mit einer Gruppe von Jugendlichen, die sich in einem Wiedereingliederungsprozess befinden, nimmt sie Kurs auf die Azoren und die Kapverden. Anfang des Jahres war sie zudem in Senegal und Gambia, wo sie sich an einer wissenschaftlichen Studie über Mangrovenwälder beteiligt hat.

2025 wird Pacifique einen neuen Projektzyklus starten, dessen roter Faden noch nicht fest- steht. Damit die Stiftung die verschiedenen Projekte umsetzen kann, ist sie auf Sponsoren angewiesen. Wer Pacifique finanziell oder materiell unterstützen möchte, findet alle nötigen Informationen auf der Kontaktseite der Stiftung: https://pacifique.ch/contact

DAS ENDE DES ARKTIS-PROJEKTS VON PACIFIQUE LÄUTET BEREITS DAS NÄCHSTE EIN. WOHIN ES GEHEN SOLL, STEHT NOCH NICHT FEST.

Pacifique live erleben

Diesen Sommer nimmt die Stiftung an zwei grossen maritimen Veranstaltungen an der französischen Atlantikküste teil. Vom 12. bis 17. Juli wird sie mit ihren beiden Schiffen während der «Fêtes maritimes de Brest» in der bretonischen Stadt vor Anker liegen. Bei diesem Festival versammeln sich seit 1992 alle vier Jahre rund tausend Traditionsschiffe aus aller Welt. Von Brest aus fahren die beiden Jachten über die Iroise in die Bucht von Douarnenez, wo sie während der «Fêtes maritimes» vom 18. bis 21. Juli stationiert sind. Im Hafen von Le Rosmeur treffen sich alle zwei Jahre mehrere hundert schwimmende Denkmäler.

Bei diesen Grossereignissen kann das Publikum die Schiffe der Stiftung aus nächster Nähe bewundern: den 1963 aus Stahl gebauten 30-Meter-Schoner Mauritius und den 33 Meter langen Holzkutter Fleur de Passion, der 1941 als deutscher Minenleger konstruiert und 1976 umgebaut wurde. Während der beiden bretonischen Feste betreibt Pacifique in der Nähe der Schiffe einen Stand, an dem über die Aktivitäten der Stiftung informiert wird. Dazu gehören unter anderem Kunstworkshops mit Zeichnern, eine Fotoausstellung über die Expeditionen und eine Vorführung der selbst gedrehten Segelfilme.

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