Korsika mag nah am Festland liegen, doch für Seglerinnen und Segler, die unberührte Landschaften, smaragdfarbene Buchten und wilde Natur suchen, ist die Insel ein Paradies. Kaum angekommen, entfaltet sie ihre Magie. Besonders die Westküste präsentiert sich beeindruckend und abwechslungsreich. Sie geizt wahrlich nicht mit ihren Reizen! Warmer Wind bläht sanft die Segel und streicht über die sandgesäumten Felsformationen. Ein Bild von atemberaubender Schönheit, dem sich niemand entziehen kann. Wer einmal hier war, kommt garantiert wieder.
Text und Fotos: Bernadette Salignac
Korsika mag nah am Festland liegen, doch für Seglerinnen und Segler, die unberührte Landschaften, smaragdfarbene Buchten und wilde Natur suchen, ist die Insel ein Paradies. Kaum angekommen, entfaltet sie ihre Magie. Besonders die Westküste präsentiert sich beeindruckend und abwechslungsreich. Sie geizt wahrlich nicht mit ihren Reizen! Warmer Wind bläht sanft die Segel und streicht über die sandgesäumten Felsformationen. Ein Bild von atemberaubender Schönheit, dem sich niemand entziehen kann. Wer einmal hier war, kommt garantiert wieder.
Korsikas Entstehung und die Schönheit seiner Westküste ist der Plattentektonik zu verdanken. Vor Millionen von Jahren trennten tektonische Kräfte Korsika vom Festland, liessen Bonifacio von Cassis Abschied nehmen und Porto dem Esterel-Gebirge nachtrauern. In seiner turbulenten Geschichte hat das stolze korsische Volk, wie es sich selbst nennt, stets darauf geachtet, «Kallisto die Schöne» zu umgarnen. Die Bezirzung war die Mühe wert. Die Nymphe hat es Korsika mit überwältigenden Meeres- und Berglandschaften verdankt, wie sie im Mittelmeerraum in dieser Ursprünglichkeit kaum noch zu finden sind. Es gibt weder Betonexzesse wie in Spanien noch privatisierte
Meeresufer durch die Sonnenschirm-Mafia.
wie in Italien. Vielmehr wurde bisher ein gutes Gleichgewicht zwischen Tourismus und Umweltschutz gewahrt, bei dem Seglerinnen und Segler noch heute viele Freiheiten haben. Ungläubig können sie das schillernde Paradies geniessen, sich vom betörenden Duft umschmeicheln lassen und die lebendige Natur bestaunen. Von Juni bis September locken Wind und Sonne hinaus aufs Wasser, besonders zwischen Galeria und Figari. Dieser 70 Seemeilen lange Küstenabschnitt bietet abwechslungsreiche Stopps in einer wild-romantischen Natur. Wer grandiose Landschaften, viel Natur und Abwechslung sucht, ist hier genau richtig! Häfen sind rar, dafür gibt es einige sehr gut geschützte Ankerplätze, wo sich Segelnde und Boot sicher fühlen können. Sie sind selten überfüllt, manchmal sogar leer. Je länger der Abend dauert, desto privilegierter fühlt man sich. In der Abenddämmerung weht laue Luft vom Festland den Duft von Currykraut herüber. Die untergehende Sonne weicht einer tiefschwarzen Nacht, in der man dank der fehlenden Lichtverschmutzung die Perseiden zählen kann. Wenn sich dann noch der entfernte Ruf einer Zwergohreule mit dem Plätschern der Wellen gegen den Rumpf mischt, ist die Szenerie perfekt.
Von Galerie bis Figari ist die korsische Westküste ein Erlebnis für Jung und Alt. Ob erfahrene Seeleute, seglerische Neulinge oder Kinder, die das Leben an Bord vielleicht schon leid sind – das Buchtenhüpfen begeistert alle, hinterlässt bleibende Eindrücke und weckt den Wunsch nach weiteren Törns in Korsika, vor der Nord- oder Südküste zum Beispiel.
Galeria, zeitlos charmant
Galeria ist ein verschlafenes 400-Seelen-Dorf am Ende einer breiten Bucht im Delta des Flusses Fangu. Es markiert den nördlichsten Punkt dieses faszinierenden Küstenabschnitts. In der Antike war es Schauplatz von Alpaufzügen und im 18. Jahrhundert erlangte das Dorf wegen seines Holzes Bekanntheit. Da es aber auf dem Landweg nur schwer zu erreichen ist, blieb es in seiner Entwicklung stehen. Das ist auch gut so! Galeria strahlt eine schon fast seltsame Ruhe aus. Das urchige Dorf wirkt wie aus der Zeit gefallen. Wer die beinahe mystische Atmosphäre auf sich wirken lassen möchte, kann in fünf bis sechs Metern Tiefe im Sand ankern oder Heck und Bug an Bojen festmachen, damit die Jacht in der gegen Westen o¢enen Bucht nicht zu stark rollt. Mehr als zehn Boote liegen hier sogar im August nie. Zugeständnisse an den Tourismus werden keine gemacht: Meerbälle, die sich aus herausgerissenem Rhizomgeflecht von Seegras bilden, teilen sich den grobsandigen Strand mit Kühen. In der Cabane du Pêcheur werden unter dem strengen Blick des Wirts fangfrische Langusten mit einem köstlichen Zitrussorbet serviert. Unbedingt probieren! Noch mehr Wiederkäuer gibt es auf dem Weg zur Bäckerei oder zum Supermarkt in Galeria, wo sie gemächlich über das Trottoir spazieren. Der friedliche Landgang ist eine willkommene Ruhepause vor oder nach den starken
Emotionen in Scandola.
Majestätisches Scandola
Die Punta Scandola, rund vier Seemeilen südlich von Galeria, ist seit 1975 ein Naturreservat und UNESCO-Welterbe. Korallen, Fischadler und ständig neu entdeckte Meerestierarten machen diesen Ort einzigartig. Die Landzunge zieht schon lange bewundernde Blicke auf sich. Sie ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes, ein kleines Stück aussergewöhnliches Korsika, das in allen Ockertönen leuchtet und im Abendlicht in feurigem Rot erstrahlt. Aus der Nähe geben die Klippen ihre erstaunliche Architektur preis, mal löchrig, mal monströs, mal sympathisch. Der Erosion trotzende Basaltsäulen, Höhlen und Tunnels verleihen der Küste ihr schroffes Aussehen. Die bizarre Granitlandschaft zieht Segelnde magisch an, oft bis auf gefährlich kurze Distanz. Staunend und mit leicht mulmigem Gefühl erkunden sie die Gesteinsformationen. Tagsüber ist das Ankern an einigen Plätzen erlaubt, aber nur bei gutem Wetter zu empfehlen. Nach drei Seemeilen im Schritttempo, gebannt auf die zerrissene Küste starrend, ist das Naturspektakel vorbei, aber nicht vergessen. Kurs nach Süden. Auf das Grossartige folgt das Grandiose: der Golf von Girolata, eingerahmt von rot leuchtenden Felsmassiven, dichter Macchia und hohen Bergen, unberührt von jeglicher menschlicher Bebauung. Der Anblick der roten Felsnadeln, -beulen und -ströme, die aussehen, als wären sie noch immer in Bewegung, versetzt selbst abgebrühte Segler ins Staunen. Am Ende des Golfs, etwas nördlich von Girolata, befindet sich ein recht beliebter Ankerplatz, leider wird man aufgrund der starken Böen aber oft nass. Am besten lässt man das mittlerweile allzu bekannte und entsprechend überlaufene Dorf Girolata links liegen und zieht direkt weiter in die erstaunlich wilde, türkisblaue Cala Tuara. In dieser Abgeschiedenheit herrscht eine wohltuende Ruhe. Der Anker liegt 5 bis 8 Meter tief im Sand, das Boot ist vor Wind und Wellen geschützt und die Bullaugen sind weit zum Golf hin geöffnet. Nur die Wespen könnten etwas lästig werden – ein Grund, abends lieber auf vegetarische Gerichte auszuweichen.
Flammenmeer am Capu Rossu
An den Golf von Girolata grenzt der tief eingeschnittene, breite Golf von Porto. Sich darin zu verlieren ist ein herrliches Gefühl. Zur Mittagspause lockt der Strand von Ficaghjola, wo früher Fischer aus dem Dorf Piana im Hinterland ablegten. Im Süden des Golfs streckt sich das Capu Rossu gleich einem letzten roten Sporn vor der tiefblauen Weite ins Meer, gekrönt von einem alten Wachturm, der an die Besetzung der Insel durch die Genuesen erinnert. Auf beiden Seiten des Golfs verbergen sich von Steinhaufen geschützte Ankerplätze. Im Norden, am Fuss des Kaps, verschlucken Grotten, Bögen und Tunnels die Touristenboote, im Süden formt die Cala di Palu ein Becken mit idyllisch klarem Wasser. Sie ist nicht nur landschaftlich einzigartig, sondern auch eine der bestgeschützten Buchten der Region. Am liebsten würde man den Anker bei 5 bis 8 Meter Wasser unter dem Rumpf ewig im weissen Sand lassen. Tagsüber fallen Touristenhorden mit ihren Zodiacs in den Ankerplatz ein, am frühen Abend leert er sich wieder und schenkt den Seglern magische Momente. Der insgesamt rund dreistündige Aufstieg zum Turm von Capu Rossu ist die Mühe wert: Von dort hat man einen atemberaubenden Blick auf die Umgebung.
Noch etwas weiter südlich liegt die weite Bucht von Arone mit ihrem langen, schicken Strand. Hier wird jeden Morgen der Sand glatt gestrichen, die Gäste können sich in drei Restaurants verköstigen und an vielen Bojen festmachen. Unter dem wachsamen Auge des Turms von Capu Rossu breitet sich eine zauberhafte Landschaft mit warmen Farbtupfern aus. Venus, die Megajacht des verstorbenen Steve Jobs, macht seit einigen Jahren jeden Sommer in Arone Halt. Der Ort ist ideal für einen entspannten Moment am Strand und ein gutes Abendessen, etwa im Café de la Plage, das ganz aus Treibholz ins Grüne gebaut wurde. Der bretonische Koch bereitet aus lokalen Produkten schmackhafte, kunstvoll angerichtete Speisen zu, während der sehr zuvorkommende William die zunächst hungrigen, dann satten Segler zwischen dem Strand und dem Ankerplatz im Norden der Bucht hin und her befördert. Er bietet Platz für ein Dutzend Boote, die bei schönem bis mässigem Wetter und nur wenig Wellengang auf Sand in 8 bis 10 Meter Tiefe ankern können. Ebenfalls einen Besuch wert ist die kleine Bucht Topidi südlich von Arone. Das nahezu unbekannte Juwel hat eine bewegte Geschichte. 1943 landeten hier die Widerstandskämpfer der Pearl-Harbor-Mission mit einem U-Boot.
Letzter Akt: weisse Buchten und azurblaues Meer
Um den Zauber der Reise nicht zu brechen und die mentale Verfassung des zum Robinson Crusoe gewordenen Städters zu schonen, geht es direkt nach Porto Pollo am Golf von Valinco. Der 30-Seemeilen-Sprung lohnt sich! Er führt vorbei an traumhaften Ankerplätzen vor Cargese oder den Iles Sanguinaires. Porto Pollo mit seinem kleinen Hafen, seiner Hauptstrasse und seinem Strand holt den etwas verwilderten Segler sanft zurück ins gesellschaftliche Leben und bietet die Gelegenheit, Proviant aufzufüllen.
Cupabia und Campomoro am Nord- und Südrand des tief eingeschnittenen Golfs sind gut vor dem offenen Meer geschützt, sodass man die paradiesischen Strände mit ihrem goldenen Sand und den schwarzen, exotisch anmutenden Felsen unbeschwert geniessen kann. Am Nordufer reichen sie bis zur Hafeneinfahrt von Propriano, wo man erstmals wieder Stadtluft schnuppert. Hinten im Golf lässt es sich mit 7 bis 8 Meter Wasser unter dem Bug gut verweilen, zum Beispiel vor dem Sandstrand La Calanca mit der an den Hügel geschmiegten Stadt im Hintergrund.
Wer weiter südlich segeln will, sollte den Wetterbericht genau studieren, denn der berüchtigte Venturi-Effekt in der Strasse von Bonifacio kann sich schon recht weit oben bemerkbar machen und den Wind in Stärke und Richtung verändern. Es warten rund 20 Seemeilen unberührte Natur und eine weniger schroffe Küstenlandschaft, die immer heller wird, je weiter die Segel uns tragen. Hier lockt eine Vielzahl märchenhafter Buchten, verborgen zwischen Granithaufen mit oft suggestiven Formen. Widerstehen Sie der Versuchung nicht und lassen Sie sich von der Cala di Conca, Cala Longa, Arbitru, Murtoli und wie sie alle heissen verzaubern. Bedeckt mit weissem, feinem Sand, sanft umspült von glasklarem Wasser lassen sie jede Postkarte blass aussehen. Ein Muss ist die Bucht von Roccapina, über der ein steinerner Löwe aufs Meer hinausblickt. Wenn man die zentrale Klippe umschifft, kann man 5 Meter über Sandgrund ankern. Spätestens jetzt verfällt man dem oft verspotteten korsischen Lebensstil: gemütlich, genussvoll und gelassen. Man lässt die Seele baumeln, diskutiert über Gott und die Welt und, während die Sonne sinkt oder der Mond aufgeht, hebt man ein Glas Muscat du Cap und stösst auf das Leben an: Pace è Salute!
Praktische Infos
In Galeria
Erkunden Sie das Naturschutzgebiet Calcinaggia im Fangu-Delta mit dem Kajak oder dem SUP. Im Sommer bieten an der Mündung, die vom Dorf zu Fuss einfach zu erreichen ist, mehrere Verleiher und Guides ihre Dienste an. Auf dem Weg dorthin kommt man am alten Arsenal aus dem 16. Jahrhundert vorbei, das gut sichtbar auf einem Felsvorsprung über dem Ankerplatz thront.
Besichtigung von Girolata
Ankern Sie in der idyllischen Bucht von Tuara und machen Sie sich zu Fuss auf nach Girolata. Die gut beschilderten Wege führen durch eine eindrückliche Landschaft. Keine Lust auf überfüllte Restaurantterrassen, schnelle Abfertigung und Touristenfrass? Dann packen Sie ein Picknick ein und setzen Sie sich bei Sonnenuntergang an den Dorfstrand.
Nordküste des Capu Rossu
Machen Sie vor Ficaghjola fest und steigen Sie über den Fischerweg hinauf zum reizvollen Dorf Piana. Flanieren Sie durch die Gassen und kehren Sie im Hotel Roches Rouges ein. Es liegt nur fünf Gehminuten entfernt an der Route des Calanques. In einem liebevoll gepflegten Retro-Ambiente bietet das Hotel einen atemberaubenden Blick auf den Golf von Porto. Der Speisesaal ist eine Wucht! Das Café de la Place in Arone gehört derselben Familie. Sie erfüllt ihren Gästen fast jeden Wunsch. Warten Sie, bis sich der Nachmittagstrubel gelegt hat und die Motorjachten wieder weg sind, und geniessen Sie dann in aller Ruhe Ihr Abendessen. Unbedingt reservieren!
Nordküste des Capu Rossu
Ankern Sie unterhalb des Genueserturms und besichtigen Sie zu Fuss die Felshöhlen und -tunnels. Folgen Sie einfach den Touristenbooten, sie zeigen Ihnen den Weg! Wenn Sie mit Ihrem Boot in der Cala di Palu liegen, steigen Sie zum Turm hinauf. Von oben überblickt man den ganzen Norden und Süden.
In Porto Pollo, am Golf von Valinco
Lassen Sie sich im Hotel du Golfe am Hafen oder in der Strohhütte L’Infini am grossen, wilden Strand von Abbartello kulinarisch verwöhnen. Dort essen Sie garantiert lokal! Wer lieber selbst kocht, kann beim örtlichem Fischhändler Langusten und Fisch aus der Region beziehen. Vom gegenüberliegenden Dorf Campomoro auf der anderen Seite des Golfs führen viele Pfade an die Küste zu den von Wind und Wetter geformten Felsen. Lassen Sie sich auf die bizarren Felsformationen ein und lauschen Sie ihren Geschichten. Wenn möglich, machen Sie am Juli oder 15. August Halt in Propriano. Dann zündet das kleine Dorf ein pompöses Feuerwerk, das den Himmel über Ihrem Mast erleuchtet.
Kinder und Erwachsene lieben das Spektakel!
Wenn Sie das ursprüngliche Korsika zusammen mit der Autorin auf einer Jacht oder einem Katamaran kennenlernen möchten, nehmen Sie mit ihr Kontakt auf: kallisula-sailing@gmail.com, kallisulasailing.com
AN EINEM KORSISCHEN STRAND