SailGP
Für seine dritte Saison an der Regattaserie hat Switzerland SailGP die besten Schweizer Seglerinnen und Segler angeheuert. Mit dabei: Arnaud Psarofaghis und Bryan Mettraux von Alinghi Red Bull Racing.
Jetzt oder nie! Vielleicht ein wenig überspitzt formuliert, aber die Zeit scheint tatsächlich reif. Wenn es mit der geballten Power nicht klappt, wann dann? Switzerland SailGP ist auf jeden Fall richtig gut in die fünfte Saison des SailGP gestartet. Die Formel-1-Serie des Wassersports wächst stetig und entwickelt sich mehr und mehr zum internationalen Massstab für Foiling und Highspeed-Segeln. Sébastien Schneiter und sein Team versuchen den Cracks seit drei Jahren Paroli zu bieten und mussten dabei einschneidende Veränderungen verkraften. Am meisten zu schaffen machte ihnen die Abwerbung mehrerer Topsegler: Kurz nach der Lancierung des hochrangigen Projekts im Jahr 2022 wechselten einige der besten Mitglieder zu Alinghi Red Bull Racing, mit dem Ernesto Bertarelli in den America’s Cup zurückkehrte.
Das in Barcelona ansässige Schweizer Syndikat schloss den SailGP aus seinem offiziellen Trainingsprogramm aus. Eine radikale Entscheidung, die in krassem Gegensatz zur Strategie der anderen Challenger und dem Defender stand. Die setzen ihre Crewmitglieder und Skipper nämlich in beiden Wettkämpfen ein. Tanguy Cariou, CEO von Switzerland SailGP, hatte mehrfach sein Bedauern über die Situation geäussert. Er hät-e die besten Schweizer Segler gerne in einem Projekt vereint. «In der Schweiz gibt es viele Weltklasseseglerinnen und -segler, trotzdem ist das Talentbecken nicht unendlich», sagte er auf den Bermudas, wo wir am Rande eines Grand Prix mit ihm gesprochen haben. «Wir können es uns als kleine Schweiz nicht leisten, zwei parallele Projekte ohne jeglichen Kompetenzaustausch zu führen. Davon profitiert niemand.»
Der Franzose sollte recht behalten. Wie die Resultate gezeigt haben, hätte sowohl Alinghi Red Bull Racing als auch Switzerland SailGP eine Zusammenarbeit gut getan, denn beiden Teams fehlte es an Erfahrung und Konstanz. Spätestens nach der gescheiterten America’s-Cup-Kampagne und zwei komplizierten SailGP-Saisons war allen klar: Die Kräfte mussten gebündelt werden. Kurz darauf wurden Nägel mit Köpfen gemacht. Sébastien Schneiter erhielt auf dem F50 Unterstützung von den Alinghi-Mitgliedern Bryan Mettraux und Arnaud Psarofaghis. Hinzu kamen Maud Jayet, die Olympiavierte von Paris im Laser, und Arnaud de Planta, der an den Olympischen Spielen zusammen mit Sébastien Schneiter im 49er den 8. Platz belegte. Diesen harten Schweizer Kern verstärkte Tanguy Cariou mit zusätzlicher Muskelkraft und weiterem seglerischen Know-how: Er verpflichtete den englischen Olympiasieger im Rudern Matt Gotrel und den neuseeländischen SailGP-Sieger Steward Dodson als Grinder.
Mit diesem neuen Powerteam starteten Switzerland SailGP und Steuermann Sébastien Schneiter in ihre dritte Saison. Beim Saisonauftakt in Dubai, bei dem das letzte Mal mit gebogenen Foils gesegelt wurde, waren die Auswirkungen der neuen Konfiguration trotz einiger Lichtblicke noch nicht wirklich zu spüren. Die Schweizer fanden erneut kein Rezept gegen die Konkurrenz. Richtig ernst wurde es dann aber erst im Januar in Auckland, wo die F50 erstmals mit den hocheffizienten T-Foils ausgerüstet waren. Die technisch revolutionären Tragflächen erweitern die Flugmöglichkeiten der One-Design-Katmarane markant.
Beim Publikum stiess der Grand Prix auf grosses Interesse. Selten hat eine Wassersportarena an einem Wochenende so viele Menschen angelockt. Mehr als 25 000 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen den Boliden beim Fliegen zu. «Es war verrückt», schwärmte ein sichtlich gut gelaunter Sébastien Schneiter. «Es gibt viel Neues im Team und alles scheint zusammenzupassen. Das liegt vermutlich daran, dass alle neuen Teammitglieder begnadete Segler sind.» Der weitere Saisonverlauf sollte dem Genfer recht geben. Am dritten Act in Sydney steigerte sich das Team nochmals und lieferte mit der Regelmässigkeit eines Schweizer Uhrwerks ab. Auf dem australischen Segelrevier konnte die Schweiz vor fantastischer Kulisse bei idealen Windbedingungen auftrumpfen. In reinen Foiling-Regatten gewannen sie den ersten Lauf und beendeten die Läufe 4 bis 7 jeweils auf dem 2. Platz. In der Endabrechnung fehlten ihnen nur 6 Punkte für den Finaleinzug. Sébastien Schneiter ärgerte sich nicht über die verpasste Chance. «Warum auch?», meinte er. «Wir können sogar sehr zufrieden sein, wie die Dinge gelaufen sind. «Dieser fünfte Schlussrang ist unser bestes Resultat seit langem. Wir sind überzeugt, dass wir ein starkes Team mit einer positiven Dynamik bilden. Mal sehen, wie wir uns in Los Angeles und San Francisco schlagen. Wir freuen uns darauf.»
This historic Grand Prix attracted a passionate audience. Rarely has a nautical stadium attracted so many people over a weekend. Over 25,000 spectators came to see these Formula 1s of the seas fly. It was just crazy,“ says Sébastien Schneiter, delighted with this second event of the season. There’s a lot of new stuff in the team, but what’s impressive is that everything seems to be falling into place, because all the new team members are very talented sailors.“ The rest of the season should prove the young Geneva helmsman right. During Act 3 in Sydney, progress continued with Swiss-like regularity. This time, on the sublime Australian water, Switzerland made its mark in ideal wind conditions for the F50s to enjoy races with 100% foiling. Winner of the first race on Saturday, 2nd in heats 4 and 7, the Swiss were just 6 points short of their first final. We have no regrets,“ explains Sébastien Schneiter. In fact, we can be very satisfied with the way things went. 5th place in the final is our best result as a team for a long time. Above all, we’re convinced that we’re building a strong positive momentum. We’re looking forward to what’s to come in Los Angeles and San Francisco.“
ON THE SWISS F50, WHICH IS ALMOST ON A PAR WITH
LIKE AUSTRALIA. ©Ricardo Pinto
Dass der Schweizer F50 nach einer so langen Durststrecke so konstant mit den Besten mithalten kann, weckt Ambitionen. Den Blick nach hinten statt nach vorne richten zu können, wenn man mit über 40 Knoten übers Wasser jagt, ist ein berauschendes Gefühl «Gebt uns noch ein bisschen Zeit und wir schaffen es ins Finale», wettete Sébastien Schneiter. Viel fehlt tatsächlich nicht. Sogar der erste Sieg scheint möglich. Das vereinte Schweizer Team hat mit seinen jüngsten Leistungen bewiesen, dass es in die hochklassigste Segelliga der Welt gehört. Damit ist es den Verantwortlichen zum richtigen Zeitpunkt gelungen, die besten Seglerinnen und Segler des Landes ins gleiche Boot zu holen. Im September findet nämlich in Genf der erste Heim-Grand-Prix statt.
Rendez-vous mit der Geschichte
Am 21. und 22. September 2025 wird Genf ein historisches Wochenende erleben. Dann findet vor dem Jet d’eau der erste Rolex Switzerland Sail Grand Prix statt, an dem die F50 vor einer Bilderbuchkulisse hoffentlich für viel Spektakel sorgen werden. Für die Stadt ist der Anlass mit grossem logistischen Aufwand verbunden, denn der SailGP ist ein gigantischer Wanderzirkus. Am Seeufer entstehen Tribünen für die Hospitality, Zelte für die technischen Basen und mehrere Zuschauerbereiche. Doch eine Frage treibt die Organisatoren besonders
um: Wird es zur geplanten Zeit genügend Wind geben? Da die Events im Fernsehen übertragen werden, liegt eine Verschiebung nicht drin. Wait and see.