MODX 70
Der bahnbrechende Katamaran mit aufblasbaren Segeln überzeugt auf der ganzen Linie: Er bietet höchsten Komfort und ermöglicht komplett emissionsfreies Segeln. Wir konnten uns an der Bootsmesse in La Grande Motte selbst ein Bild machen.
Wenn es an der International Multihull Show in La Grande Motte (23.–29. April) ein Boot gab, das man nicht verpassen durfte, dann war es der MODX 70. Der neue Katamaran ist durch und durch nachhaltig. Er besteht zu 38 Prozent aus biobasiertem Epoxidharz, zu 40 Prozent aus recyceltem PET-Schaum sowie aus Leinfasern und Kork. Ausserdem wird er ausschliesslich mit erneuerbaren Energien angetrieben. Generatoren sucht man an Bord vergeblich. Der 21 Meter lange MODX aus der Designschmiede VPLP hat allein schon mit seiner Teilnahme an der Bootsmesse in Südfrankreich bewiesen, dass die Technologie funktioniert. Er segelte ganz ohne fossile Energie von der französischen Atlantikküste über Spanien bis an die Mittelmeerküste. Insgesamt legte er 2000 Seemeilen nur mit Windenergie und Elektromotoren zurück. Um diesen Kraftakt ohne Abstriche bei der Sicherheit zu vollbringen, musste der Kat gross genug sein. Ursprünglich waren 50 Fuss geplant, daraus wurden bei einem weiteren Entwurf 60 und schliesslich 70. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: Damit der MODX seine Wette gewinnen konnte, musste er unter Segeln (oder besser: unter Flügeln, doch dazu gleich mehr) extrem leistungsstark sein, einen grossen Batteriepark aufnehmen können und möglichst viel Fläche für Solarzellen bieten. Die langen, schmalen Rümpfe mit stark negativen Steven sorgen für hohe Durchschnitts geschwindigkeiten von rund 15 Knoten und generieren durch die Rekuperation der beiden Verstellpropeller genügend Strom. Bei der Anfahrt über Spanien erreichte der MODX 70 sogar Spitzen von 21 Knoten. Ein weiteres markantes Merkmal ist der gestutzte Mittelrumpf. Er schafft nicht nur zusätzliche
Decksfläche, sondern bietet auch Platz für das Grundgeschirr und sogar für ein 3,40 Meter langes Beiboot mit Motor – natürlich elektrisch! Unter dem Deckshaus bildet der Mittelrumpf eine Art Möwenflügel, der den Komfort bei rauen Bedingungen merklich verbessert. Das Gewicht bleibt mit 30 Tonnen im Rahmen, bei den nächsten Modellen könnten aber durchaus 4 Tonnen eingespart werden. Knapp 2 Tonnen entfallen auf den Batteriepark mit einer Gesamtleistung von 230 kWh. Für ihn ist auf dem grossen Katamaran ebenso Platz wie für die Solarpanels, die auf dem Deckshaus und dem grosszügigen Bimini-Dach auf insgesamt 70 Quadratmetern installiert sind. Zwei 40-kW-Elektromotoren garantieren dem MODX 70 eine Reichweite von 100 Seemeilen. Damit übertrifft er die anderen elektrobetriebenen Mehrrümpfer auf dem Markt bei Weitem.
Zwei automatisierte, aufblasbare Segel
Auf dem Deckhaus sitzen zwei seltsam anmutende Wiegen aus Verbundstoff. In jeder ist ein aufblasbarer Flügel an einem motorisierten Teleskopmast untergebracht. Sie werden von der Steuerkon-sole aus am vorderen Ende des Deckshauses per Knopfdruck bedient. Jean Guyon, der Geschäfts-führer von Aeroforce (siehe Kasten), fährt die beiden je 125 Quadratmeter grossen Segel aus und trimmt sie je nach Windstärke. Voll ausgefahren erreichen sie eine Höhe von 23 Metern. Wie wir festgestellt haben, verhelfen ihnen die Klappen an den NACA-Profilen zu deutlich mehr Effizienz gegenüber herkömmlichen Segeln. Die Flügel des MODX 70 sind aber nicht nur leistungsstärker, sondern auch voll automatisiert. Das Aeroforce-System steuert sämtliche Manöver wie das Setzen, Bergen, Reffen und Trimmen der Flügel und Klappen eigenständig. Bei der Probefahrt konnten wir halsen, ohne einen Fuss an Deck zu setzen. Über ein Konnektivitätsmodul werden alle Parameter auf einem Bildschirm angezeigt und die Daten für eine Fernwartung übermittelt. Wer jetzt denkt, dass der futuristische Katamaran ausschliesslich auf Leistung setzt und dabei den Komfort vernachlässigt, liegt komplett falsch. Der MODX 70 ist alles andere als ein spartanischer Prototyp. Das riesige Achtercockpit mit den unzähligen Sitz- und Liegegelegenheiten steht exemplarisch für den Luxus an Bord. Salon, Küche und Wohnbereich profitieren vom enormen Platzangebot des breiten Deckshauses, das die volle Breite bis zu den Seitenwänden der Rümpfe nutzt. Bedingt durch die schmalen Rümpfe fallen die Kabinen kompakter aus. Sie entsprechen dem Standard eines 45-Fuss-Katamarans. Besonders zu erwähnen ist nicht zuletzt die für einen Prototypen bemerkenswert hochwertige Verarbeitung. Der MODX 70 ist definitiv ein Erfolg – und eine klare Ansage an die Fahrtenjachtbranche.
Aeroforce-Segel
Innovativ und einsatzbereit
Das MODX-Team ist überzeugt ist, dass sich die aufblasbaren Wingsails auf allen möglichen Bootstypen einsetzen las – sen, auf Fahrtenjachten ebenso wie auf Transportschiffen und Fischerbooten. Um die zukunftsorientierte Lösung voranzutreiben, wurde für die Weiterentwicklung und die Vermarktung der aufblasbaren Flügelsegel die Firma Aeroforce gegründet. Interessierte Bootshersteller können sich also ebenfalls mit Aeroforce-Segeln ausstatten.
Hersteller: Océan Développement
Konstrukteur: VPLP
Länge: 21,33 m
Breite: 10,00 m
Tiefgang: 2,00 m
Durchfahrtshöhe: 4.60/23.00 m
Verdrängung: 23 t
Vorwindsegel: 2 x 125 m2
Motorisierung: 2 x 40 kW
Frischwasser: 1200 l + Rückgewinnung