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Piraten und ihre Europameisterschaft

von Quentin Mayerat

Piraten gibt es heute noch. Doch nicht nur jene, die sich durch das Kapern fremder Schiffe bereichern. Mindestens so aktiv wie die Banden am Horn von Afrika, sind auch die Segler, die der fünf Meter langen Traditionsjolle Pirat verfallen sind.
In der Schweiz hat die Klasse eine lange Tradition. Bald nachdem 1938 in Deutschland der erste Prototyp gebaut worden war, tauchten die ersten Einheiten des Zweimannbootes auf unseren Gewässern auf. Es folgten die ersten Regatten und vor etwa 45 Jahren die Gründung der Schweizerischen Piratenvereinigung SPV. Nach der Zulassung von Kunststoffbooten sowie der Einführung des Aluriggs und eines Spinnakers – zusätzlich zu den 10 m2 Segelfläche, erlebte das 170 Kilogramm schwere Boot in den 60er und 70er Jahren einen zweiten Frühling.
Stefan Vögeli, seit 2001 Präsident der SPV, hat denn auch keine Mühe, die Vorzüge seiner Klasse zu nennen: „Piraten sind etwas für jedermann. Sie sind einfach zu segeln, massiv gebaut und verlangen keine besondere Fitness. Viel wichtiger an Regatten ist das planen, taktieren und natürlich der Trimm. Das Material ist nicht so entscheidend. Selbst mit einem 20 Jahre alten Boot kann man zumindest auf nationaler Ebene vorne mitsegeln.“ Tatsächlich zeichnet sich die Schweizer Piratenklasse durch die grosse Heterogenität ihrer Akteure aus. Dank dem seit 1987 jährlich von der Klasse durchgeführten J&S Segellager sind 14-jährige Vorschoter an den Regatten keine Seltenheit und auch junge Steuerleute sind mit von der Partie. Die ältesten Teilnehmer sind indes schon über 70. Dazu Vögeli: „Wir sind wie eine grosse Familie, in der eine gute Atmosphäre herrscht.“
Organisiert werden die bis zu zehn Schweizer Regatten von den sechs regionalen Flotten, die die Basis der Piratensegler bilden. Einige dieser Regatten zählen zum „Cup“ und alle zwei Jahre wird eine international ausgeschriebene Schweizermeisterschaft ausgetragen. Das Kriterium, dass an mindestens sechs Regatten 15 Schiffe am Start sein müssen, haben die Piraten noch immer erfüllt. Ihr Status als Swiss Sailing A-Klasse ist damit bis auf weiteres ungefährdet.

Internationales Feld in Arbon
In diesem Jahr dürfen sich die Schweizer Piratensegler sogar auf einen ganz besonderen Event freuen. Im Auftrag der IPA, der International Pirat Association, sind sie für die Durchführung der alle zwei Jahre stattfindenden Europameisterschaft verantwortlich. Organisiert wird die Regatta, die vom 19.-24. Mai ausgetragen wird, vom Yacht Club Arbon. 80-90 Boote werden dafür erwartet. Sie kommen aus allen europäischen Mitgliedländern der IPA, also aus der Schweiz, Deutschland, Österreich, Dänemark, Ungarn, Tschechien und sogar der Türkei. Die vergebenen Quotenplätze dürften vollumfänglich ausgeschöpft werden, in Deutschland findet sogar eine Qualifikationsveranstaltung statt. Und trotzdem: Wie Stefan Vögeli erklärt, standen die Clubs nicht gerade Schlange, um diesen an sich äusserst attraktiven Event durchzuführen. „Unsere Klasse hat in der Schweiz einfach nicht so ein gutes Image. Die Clubs organisieren lieber Regatten für modernere Klassen oder traditionelle Boote die ein höheres Renommee geniessen, wie etwa die Meterklassen“, so Vögeli. Bleibt zu hoffen, dass die Euro in Arbon hilft, das Bild der Schweizer Piraten ins rechte Licht zu rücken. Denn zumindest was die Teilnehmerzahlen an Regatten oder der Zusammenhalt innerhalb der Klasse betrifft, müssen sich die Piratensegler hierzulande vor den wenigsten Klassen verstecken.

Weitere Informationen unter: www.piraten.ch, www.yca.ch

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