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Von Nordsulawesi bis zu den Sangihe-Inseln

von Quentin Mayerat

Die Flotte der indonesischen Reiseveran-stalter wächst täglich. Unser Boot trägt den vielversprechenden Namen Paradise Dancer oder Dewi Nusanthara („Engel des Archipels“ auf Balinesisch). Es handelt sich um einen Dreimaster mit Holzrumpf, der in Kalimantan (Borneo) nach dem Vorbild amerikanischer Schoner aus den Jahren 1800 in Handarbeit hergestellt wurde. Die indonesischen und malaysischen Werftarbeiter verwendeten für den Bau lediglich einfache Werkzeuge, so wie es die jahrhundertealte, über Generationen über lieferte Tradition will. Während mehrerer Jahrhunderte wurden die traditionellen Schoner von den Einheimischen für den Gewürz- und Personentransport eingesetzt. Die Paradise Dancer segelt meist in der Region der Sangihe-Inseln und der Lembeh-Strasse nördlich von Sulawesi, das heisst im Naturparadies Raja Ampat. Beste Reisezeit für einen Törn zum abgelegenen Sangihe-Talaud-Archipel ist die Trockenzeit von Mai bis Oktober, wenn der Südostmonsun Musim Timur fast ununterbrochen weht. Von November bis April bringt der etwas unstetere Nordwestmonsun Musim Barant unbeständige Winde und häufige Stürme. Dann tendieren die Oberflächenströmungen dazu, den dominierenden Winden zu folgen.

Erste Begegnungen

Schwer beladen mit meinem Rucksack stehe ich auf dem Quai in Bitung und bewundere die drei 23 m hohen Masten des Segelschiffs. Der filigrane Rumpf ist an der Mole festgemacht. Ich gehe an Bord, wo ich freundlich empfangen werde. Unglaublich, wie viel Platz das Boot bietet! Kaum ist die Crew vollzählig, setzen wir Segel und nehmen Kurs auf das ruhige Küstengewässer der Lempeh-Strasse. Wenig später ankern wir auf sandigem Grund, wo wir ein köstliches Abendessen geniessen. Die Deck sbeleuchtung spiegelt sich im Wasser und sorgt für eine romantische Atmosphäre. Stimmiger könnte unser Abenteuer nicht beginnen.

Die Lembeh-Strasse

Wir wollen den Sangihe-Archipel erkunden. Er besteht aus vierzig steil abfallenden, grünen Inseln im nördlichen Indonesien, 136 Seemeilen nordöstlich von Sulawesi in der Celebessee, ungefähr auf halbem Weg zwischen Sulawesi und Mindanao. Vor vielen Hunderttausend Jahren bildeten diese Inseln noch eine einzige Fläche, die Indonesien mit den Philippinen verband.

Ich kann es kaum erwarten, in dem noch unerforschten Revier zu segeln. Die Vorfreude ist riesig. Wir lassen die gigantische Silhouette des Mount Klabat, die üppigen Regenwälder und die menschenleeren Strände Nord-sulawesis hinter uns und steuern die nur wenige Boots stunden von Bitung entfernte Insel Bangka an. Sie ist in der Taucherszene für ihre absolut umwerfenden Spots bekannt. Bei zwei Tauchgängen können wir einige der schönsten Korallen der Region bewundern. Danach brechen wir zu den Nachbarinseln Biaro und Ruang auf. Die Gegend gilt aufgrund ihrer erstaunlich vielfältigen Unterwasserwelt als das weltweit artenreichste Gebiet. Riesige Vulkaninseln ragen aus dem Wasser. Die höchste ist mit 1400 m der noch immer aktive Siau. Die Bewohner der Region Taragoan gelten als talentierte Bootsbauer, Segler und Fischer. Ausserdem sind sie stets gut gelaunt, strotzen vor Leben und sind auch sonst angenehme Zeitgenossen. Sie leben in den Küsten gebieten Sulawesis und in Nord-Maluku. Aufgrund der Nähe zu den Tiefengewässern westlich und östlich der Insel enthalten die an die Oberfläche steigen den Tiefenströmungen viel Plankton und andere Nähr stoffe, die der Region eine komplexe, ungemein reich haltige Unterwasserwelt bescheren. Die steilen Fels wände sind mit Felsnadeln aus Vulkangestein und sandigen, mit vereinzelten Korallen bewachsenen Grotten durchsetzt. Fast immer bedecken wuchernde Gorgonien, Vasenschwämme, Peitschen-, Geweih- und Tischkorallen und alle möglichen Pilze die Felsen. Unser Törn führt uns nach Biaro, Ruang, Tagulangdang, Siau und Mahangetang auf der Insel Bangka, bevor es zurück nach Bunaken, dem National Marine Park und der Lembeh-Strasse geht. Alle diese Orte haben eine ähnliche geologische Entstehungsgeschichte. Auch ihre Struktur und Vegetation sind ähnlich. Die meisten der auf dem Feuerring gelegenen Inseln sind starker Vul kantätigkeit ausgesetzt. Oberhalb der Wasser ober fläche findet man immer noch zahlreiche Spuren früherer, zerstörerischer Vulkanausbrüche. Die halb unter Wasser stehenden Inseln sind von Palmen und Traumstränden gesäumt und mit dichtem Dschungel überwachsen. Grosse, flache Korallenriffe reichen weit ins Meer hinaus. Unter portugiesischer und niederländischer Kolonial herrschaft handelten die Bewohner des Sanghihe-Talaud-Archipels mit Gewürzen. Es wurden Unmengen von Muskatnüssen, Muskat blüten und Gewürznelken nach Europa verschifft. Noch heute ist der Gewürzhandel für die Inselbevölkerung eine wichtige Einnahmequelle. Als unsere Segel am Horizont auftauchen, bildet sich am Strand eine Menschenan sammlung. Von wild paddelnden Kindern angetriebene Pirogen schiessen durch die Wellen. Wir ankern auf dem sandigen Grund und werden von wild gestikulierenden Menschen überschwänglich begrüsst. Einwan der ungspolizei gibt es hier keine, dafür eine unglaubliche Gastfreundschaft. Freiheits liebende Segler, denen Bürokratie ein Dorn im Auge ist, fühlen sich hier wie im Paradies.

Mahengetang, ein Vulkan im Meer

Vulkanbesteigungen sind immer spannend. Unter Wasser sind sie sogar doppelt reizvoll. Die Vulkantätigkeit in den Unterwasserhöhlen und ihre Auswirkungen auf die Umwelt faszinieren mich. Ich weiss noch viel zu wenig darüber. Neugierig mache ich mich auf Ent deckungstour. In den Luftlöchern und den Vulkan quellen gibt es Korallen in Hülle und Fülle. Das warme, schwefelhaltige Wasser ist ein idealer Nährboden. Schwefelhaltige Lebens räume sind besonders bunt und artenreich. Die Biodiversität ist sogar so gross, dass die Fotografen und Meeresbiologen ganze Kapitel über unbekannte Kreaturen und andere Lebensformen im Meer schreiben können. Der Vulkan liegt direkt neben der Insel Mahen getang. Sein Grat reicht zwei bis drei Meter unter die Wasseroberfläche. Vulkankrater ist zwar keiner vorhanden, die riesigen, mit Schwefel überzogenen Felsbrocken sehen Kratern aber sehr ähnlich. Immer wieder steigen von kleinen Vulkanexplosionen verursachte Blasen in die Höhe. Aufgrund des Temperaturunterschieds zum Wasser verursachen warme Luftstösse zwischen den Felsen faszinierende Dunstschleier.

Bunaken National Marine Reserve

Unser letzter Halt ist Manado Tua und die in der Manadobucht gelegene Insel Nain. Beide Inseln gehören zusammen mit weiteren Inseln und Korallenriffen zum 47’000 ha grossen Bunaken National Marine Reserve. Die Unterwasserlandschaft besteht aus steilen Felswänden, Grotten und Spalten. Sie werden von unzähligen Rifffischen, Seeschnecken und anderen Meerestieren bevölkert. Diese haben in den Hart- und Weich korallen und den riesigen Vasenschwämmen einen idealen Lebensraum gefunden.

Faszinierende Unterwasserwelt

Wir setzen unsere Reise fort, indem wir Nordsulawesi nördlich umfahren und weiter zum Naturhafen Bitung in der Lembeh-Strasse segeln. Uns Taucher erwartet eine überwältigende Unterwasserwelt. Unglaub lich, wie viele Fische und andere Wassertiere sich in den Riffen tummeln. Wir bekommen Seeteufel, Teufelsrochen, Blattfische, Makrelen hechte und Ambon-Skorpionfische zu Gesicht und beobachten Kroko dilaale, Prachtsepias, Mandarinfische, gelbe Fangschreckenkrebse, Messerfische, Himmelsgucker, Finger-Leierfische, Skorpionfische und die verschiedensten Meeresschnecken und Plattwürmer. Besonders eindrücklich sind die winzigen, äusserst seltenen roten und gelben Zwerg-Seepferdchen. Sie sind gerade einmal 1,5 cm lang.

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