Skippers

🏛 » Wenn Kids segeln: Abenteuer auf hoher See

Wenn Kids segeln: Abenteuer auf hoher See

von Quentin Mayerat

Bald bricht die Nacht über dem Meer ein. An Bord ist alles verstaut, die erste Wache kann beginnen. Solenn hat seinen Pulli und sein Gurtzeug angezogen. Seine Uhr wird alle zehn Minuten läuten. Die Lichtblitzlampe ist in seiner Tasche, der Ipod und ein Buch liegen griffbereit.
Wir haben beschlossen, dieses Jahr eine neue Crewzusammensetzung zu testen. Solenn (14) und Malou (9) fahren als vollwertige Crewmitglieder mit. Ich werde vom ersten Offizier zum Kapitän befördert. Zugegeben, wir haben die 200 Seemeilen von Fos-sur-Mer bis Menorca in den Balearen schon etliche Male zurückgelegt und kennen jeden Zentimeter. Zwei Tage und zwei Nächte wird die Überfahrt dauern. Wir stellen uns auf einen gemütlichen Törn ein.  einer Stagfock durchqueren wir den Golfe de

Warten auf ein Wetterfenster

Eine gute Woche schon müssen wir uns im Hafen gedulden, der Wind will und will nicht nachlassen. Eigentlich ist das auch nicht weiter schlimm, es gibt noch genug zu tun. Ich schicke Solenn auf den Mast, damit er die Nut des Grosssegels schmiert. Malou klebt gewissenhaft alle Splinten ab, die sie finden kann. Zusammen bunkern sie Wasser und putzen das Boot. Dann plündern wir den Supermarkt um die Ecke. Die Kids lieben diese Grosseinkäufe, an denen wir den Wagen bis zum Überlaufen füllen. Danach wird heftig darüber diskutiert, wer den unend- Bei der Vorbereitung unseres Segelabenteuers lichen langen Kassenzettel dieses Jahr in sein Tagebuch kleben darf. Zurück an Bord geht’s ans Verstauen. Das Gemüse wird in Zeitungspapier eingewickelt. Mehl, Reis und Cornflakes gehören in luftdicht verschlossene Dosen. Ich schliesse eine neue elektrische Tauchpumpe an, werfe den Motor an, takle die Stagfock auf und installiere den Windpiloten. Der Wetterbericht sagt ein Hundewetter voraus. Dann eben nicht. Wir warten, bis Äolus besser gelaunt ist und blasen solange das Dinghi auf.

Gut vom Mistral geschützt drehen die beiden Kids zwischen zwei Catways einige Runden im Wasser.
Es bleibt uns noch etwas Zeit, an den Strand zu liegen und die letzten Kleinigkeiten zu regeln, als Radio Monaco eine Wetterbesserung ankündigt. Endlich kann es losgehen! Donnerstag, 5. Juli 2007, 14.30 Uhr. Wir lichten den Anker. Im Fahrwasser bläst der Wind doch noch ziemlich kräftig. Mit zwei Reffs und Fos. Gewissenhaft hält unser Windpilot Romeo das Steuer. Malou ist seekrank und rollt sich im Salon auf der Schlafbank zusammen.

Aufbruch gegen Abend 

Ich fahre gern am Nachmittag oder gegen Abend los und beginne den Törn mit einer Nacht. Dabei gewöhnt sich der Körper schlafend und fast unbemerkt an das rollende Meer. haben wir uns lange über die Organisation der Wachen unterhalten. Sie ist ein Schlüsselpunkt unseres Trips, sie zu vernachlässigen wäre lebensgefährlich. Frachtschiffe, Öltanker, Trawler, Schaluppen, Fähren und Segelyachten machen die Balearenroute zu einem viel befah-renen Seeweg. Mir ist vor allem eines wichtig: Die Kinder müssen wissen, dass sie mich beim kleinsten Zweifel wecken sollen. Nur so kann ich das Risiko eingehen, beide Augen zu schliessen. Solenn übernimmt die erste Wache von 21 Uhr bis Mitternacht. Er geht sonst eher mit den Hühnern schlafen und muss gegen die Müdigkeit und die Angst, die meist mit Einbruch der Dunkelheit aufkommt, ankämpfen. Malou wird mit der Sonne aufstehen und von 6 bis 9 Wache halten. Für sie ist es eine Premiere. Hüterin über den Schlaf der Crew, was für eine Verantwortung! Ich übernehme die Stunden dazwischen, sitze hinten auf dem Schiff, auf Backbord. Ein Auge auf den Kompass, das andere auf das Meer gerichtet, lasse ich die Gedanken schweifen und freue mich, hier zu sein, auf diesem Segelboot, das sich seinen Weg energisch durch das Wasser bahnt. Es kommt mir vor, als schwebe ich über dem im Mondschein silbern glänzenden Meer. Die Zeit vergeht nur langsam. Ein Kaffee um Mitternacht, ein zweiter um 3 Uhr. Und plötzlich wird es Tag.

Eine ruhige Zeit

Nach Malous Wache frühstücken wir gemeinsam. Draussen ist der Wind völlig zusammengefallen. Wir werfen den Motor an. Unser Autopilot Charlie löst Romeo am Steuer ab. Die Kinder vertreiben sich die Zeit mit Lesen, Musik, Backgammon, Schach und Schlafen. Wir backen einen Kuchen fürs Zvieri, schliesslich dürfen wir uns nicht kleinkriegen lassen. Wer sich draussen aufhält, wirft regelmässig einen Blick auf die Umgebung. Der Tag bleibt ruhig. Schon ist es wieder Nacht, das regelmässige Schnurren des Motors wiegt uns in den Schlaf. Das Meer ist so glatt, dass sich die Sterne in der schwarzen Seide spiegeln. Ich hatte gehofft den Leuchtturm von Caballeria vor Sonnenaufgang zu sehen. Doch der Dunst liegt wie ein Schleier über dem Meer. Keine Insel ist in Sicht, obwohl wir nur sechs Seemeilen von Fornells entfernt sind. Es gibt mir einen Stich ins Herz. Und wenn die Insel einfach ohne Vorwarnung verschwunden ist? Eine Viertelstunde später hat der auffrischende Wind den Dunst etwas vertrieben. Der Leuchtturm zeichnet sich am Horizont ab. Ohne Vorwarnung schliesst der Mistral das Wetterfenster, das uns die ruhige Überfahrt ermöglicht hat. Noch eine knappe Stunde und wir machen an einer der neuen Bojen vor dem Dorf fest. Zwei Vertäuleinen sind bestimmt nicht zuviel, wenn sich der angekündigte Sturm wirklich einstellt. Wir haben es geschafft!

Dans la meme categorie