An der Semaine Olympique in Hyères hatten sie für eine Sensation gesorgt. Matias Bühler und Felix Steiger gewannen im April als neu formiertes Schweizer Team den französischen Weltcupevent der olympischen 470er-Klasse. Ein unglaublicher Erfolg, der Experten staunen liess und mit dem selbst die beiden Protagonisten so nicht gerechnet hatten. „Wir haben vor dieser Regatta gerade einmal zehn Tage zusammen trainiert und hatten keine Ahnung, wo wir stehen. Wir sind nach Hyères gefahren, ohne vorher über konkrete Ziele zu sprechen. Mit einem Rang unter den ersten 20 wären wir sicher auch zufrieden gewesen“, erklärt der 28-jährige Vorschoter Felix Steiger nach dem Event.
Matias Bühler – erfolgreich als Segler und als Coach
Die zwei Segler absolvierten in Hyères zwar erstmals gemeinsam eine Regatta, unbekannte Gesichter in der 470er-Szene sind sie aber beide nicht. Felix Steiger segelte zuvor zehn Jahre lang mit Tobias Etter, mit dem er auch die Olympischen Spiele in Qingdao bestritten hat. Die Segelkarriere von Matias Bühler hingegen startete in Argentinien. Als Urenkel eines Schweizer Auswanderers ist er zwar im Besitz des rotweissen Passes, hatte bis vor kurzem aber kaum Beziehungen zum europäischen Land der Berge. Er lernte das Segeln in Buenos Aires und gewann 1997 für Argentinien die WM-Silbermedaille in der Optimisten-Klasse. Nach internationalen Erfolgen als Steuermann bei den Cadets folgte der Wechsel auf den 470er. Zusammen mit seinem Vorschoter Marcos Lamas gewann er innerhalb von fünf Jahren dreimal die argentinische Meisterschaft, wurde zweimal südamerikanischer Meister und holte den Quotenplatz für die Olympischen Spiele in China. Allerdings gelang es ihm nicht, die landesinternen Trials für sich zu entscheiden. Stattdessen wurde er von den argentinischen Tornado-Olympioniken als Coach engagiert und war so in Qingdao doch noch am Gewinn einer Bronzemedaille beteiligt.
Mix verschiedener Mentalitäten
Schon nach den verpassten Trials hatte Matias Bühler darüber nachgedacht, künftig für die Schweiz zu starten: „Als ich ohnehin in Europa war, bin ich in die Schweiz gereist und habe Tom Rüegge, den Chef des Swiss Sailing Teams, getroffen. Er erklärte mir, dass die Schweiz zwar kein grosses Budget hat, mich aber gerne haben möchte. Diese Zusage hat mir gereicht.“ Tobias Etter und Felix Steiger hatten sich nach der Olympiade entschlossen, eine Auszeit zu nehmen, während sich Matias Bühler erneut bei Tom Rüegge meldete. Dieser stellte den Kontakt mit Steiger her: „Ich musste das Ganze zunächst mit Tobias besprechen, war aber schon interessiert. Matias und ich haben schnell gemerkt, dass wir die gleichen Vorstellungen haben. Wir möchten beide professionell segeln und an der nächsten Olympiade eine Medaille gewinnen.“ Was folgte, war ein von Matias Bühler angeregtes zehntägiges Probetraining in Buenos Aires: „Mir war es extrem wichtig, dieses Training in Argentinien zu machen. Wir kommen aus zwei verschiedenen Kulturen und ich wollte wissen, ob Felix mit meiner südamerikanischen Mentalität umgehen kann. Zum Glück hat es von Anfang an bestens funktioniert.“ Die Anpassung an die Lebensverhältnisse in der Schweiz gelang Matias Bühler, der mittlerweile am Zugersee wohnt, zwar nicht ohne Probleme. Er sei aber, wie er betont, von Anfang an Leuten begegnet, die an ihn glauben. Mittlerweile ist er als Coach für die Zentral- und Deutschschweizer Optimistensegler und für Swiss Optimist tätig. Felix Steiger hingegen beendet gerade sein ETH-Studium in Bewegungswissenschaften und arbeitet nebenbei noch als Sportlehrer. Die Kosten für ihre 470er-Kampagne haben die zwei bisher selbst getragen. Das soll sich aber ändern: „Wenn wir eine Medaille gewinnen wollen, müssen wir uns voll aufs Segeln konzentrieren können“, erklärt Felix Steiger. Im Hinblick auf Olympia werden die zwei zur Finanzierung ihres Lebensunterhalts auf Sponsoren angewiesen sein.
Der Erfolg von Hyères ist inzwischen Vergangenheit. Die Delta Lloyd Regatta in Medemblick beendeten Bühler/Steiger Ende Mai auf Rang 17. Ein ebenfalls sehr gutes Ergebnis, aber auch ein Anzeichen dafür, dass noch viel Arbeit vor den beiden liegt. Das Saisonziel steht jedenfalls fest: „Wir wollen im August an der WM in Kopenhagen unter die Top 15 segeln“, sagt Felix. Und Matias, der noch etwas gebrochen Hochdeutsch spricht, ergänzt: „Ich muss mein Deutsch verbessern“, denn „wenn ich für die Schweiz eine Goldmedaille gewinne, dann will ich mich im Siegerinterview auch richtig ausdrücken können.“