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Tradition und Hightech am Thunersee

von Quentin Mayerat

Archimedes Bootbau klingt noch älter als Tradition. Doch der Name steht für die Synthese aus klassischem Bootsbauhandwerk und progressiver Jachtbautechnologie. Archi•medes Bootbau, das sind Markus Hösli und Aaron Teuscher, weltoffen, wissbegierig und professionell. Hösli (37) wuchs am Thuner•see auf und war schon als Kind fasziniert von traditionellen Schiffen. Nach einer Lehre als Bootsbauer bei Hächler Bootbau in Oberho•fen arbeitete er einige Jahre in verschiedenen Werften, unter anderem bei Wilke in Leissi•gen*. Daneben fand er immer wieder Zeit, als Skipper bei Segel- und Ausbildungstörns auf den Weltmeeren zu segeln und legte so seit 1997 mehr als 30’000 Seemeilen zurück. Über all die Jahre hinweg eignete er sich ein immenses Wissen über Restauration und Holz•boote an. 1997 beschloss Hösli, dass die Zeit reif war, sich selbstständig zu machen und baute in Reutigen eine eigene Werft auf. Sein Partner, Aaron Teuscher (40), ist ebenfalls am Thunersee verwurzelt. Auch Teuscher er•lernte sein Handwerk als Zweitberuf bei Hächler Bootbau. Danach ging er zur Firma Décision SA von Bertrand Cardis in Vevey, wo sich ihm die Gelegenheit bot, beim Bau der Alinghi-Jachten SUI 59, 64, 75, 91 und 100 aktiv mitzuwir•ken. 2003 gehörte er zum Alinghi-Team und feierte zusammen mit den weltbesten Seglern den Gewinn des America’s Cups in Neuseeland. Teuscher blieb auf Kurs und übernahm die Stelle als technischer Verantwortlicher beim italienischen Team +39 für die Teilnahme am
32. America’s Cup. Darauf heuerte er als Boots•bauer beim Team Pirates of the Caribbean um Paul Cayard (Volvo Ocean Race 2005-2006) an. Seit einigen Jahren betreibt Aaron Teuscher im Sommer zudem eine eigene Segelschule in Gunten am Thunersee.

Hightech-Ausstattung
Das Jahr 2009 markiert einen Wendepunkt für Archimedes Bootbau. Am 1. Februar wurde aus der Einzelfirma eine AG, die am 1. November ihre bescheidene Werkstatt im Weiler Hani bei Reutigen verliess und in der Nähe von Wimmis eine neu gebaute Werft mit einer Fläche von 2’600 m2 bezog. In zwei Werkhallen können Jachten bis zu 20 m Länge gebaut werden. Eine bestens eingerichtete Schreinerei bildet das Herzstück der Anlage. Daneben gibt es eine Komposit-Abteilung, ein gedecktes Win•terlager mit einer Fläche von 900 m2 sowie grosszügige Büroräumlichkeiten. Die Archi•medes Bootbau AG steht für Tradition und Hightech. Es sollen klassische Boote restau•riert oder neu gebaut werden. In der Werft wartet zum Beispiel die sechs Meter IC-Jacht Bonite darauf, überholt zu werden. Sie wurde 1938 in Schweden gebaut und gewann 1943 die Bol d’Or auf dem Genfersee. Parallel dazu werden moderne Rennjachten gefertigt, die mit der neusten Technologie ausgestattet sind und das Label „Swiss made“ tragen. Aktuelles Projekt ist die Capricorn 750, die in Zusamme•narbeit mit dem Schiffsarchitekten Christian Bolinger von Naval Design konstruiert wird. Ein eleganter, schneller und doch einfach zu handhabender Daysailor, der als Crew oder einzeln gesegelt werden kann. Neben diesen traditionellen und visionären Projekten gibt es noch weitere Standbeine. Archimedes ist die Servicewerft von Bluboats und damit beispiels•weise am St. Moritz Match Race präsent. Wie bei jeder Werft gehören aber auch der ein•fache Bootsunterhalt und das Winterlager zum Tagesgeschäft.
Die Archimedes Bootbau AG hat die Nase vorn. Weiterbildung, Offenheit und Experimentier•freudigkeit sind für das ganze Team ein Muss. Lassen wir uns überraschen, welche Boote die Werft in den kommenden Jahren verlassen werden. Sicher ist, dass sie das Label „Swiss made“ tragen und dem Thunersee punkto Bootsbau international noch mehr Ansehen verschaffen werden.

* s. Artikel in Skippers Nr. 30 und in der Rubrik Werften & Messen auf www.skippers.tv

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