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„Wer weiter kommen will, muss sich mit Besseren messen“

von Quentin Mayerat

© Gilles Morelle

© Kurt Arrigo

© Carlo Borlenghi

Franck Noël, sind Sie ein Salzwassermatrose ?

Ich bin schon immer auf dem Meer gesegelt. Angefangen habe ich in Calais auf dem Drachen meines Vaters. Danach haben mich berufliche und private Verpflichtungen vom Meer ferngehalten, aber seit zehn Jahren bin ich zurück im Segelsport. Ich konzentriere mich darauf, mit meinen Near Miss auf dem Mittelmeer zu regattieren. Fürs Segeln auf dem See fehlt mir heute die Zeit.

Wie ist das Near-Miss-Projekt entstanden ?

Ich war viele Jahre keine Regatten mehr gesegelt. Im Jahr 2000 bin ich nach Auckland zum Louis Vuitton Cup gereist. Das war für mich ein Schlüsselerlebnis. Zurück in Europa bot mir ein Freund seine IMX 40 zum Kauf an. Ich zögerte keine Sekunde. Bei meiner ersten Regatta, dem Giraglia Rolex Cup, gewann ich auf Anhieb. Es hatte mich erwischt.

Wie ging es mit dem Near-Miss-Projekt weiter ?

Im Jahr darauf haben wir beschlossen, das Boot zu wechseln und eine IMS 600 nach Bottin-Plänen bauen zu lassen, mit der wir die grossen Klassikerregatten auf dem Mittelmeer bestreiten wollten. Höhepunkt sollte die Copa del Rey sein, die wir dann ja auch gewonnen haben. Leider hatte die IMS keine Zukunft. Die Bauvorschriften gingen nicht in die richtige Richtung und die Regeln wurden ständig geändert. Das Boot verbrachte mehr Zeit in der Werft als auf dem Wasser ! Ich beschloss, den IMS den Rücken zu kehren und in der IRC-Klasse an den Regatten der Mittelmeertour in Marseille, Porquerolles und Saint-Tropez teilzunehmen. Leider war die Near Miss aber nicht für die IRC-Wertung gemacht. Dann führte der MedCup die neue Bootsklasse der GP42 ein. Mir gefiel die Idee, dass die Boote in Echtzeit gegeneinander segeln und die Möglichkeit bestand, seinen eigenen Prototypen zu bauen. Doch am Ende der Saison war ich doch enttäuscht über unser Abschneiden und die geringe Teilnehmerzahl. Zu sechst zu segeln, während die Farr 40 bei jedem Wettkampf Regattafelder von 30 Einheiten stellten, war die Mühe nicht wert. Also verliess ich den MedCup und kehrte auf unserer GP42 zum IRC-Circuit zurück. Obwohl es wohl das sympathischste Boot war, auf dem ich je gesegelt bin, wollte ich den schwimmenden Untersatz ein weiteres Mal wechseln. Die TP52 schien mir für die IRC-Tour der beste Kompromiss. Ich wollte nicht zum MedCup zurück, denn dazu braucht es umfangreiche Budgets und ich habe keinen Sponsor. Jeder in dieses Projekt gesteckte Rappen stammt von mir selbst. Das für eine Teilnahme am MedCup nötige Budget ist unzumutbar und die Resultate sind angesichts der Konkurrenz der Profi-Teams viel zu fest dem Zufall überlassen.

Was treibt Sie an ?

Mich interessiert im Segelsport und im Leben im Allgemeinen vor allem eins: Projekte aufzubauen. Wer weiter kommen will, muss sich mit Besseren messen. Beim Segeln mit Profis kann man seine eigenen Techniken und Vorgehensweisen hinterfragen und so Fortschritte machen. Im bin nur ein Amateur und lerne jeden Tag dazu. Deshalb setze ich mir auch ständig neue Ziele.

Diesen Sommer haben Sie am Rolex Fastnet Race teilgenommen. Was hat Sie zu diesem Exkurs nach England bewogen ?

Das Fastnet ist ein Bubentraum. Ich habe es bereits im Alter von 17 Jahren einmal gesegelt und wollte das schon lange wiederholen. Mit einer GP42 ist es schwierig, mehr als eine Nacht auf dem Meer zu verbringen, mit einer TP52 sind hingegen auch längere Regatten möglich. Das Boot ist in vielen Situationen schneller und auch komfortabler. Das Fastnet, das Middle Sea Race und andere Regatten sind mit einer TP52 erschwinglich geworden. Ich träume davon, in den Antillen in Antigua oder in Saint-Barth zu regattieren.

© Kurt Arrigo

Was zeichnet Sie aus ?

Ich segle am liebsten in überschaubaren Kategorien im Rahmen von Projekten, die mich nicht vor finanzielle Probleme stellen. Die TP52 ist eines davon; ihr Budget bleibt vernünftig. Die Ausgaben richten sich nach der Grösse des Boots. Diesbezüglich scheint die TP52 der beste Kompromiss zu sein. Ausserdem ist der Wettbewerb bei dieser Bootsgrösse sehr gross. Das macht es natürlich schwieriger, sein Ziel zu verwirklichen, doch ein Sieg ist dadurch umso schöner !

Welche Werte sind Ihnen wichtig ?

Mit viel Methode kann man fehlende Mittel kompensieren. Man braucht auch einen guten Teamgeist. Bescheidenheit ist ebenfalls wichtig. Das heisst aber nicht, dass man keine Ambitionen haben soll, sondern versuchen muss herauszufinden, was nicht funktioniert hat. Man muss es schaffen, sich in Frage zu stellen. Es sind nie die anderen schuld. Neben dem Material ist das Training entscheidend.

Wie organisieren Sie sich ?

Benoit Briand ist der Chef des Near-Miss-Projekts. Ich lege das Programm fest. Danach hat er freie Hand und ist auch in Bezug auf das Budget kaum eingeschränkt. Natürlich fragt er mich bei wichtigen Entscheidungen um meine Meinung. Ich habe also durchaus Mitspracherecht. Auch das Team, das die Saison bestreiten wird, stellen wir gemeinsam auf.

An welche Ereignisse erinnern Sie sich besonders gern zurück ?

Ein langer Schlag unter Spi auf der GP42 am Giraglia Rolex Cup. Geschwindigkeitsübertretung auf Geschwindigkeitsübertretung zwischen dem Festland und Korsika. Wir haben den Giraglia-Felsen in einem dicht gedrängten Feld mit Booten, die fast dreimal so gross waren wie das unsere, an dritter Stelle gerundet. Auch unser Sieg an der Copa del Rey im spanischen Palma de Mallorca ist unvergessen. Das Niveau war sehr hoch, etwa so wie an einer Weltmeisterschaft !

Wie sind Sie auf den Namen Near Miss gekommen ?

Das erste Boot, das ich erstanden habe, hiess Near Miss. Da ich damit gute Resultate erzielte und an das Glück glaube, behielt ich den Namen bei. Near Miss ist ein englischer Ausdruck für „ fast verpasst “. Und fast verpasst bedeutet geschafft!

Franck Noël nimmt von Lionel Schurch (Rolex, auch sng-mitglied) und Carlo Croce (YCI-präsident) die beiden pokale entgegen. © Kurt Arrigo

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