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Die iPad-Revolution im Segelsport

von Quentin Mayerat

Was bis vor Kurzem Nerds vorbehalten war, die in der Mac-Welt gross geworden sind, ist heute nicht mehr aus der elektronischen Navigation wegzudenken. Bootsbesitzer, die ihre elektronische Anlage erneuern oder ausbauen möchten, kommen nicht mehr darum herum, sich mit der leistungsstarken Alternative des berührungsempfindlichen Tablets von Apple auseinanderzusetzen. Im Preissegment von 800 bis 1600 Franken (siehe Kasten) ist das iPad im Segelsport nämlich schlicht konkurrenzlos. Es bietet einfach alles: Routenanzeige und Tracking, Seekarten, Empfang von Wetterkarten, Verbindung mit den bestehenden Instrumenten, Internetzugang, Kommunikation per E-Mail, Bildtelefon, Schreib- und Zeichenprogramme, Fotografie, Spiele, Lektüre und noch vieles mehr.

Das iPad richtet sich sowohl an Skipper kleiner Boote, die nicht über den nötigen Strom für den Betrieb einer Navigationszentrale verfügen, als auch an Eigner grösserer, gut ausgestatteter Jachten, die kein externes mobiles Kartenlesegerät besitzen. Im ersten Fall werden einfach Segelapplikationen auf das Gerät geladen. Im zweiten Fall wird das iPad über einen Wlan-Multiplexer mit der Bordanlage verbunden, damit alle verfügbaren Navigationsdaten (Wind, Tiefe, Oberflächengeschwindigkeit, AIS-Ziel, Radar usw.) übernommen werden.

Leistungsstarkes Navigationsinstrument

Im AppleStore findet man die vier Seekarten-Apps Plan2Nav, iSailor, Navionics HD und iNavX, aber nur die letzten beiden decken die ganze Welt ab. Navionics HD (49,99 €) ist ideal für Küstentörns. Die Anwendung ist extrem benutzerfreundlich, bietet aber relativ wenig Funktionen. GPS-Wegpunkte werden automatisch auf die Karte übertragen, Routen können gespeichert werden und für jeden Punkt auf der Karte sind nützliche Informationen über die Segelbedingungen (Gezeiten, Strömungen, Wind usw.) und Jachthäfen abrufbar, doch das war‘s dann auch schon. Unmöglich, Borddaten von Sonden, AIS und Radar zu importieren. Besonders ärgerlich für eine Seekarten-App ist aber die Unfähigkeit von Navionics HD, aufgrund der fehlenden GoTo-Funktion die Route zum nächsten Wegpunkt oder die voraussichtliche Ankunftszeit (ETA) anzugeben.

iNavX (40 € + 50 € für das Kartenmaterial) ist vollständiger als Navionics HD und bietet ähnliche Funktionen wie eine Navigationssoftware für den PC, das heisst Routenanzeige, Ansteuerung von Wegpunkten (GoTo), Anker-Alam und Import von externen Daten (Wind, Tiefe, AIS-Ziel und Radar). Für die Radarfunktion benötigt das iPad allerdings etwas Unterstützung. Da kein USB-Anschluss vorhanden ist, können die Infos nur per Wlan von den Bordanlagen empfangen werden. Bis vor einem Jahr war es noch unmöglich, die Daten der Sensoren und Empfänger an Bord über das Wlan-Netz zu übermitteln. Mit Wlan-Multiplexer wie dem
Miniplex-2Wi (349 €), das vom NMEA 0183 Netz und dem SeaTal von Raymarine unterstützt wird, oder dem Seasmart (749 €) für das NMEA 2000 Netz hat sich das geändert.

Wetter im Klartext

Karten und Navigationsdaten sind also vorhanden, da fehlte dem iPad zur Vollständigkeit nur noch das Wetter. Die revolutionäre Applikation Weather4D hat diese Lücke kürzlich geschlossen. Sie ist in einer Light- (4,99 €) und einer Pro-Version (24,99 €) erhältlich und zeigt erstmals, wozu die ominösen, aber sehr wertvollen GRIB-Dateien eigentlich nützlich sind. Die spielerisch gestaltete Benutzeroberfläche und die grafischen Darstellungsoptionen machen die Wind-, Temperatur-, Druck und Wellenprognosen endlich klar verständlich. Die Pro-Version richtet sich an Seeleute und berücksichtigt die Route des Schiffs, um gezielte Voraussagen zu erstellen. Im Lauf des Jahres soll sogar eine Routing-Funktion dazukommen. Auch vorbeiziehende Satelliten des Iridium-Telefonnetzes werden angezeigt. Diese Funktion ist besonders kostbar, wenn über ein Satellitentelefon GRIB-Dateien übermittelt werden sollen, denn sie verbessert die Kommunikationsqualität und reduziert demzufolge die Verbindungszeit.

Fehlerfreie Route?

Die hochwertigen und kostengünstigen Applikationen, die das intuitive Interface gezielt ausnützen, machen das iPad zu einer idealen Navigationshilfe. Allerdings ist auch dieses Gerät nicht perfekt und eigentlich nicht für den Gebrauch auf dem Wasser gedacht. Dank der kompakten Bauweise, des Kühlungssystems und des Flash-Speichers funktioniert es aber auch in Gegenden mit hoher Luftfeuchtigkeit. Vor Wasser und Schlägen lässt sich das iPad ebenfalls problemlos schützen. Im Handel sind wasserdichte Hüllen schon ab 35 € erhältlich, Hartschalen-Etuis speziell für den Outdoor-Gebrach gibt es zum Beispiel von Andres Industries ab rund 300 €. Wer es wirklich darauf anlegt, Mängel zu finden, der könnte das 10-Zoll-Display kritisieren, das zwar hell ist, aber das Licht sehr stark reflektiert. Auch kann das bisher auf Fahrtenseglerei beschränkte Software-Angebot Regattasegler wohl kaum befriedigen.

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