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Alinghi als Sprungbrett für eine berufliche Karriere?

von Quentin Mayerat

© Walter Rudin

Wer sich Jungunternehmer Damian Weiss in dezentem Anzug und Krawatte vorstellt, der auf gut gepolstertem Ledersessel in seinem Büro waltet, liegt weit daneben. Meist ist das schlichte Büro leer. Den Chef findet man in der Werfthalle bei den Angestellten, ziemlich verstaubt im Arbeitsgewand. „Hier in der Werft ist mein Platz, ich will sehen, was da abgeht, welches Material es braucht und wer auf Unterstützung angewiesen ist“, erklärt Weiss seine Unternehmensphilosophie.

© Walter Rudin

Weiss ist gelernter Handwerker. Nach abgeschlossener Berufslehre als Zimmermann wechselte er zum Bootsbau, wo er eine Lehrstelle bei der Luthi Werft in der Romandie bekam. Eine Traumstelle wie er meint, weil er hier auch wirklich Boote bauen durfte. Dann zog es ihn in die Ferne, nach Neuseeland, um genau zu sein. Dieser Markt interessierte mich“, meint er, „die Kiwis sind innovativ und entwickeln einfache Lösungen.“ Hier hat er sich das Handling für den Bau von Karbonbooten angeeignet und nebenbei auch den Schweizer Sieg im America‘s Cup in Auckland miterlebt.

 

Zu Alinghi stiess Weiss erst später. Die SUI 64 war in Marseille vom Bock gestürzt und das Bootsbauerteam brauchte Verstärkung. Das eben eingereichte Dossier von Weiss kam daher wie gerufen und bereits nach ein paar Tagen wurde er nach Valencia beordert. Natürlich merkte er schnell, dass er noch längst nicht auf dem gleichen Niveau war wie die Bootsbauer dort. Dafür konnte er auf andere Weise viel einbringen. Als einer der wenigen beherrschte er nicht nur Englisch und Französisch, sondern auch Spanisch, weil er als Kind ein Jahr mit der Familie auf den Kanarischen Inseln gelebt hatte. Zwei Kampagnen blieb Weiss bei Alinghi, half mit, die SUI 100 und den Katamaran zu bauen, durchlebte dabei den Sieg und die bittere Niederlage.

Das erste Projekt wäre für die Realisierung bereit. Eric Monnin und Sebastien Schmid von design naval haben diesen Karbonracer mit Schwenkkiel nach Ideen von Damian Weiss gezeichnet. © Walter Rudin

 

Mit grossem Rucksack nach Hause

Für Weiss mag das Aus von Alinghi wohl etwas weniger schmerzvoll gewesen sein. In Valencia hat er nämlich sein privates Glück gefunden. Eine Spanierin ist ihm in die Schweiz gefolgt. Mittlerweile verheiratet, hilft ihm seine Frau bei den kaufmännischen Arbeiten und seit einigen Wochen ist er sogar stolzer Vater.

Das stattliche Werftgebäude von Weiss Yachts. Es muss schon etwas abgehen, um die hohen Festkosten zu decken. © Walter Rudin

Natürlich hat der Zuger Bootsbauer auch viel Know-how auf höchstem Niveau mit nach Hause gebracht. „Hier konnte ich interessante Beziehungen mit den besten Designern und Fachleuten der Bootsbaubranche knüpfen. Es war ein absoluter Traum auf diesem Level mitzumachen und natürlich träume ich davon, selber Boote zu bauen. Aber in der Schweiz ist das sehr schwierig. Unsere Arbeitsstunden sind teuer und wir haben enorm hohe Fixkosten“, meint er.

Weiss hat zwar ein Projekt, das er gerne realisieren würde – in seinem Auftrag haben Matchracer Eric Monnin und Sebastien Schmid einen Karbonracer mit Schwenkkiel gezeichnet –, aber dazu fehlt im Moment der Investor.

 

Weiss ist realistisch. Er weiss, dass man von der Vision, Boote zu bauen, nicht leben kann. Deshalb konzentriert er sich auf das Kerngeschäft jeder Bootswerft, nämlich auf die Unterhaltsarbeiten. Er möchte sich mit einem Betrieb etablieren, der auch grössere Schäden an Booten, wie sie bei Sturm oder Havarien auftreten, fachmännisch beheben kann. Hier will er sich einen guten Ruf erarbeiten, sieht aber auch Gefahren: „Die Erwartungen an einen früheren Alinghi-Mitarbeiter sind gross. Seriöses Arbeiten ist daher für mich sehr wichtig, sonst wird das gute Renommee schnell zum Stolperstein.“

© Walter Rudin

 

Klein angefangen

Weiss ist ein vorsichtiger Geschäftsmann, der sich nicht gerne auf finanzielle Abenteuer einlässt. Nach seiner Zeit bei Alinghi fing er mit kleinen Arbeiten an Booten an und mietete sich dazu in einem Hinterhof ein. Erst als er merkte, dass es funktioniert, stieg er richtig ins Geschäft ein. Natürlich kam ihm dabei sein grosser Bekanntheitsgrad zugute. Auf der Alinghi Swiss Clinics Tour begeisterte er mit seiner sympathischen Art nicht nur Kids. Da waren auch die Väter dabei und das sind Jachtbesitzer und potenzielle Kunden. Und damit er im Gespräch bleibt, präsentierte er sich eben als Sponsor für neue Pokale des Vierwaldstättersees.

Bei Alinghi war man gewohnt Geld auszugeben und brauchte sich nicht um Einnahmen zu kümmern. Als eigener Chef ist das genau umgekehrt. Bei den Banken nützt ein guter Ruf nur wenig, hier sind handfeste Sicherheiten gefragt. Und diese konnte Weiss auch bieten. Seine Eltern besitzen in Küssnacht am Rigi Land in der Gewerbezone und haben eine Industriehalle gebaut. Ohne ihre Unterstützung wäre er dieses Risiko nie eingegangen.

Trotzdem belasten ihn die enormen Investitionen und Festkosten sehr. Für den ersten Winter ist Weiss aber gerettet. Die Halle ist voll. Ob er im Sommer noch voll ausgelastet ist, weiss er nicht. Vielleicht schneit ja der finanzkräftige Kunde ins Haus, der einen Racer mit Schwenkkiel bauen lassen möchte. Damit wäre der erste Schritt in Richtung einer Zentralschweizer Werft für Karbonjachten der neusten Generation getan.

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