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Gegner und Teamgefährten in einem – eine schwierige Kombination

von Quentin Mayerat

Guillaume Girod holte Ende 2011 an der WM in Perth einen Quotenplatz für die Schweiz. Er macht seit zwei Jahren unglaubliche Fortschritte. © Jürg Kaufmann

Es ist nicht ganz einfach, zusammen zu leben und zu segeln, gemeinsam zu trainieren und sich eine Wohnung, einen Coach und das Material zu teilen, wenn man dasselbe sportliche Ziel hat. Nathalie Brugger und Manon Luther müssen sich aber damit abfinden, denn beide wollen einen Startplatz bei den Laser Radial an den Olympischen Spielen in London.

Gemeinsames Training

„Wir haben in Palma eine kleine Trainingsbasis eingerichtet. Der Ort ist bis zur WM im Frühling ideal“, berichtete Manon Luther, als sie diesen Winter kurz in der Schweiz war. „Zwischen Nathalie und mir herrscht tatsächlich eine ziemlich starke Konkurrenz und je näher der Termin rückt, desto mehr Aggressivität ist auf dem Wasser zu spüren“, bestätigte die junge Regattaseglerin aus St. Sulpice. Trotzdem sei ihre Zusammenarbeit extrem gesund. „Wir verkehren seit drei Jahren miteinander und ich glaube, dass wir uns gegenseitig nach oben ziehen. Wir können einander viel geben.“ Zu glauben, dass ihre Zusammenarbeit über das Training hinausgeht, wäre aber ein Trugschluss. Im Wettkampf sei ihre Partnerin eine Konkurrentin wie jede andere, sagt Manon.

© Jürg Kaufmann

Verschiedene Ansichten

Nathalie Brugger, die grösste olympische Hoffnungsträgerin der Schweiz, beurteilt die Zusammenarbeit genauso positiv, eine wirkliche Konkurrenz sieht sie im Gegensatz zu Manon aber keine: „Auf dem Wasser haben wir keine Geheimnisse voreinander und arbeiten wirklich zusammen. Manon profitiert von meiner Erfahrung und ist eine echte Sparringspartnerin. Davon haben wir beide etwas. Was das Konditionstraining angeht, haben wir hingegen beide unsere kleinen Geheimnisse und das ist schliesslich genauso wichtig für die Leistung.“ Wenn sie sich wirklich bedrängt fühlen würde, wäre die Situation wahrscheinlich etwas anders, gesteht die Freiburgerin, die in Qingdao auf den sechsten Rang gesegelt war. „Verglichen mit dem Vorgehen im französischen Segelverband ist es bei uns einiges einfacher. In Frankreich können einige Seglerinnen nicht zusammenspannen wie wir das tun, weil sie viel zu viel zu verlieren haben und leistungsmässig zu eng beieinander liegen.“

Manon Luther ist sich ihrer Outsiderposition durchaus bewusst und weiss, dass sie nur eine Chance hat, wenn ihre Partnerin ausfallen sollte. „Ich rechne nicht damit, muss aber opportunistisch sein. Ich bereite mich schon seit drei Jahren auf das Projekt vor und weiss auch, dass ich vielleicht enttäuscht sein werde, aber momentan gebe ich alles und nutze jede Chance.“

Das sagt der Trainer

Nathalie Brugger, die an den Olympischen Spielen 2008 6. wurde, werden für London 2012 die grössten Medaillenchancen eingeräumt. © Jürg Kaufmann

Olivier Terrol, der die beiden Frauen seit Anfang 2012 coacht, stuft die Situation ebenfalls als sehr gesund ein: „Manon ist die jüngere und muss erst noch Erfahrung sammeln, während Nathalie mehr Routine hat. Sie braucht aber eine Trainingspartnerin. Nathalie ist sehr offen und gibt ihr Wissen gern weiter. Ich denke schon, dass die Situation erträglich ist, denn Swiss Olympic hat klar definierte Selektionskriterien festgelegt. Das ist auch Voraussetzung, damit das Ganze funktioniert. Die Sportlerin mit den besseren Resultaten und den besseren Medaillenchancen wird auch an die Sommerspiele geschickt. Bei anderen Verbänden ist das anders, dort gelten manchmal weniger klare Richtlinien, was sich natürlich auf die Atmosphäre auswirkt. Ich kannte beide Athletinnen, als ich anfing mit ihnen zu arbeiten, und wusste, dass es funktionieren würde. Ich hätte die Aufgabe nicht angenommen, wenn ich Konkurrenzprobleme hätte bewältigen müssen.“

Andere Herausforderungen bei den Standard-Seglern

Manon Luther © Jürg Kaufmann

Nathalie Brugger © Jürg Kaufmann

Bei den Männern, die auf Laser Standard segeln, ist die Situation etwas verzwickter. Sie trainieren nicht gemeinsam, obwohl sich zwei, drei Athleten Hoffnungen auf einen Startplatz in London machen. Der grösste Unterschied zu den Frauen besteht darin, dass bislang nur Guillaume Girod vom Swiss Sailing Team (SST) unterstützt wird. Christian Steiger und Christophe Bottoni* konnten die Leistungskriterien des Verbands diesen Winter in Australien nicht erfüllen und trainieren deshalb allein weiter.

Aus diesem Grund kann Guillaume Girod auch kaum von einer internen Konkurrenz sprechen. „Dazu bin ich zu wenig mit den anderen Vertretern der Laserklasse gesegelt“, erklärt er. „Wir haben zwar in Weymouth trainiert, wo ich drei Wochen mit Christian Steiger gearbeitet habe, aber da waren die Quali-Events noch in weiter Ferne. Dementsprechend offen war die Zusammenarbeit.“ Der junge Regattasegler holte Ende 2011 in Perth einen Quotenplatz für die Schweiz und ist froh, dass er nicht mit einer Konkurrenzsituation umgehen muss. „Wenn wir zu zweit wären, wäre es effektiv kompliziert, denn die Qualifikation wird eng werden.“

Die nächsten Selektionstermine sind der World Cup in Hyères Ende April und die WM in Boltenhagen (D) Anfang Mai (die Ergebnisse finden Sie in der Rubrik SUI auf Skippers.tv). Um sich einen Startplatz zu sichern, müssen die Athleten mindestens an einem dieser Events unter die Top 12 in der Nationenwertung fahren. Geschenke werden sich die Olympiaanwärter keine machen und mit allen Mitteln dafür kämpfen, ihr Ziel zu erreichen.

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