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Lang leben die Schätze von Bangladesch

von Quentin Mayerat

Es ist eine Geschichte rund um Wasser, Menschen und Schiffe. Eine Geschichte von gemeinsamen Anliegen und Erfahrungen, die ihre Wurzeln in Paris hat und bis nach Chittatong in Bangladesch reicht. Die Köpfe dahinter: In unseren Breitengraden das VP von VPLP, der renommierte Bootsdesigner Marc Van Peteghem, der bisher vor allem für seine Ausnahmejachten und nicht so sehr für seine humanitären Aktionen bekannt war. In Südasien Yves Marre, der 1994 im Rahmen einer Bootsüberführung von Frankreich nach Bangladesch kam und den Kahn dort in ein schwimmendes Krankenhaus verwandelte. Heute ist er Geschäftsführer der von der Vereinigung Watever gegründeten Bootswerft TaraTari. Ebenfalls in Bangladesch: der junge Ingenieur Corentin de Chatelperron, der Forschungen im Bereich eines neuen Verbundstoffes aus Jutefasern für den Bootsbau durchgeführt hat. Viele Kompetenzen also und ein starker Wille, die Dinge im Rahmen der 2010 gegründeten Vereinigung Watever voranzutreiben.

Von wunderschönen, halbmondförmigen Booten (links) bis hin zu majestätischen Fischerbooten in Form einer Galeone: Die Handwerker pflegen ein echtes Know-how, das nicht der Schönheit dient, sondern funktionell ist. © Nicolas Claris

Die Vereinigung möchte mittellosen Bevölkerungen mit nützlichen schwimmenden Lösungen, die ihren wirtschaftlichen, sozialen und klimatischen Bedingungen gerecht werden, helfen. Ein hochgestecktes Ziel, das vor allem mit der Gründung der Bootswerft TaraTari in Chittatong, Bangladesch, umgesetzt wird. Deren Aufgabe besteht darin, die Lokalbevölkerungen zu unterstützen, indem sie zum Beispiel im Rahmen des Projekts Gold of Bengal die Verwendung von Jute im Bootsbau fördert. „Dort gibt es überall Wasser, den Ozean, einen grossen Fluss und eine Vielzahl aussergewöhnlicher Boote“, sagt Marc Van Peteghem. „Holz ist teuer und selten geworden. Wir haben festgestellt, dass die Bewohner Boote aus Holz bauen, das sich nicht immer eignet, und versuchen ihnen zu helfen, eine andere Lösung zu finden. Dabei gehen wir aber vorsichtig und respektvoll vor und berücksichtigen die soziologischen, ökologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aspekte.“

Erste Schläge der Gold of Bengal, dem ersten ganz aus Jute hergestellten Segelboot. © Nicolas Claris

Jute, Material der Zukunft?

Jute und Bambus sind die Hauptmaterialien, mit denen Marc Van Peteghem, Yves Marre und das Team von TaraTari arbeiten. © Nicolas Claris

In Bangladesch arbeiten rund 40 Millionen Menschen mit Jute. Es gibt sogar ein Ministerium für Jute und Textilien! Corentin de Chatelperron hat den neuen Verbundstoff für Watever mit der Absicht untersucht, ihn auch im Bootsbau einzusetzen. Zu Testzwecken ist er auf einem zu 40 Prozent aus Jute bestehenden Boot  innerhalb von sechs Monaten von Bangladesch nach Frankreich gesegelt. Die Überfahrt war erfolgreich und führte zum Bau des ersten ganz aus Jutefasern bestehenden Prototyps Gold of Bengal, der im Februar eingewassert wurde. „Wir befinden uns erst im Versuchsstadium“, betont Marc Van Peteghem und fügt erklärend hinzu: „Wir müssen die technischen Grundlagen überarbeiten. Wenn es funktioniert, eröffnen sich diesem Industriezweig aber vielversprechende Entwicklungsperspektiven.“ Der Weg zur Hölle sei aber mit guten Vorsätzen gepflastert, warnt der Gründer von VPLP. „Wir müssen uns genau überlegen, was wir tun. Mit der Verwendung von Jute setzen wir auf Gusstechnik und es besteht die Gefahr, dass kleine Handwerker dadurch arbeitslos werden. Es muss deshalb darauf geachtet werden, dass der traditionelle Bootsbau erhalten bleibt. Die bengalischen Schiffszimmerer besitzen ein wunderbares Fachwissen, das am Leben bleiben muss.“ Dies gilt auch für das andere Projekt von Watever mit dem Namen Bambooship. „Die Forschung steckt noch in den Anfängen, wir haben mit dem Programm gerade erst begonnen“, sagt Marc Van Peteghem, „aber Bambus hat den Vorteil, dass er überall wächst. Wir möchten das Experiment deshalb auch in anderen Ländern wiederholen.“

© Nicolas Claris

Eine menschlich und technisch wertvolle Erfahrung

© Nicolas Claris

Watever hat seit seiner Gründung viel erreicht. Gold of Bengal hat die Feuerprobe im Scheinwerferlicht der Medien erfolgreich bestanden, TaraTari beschäftigt zehn Angestellte und stellt ihr technisches Fachwissen Bootsbauern zur Verfügung, die auch bei der Kommunikation und der Suche nach einer Finanzierung unterstützt werden, um Bangladesch in seiner technologischen Entwicklung zu begleiten. Das humanitäre Engagement trägt aber auch in der Schweiz Früchte. „Das erste, was einem beim Anblick ihrer Boote, wie beispielsweise den Mondbooten auffällt, ist ihre Schönheit“, erzählt Marc Van Peteghem, „doch eigentlich sind sie für einem bestimmten Zweck gemacht und nicht, um schön zu sein. Sie sind funktionell. Wir lernen viel, weil wir die Dinge von hinten anpacken, also umgekehrt vorgehen als normal. Auch menschlich können wir von den Bevölkerungen, für die Zukunft ein sehr vager Begriff ist, viel lernen. Es macht Spass, gemeinsam etwas zu erreichen.“ Eine Geschichte rund um Wasser, Menschen und Schiffe – wunderbar, majestätisch und so nötig!

Weitere Infos unter www.watever.org. In der Rubrik Erde auf Skippers.tv finden Sie zudem einen Film über die Tätigkeit von Watever in Bangladesch.

Die Fotos von Nicolas Claris können unter http://claris.fr/Watever/ erworben werden. Die Einnahmen aus dem Bilderverkauf fliessen in die Stiftung Watever.

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