Fotos : © Bertrand Duquenne
Ein strahlendweisser Sandstrand vor einem Saum aus Kokospalmen! Verloren in den Weiten des Indischen Ozeans erscheint vor unserem Katamaran eine ins Licht der pastellfarbenen Morgenröte getauchte Traum-insel. An Bord muss keiner lange gebeten werden, sich aus seinen Kissen und Decken zu schälen. Die Müdigkeit einer langen Nacht ist schnell verflogen und die schier endlosen Wachen unter unzähligen, vom Kreuz des Südens angeführten Sternen auf einem vollkommen verlassenen, spiegelglatten Meer geraten durch den Anblick sofort in Vergessenheit. Die aussergewöhnliche Schönheit dieser Gegend hat uns bereits in ihren Bann gezogen.
Die Amiranten! Ein Mythos, seit Generationen von Seemännern genährt, die sich von den Erzählungen der maritimen Literatur haben begeistern lassen. Eine weit abgelegene Inselgruppe und Zufluchtsort für Piraten, die zu Beginn des 17. Jahrhunderts massenweise aus der für ihren Geschmack zu stark überwachten Karibik hierher flüchteten. Eine Ansammlung flacher Koralleninseln, die mit Ausnahme der benachbarten Eilande Arros und Saint Joseph zu weit auseinander liegen, um gegenseitig einsehbar zu sein.
Desroches, das am wenigsten isolierte Eiland, liegt mehr als hundert Seemeilen von der gebirgigen Touristeninsel Mahé und ihrer Hauptstadt Victoria entfernt. Wir benötigen dreizehn Stunden, bis wir die Insel erreicht haben. Dreizehn Stunden Warten, Meditieren und Ungeduld, dreizehn Stunden, die im tiefsten Innern eines Reisenden ein unglaubliches Gefühl der Isolation auslösen können. Isolation – der Dreh- und Angelpunkt der Amiranten.
24 kleine, knapp aus dem Wasser ragende und auf über 86’000 Seemeilen (fast 160 Kilometer) verteilte Inseln, gesäumt von Korallenriffen, weissem Sand und Kokospalmen, warten auf unseren unstillbaren Entdeckungsdrang. Die grösste ist von einem 15 Kilometer langen Sandstrand umgeben. Die kleineren, vielleicht aber auch die schönsten, sind bloss winzige, in riesigen Lagunen verborgene Kuppeln von wenigen Metern Durchmesser, bestehend aus Sandhügeln und Muschelresten.
Ein Festmahl für Geniesser
Für unsere Odyssee steht uns der perfekte Begleiter zur Verfügung: die ausladende brandneue Moorings 474 PC Sea Wake, ein Motorkatamaran mit vier Doppel- und zwei Mannschaftskabinen. Unser Katamaran steht unter dem Kommando eines anerkannten Berufsskippers, denn nur mit Philippe, einem Seeoffizier der Handelsmarine, dürfen wir in den Amiranten kreuzen. Die Einrichtungen an Bord sorgen für hochklassigen Komfort.
André, der Küchenchef, kümmert sich um unser leibliches Wohl. Immer wieder überrascht er uns mit der Qualität seiner Kreationen à la Seychelloise und vor allem mit seiner subtilen Art, die fangfrischen Fische zuzubereiten. Makrelen, Thunfische, Golddoraden, Wahoos und sogar Schnapper brutzeln im Ofen, in der Pfanne oder auf dem Grill.
Jungfräuliches Segelrevier
Liebevoll umsorgt und satt können wir uns mit Schwung an die Erkundung der Amiranten machen. Egal, wo wir ankern, jede Insel überrascht uns durch ihre wilde Schönheit und vollkommene Einsamkeit, ihre Lagunen und unberührte Vegetation. Häufig ist bereits der Landgang ein Abenteuer. Wir tasten uns vorsichtig voran, um zwischen den Korallen einen Durchgang zu finden, kommen aber nur mühsam weiter. Immer wieder müssen wir das Dinghi durch ein Labyrinth von Wasserlöchern bugsieren und den an Land rollenden Wellen ausweichen, bis wir endlich einen Fuss auf einen von Menschen bisher unberührten Strand mit strahlend weissem Sand setzen können. In diesem Reich der Vögel und Schildkröten hat man das Gefühl, vollkommen allein auf der Welt zu sein.
Langeweile kommt bestimmt nicht auf. Den Wanderungen an Land folgen lange Tauchgänge, die jedes Mal etwas Unwirkliches haben. Weil sich Touristen nur sehr selten hierher verirren, sind die Unterwassertiere unglaublich zutraulich. Korallenriffe warten mit einer unglaublichen Formen- und Farbvielfalt auf und jeder Tauchgang hält Überraschungen bereit. Wasserballette, zu denen sich Scharen verschiedener Fische vereinigen, Riffbarsche, anhängliche Kaiserfisch-Pärchen, Stechrochen, Mantas, Suppenschildkröten, Barrakudas, Muränen und sogar Haie, die Herren des Indischen Ozeans, beehren uns mit ihrem Besuch.
Einige der Meeresbewohner sind harmlos, andere hingegen gefährlich. Da hier auch Haie ihr Unwesen treiben, müssen wir vorsichtig sein oder zumindest ein paar wichtige Regeln beachten, wenn wir in das Reich der ungebändigten Natur der Amiranten vordringen. Am helllichten Tag sind Haie normalerweise recht ungefährlich. Bei Sonnenauf- und vor allem bei Sonnenuntergang wird hingegen zur Jagd geblasen und man sollte das Wasser meiden. Bei den riesigen Exemplaren, die nachts beharrlich und knapp vor unserem im flachen Wasser dümpelnden Boot aufkreuzen, vergeht uns die Lust auf ein mitternächtliches Bad sowieso.
Inmitten dieser absoluten Einsamkeit wartet die Insel Desroches mit einer Überraschung auf: einem Fünfsterne-Hotel, Mitglied der Small Luxury Hotels of the World. Das am Strand zwischen Kokospalmen eingebettete Desroches Island Resort versteht sich als Hafen der Diskretion und des Friedens im Dienste seiner wohlhabenden Kundschaft. Es nennt eine private Landepiste sein eigen und empfängt in erster Linie inkognito reisende Staatsmänner und andere Berühmtheiten.
Das Leben im Schongang
Hier wird eine wunderbar angenehme Lebensart zelebriert. Unzählige Aufmerksamkeiten sind dazu bestimmt, den Aufenthalt erholsam zu machen. Bereits beim Check-in wird das Tempo vorgegeben und es ist selbstverständlich gemässigt. Inmitten erfrischender, mit einer exotischen Blüte geschmückter Kokosnussdrinks empfängt uns Haushofmeister Bernie mit seinem entwaffnenden Lächeln und typisch seychellischer Gelassenheit. Er erzählt von Desroches, diesem mitten im Indischen Ozean gelegenen Mikrokosmos mit seinen Naturschätzen und riesigen Landschildkröten und er macht seine Gäste auf das bemerkenswerte Umweltbewusstsein der Inselbewohner aufmerksam. Sämtliche Abfälle werden aus dem Wasser gefischt, Feuermachen und Fischen in der Lagune sind verboten, die Strände und 75 Prozent der Insel wurden unter Naturschutz gestellt. Ein guter und notwendiger Schritt, der in Zusammenarbeit mit der International Conservation Society (Internationale Naturschutzgesellschaft) unternommen wurde.
Nach dieser kurzen Einführung kann die Freizeit für den Rest des Aufenthalts nach eigenem Ermessen gestaltet werden. Zur Hauptsache besteht sie aus Dolce Farniente sowie aus Sonnen- und Meerwasserbädern, die durch Tauchgänge, Fischen auf offenem Meer, Tennispartien und Relaxen im Spa unter den Händen von erfahrenen balinesischen Experten unterbrochen werden.
Luxus extrem
Was wäre ein solches Paradies ohne Gaumenfreuden? Das Desroches Island Resort kann stolz auf seine göttliche Karte verweisen. Nach dem Sonnenuntergang bei einem Punsch mit Seychellen-Rum Takamaka kann sich der Gast an fein gewürztem Schweinefleisch auf indische Art, geräuchertem Marlin oder gegrilltem Tintenfisch ergötzen und passend zum jeweiligen Gericht einen Château Margaux Palmer, einen Pommerol 1996 oder einen Château La Conseillante geniessen. Und was schmeckt besser zum Nougat-Eis oder den pochierten Birnen als ein Chandon Brut Impérial oder ein Bollinger Spéciale Cuvée?
Falls für den Abend keine äquatoriale Störung erwartet wird, kann man sogar am Strand tafeln und das Mahl im Schein der Kerzen zu sich nehmen. Welch ein Genuss! Wer könnte da widerstehen!
Nach einer ruhigen Nacht in einem bequemen Bett aus Zedernholz gehen wir am Ende dieser Kreuzfahrt durch die Amiranten an Bord unserer treuen Sea Wake und nehmen Kurs auf Banc Africain und seine kleinen Eilande, die wie surrealistische Sandanhäufungen inmitten eines immensen Atolls wirken. Jetzt geht es nur noch darum, dieses unglaubliche Gefühl der Abgeschiedenheit inmitten des Indischen Ozeans bis zum Ende zu geniessen – ein unschätzbarer Luxus in unserer Welt der totalen Kommunikation.