40 Meter lang und 23 Meter breit: Die Spindrift 2 ist der grösste Hochseetrimaran der Welt. © Chris Schmid
Eigentlich ist es nichts Aussergewöhnliches, in der U-Boot-Basis in Lorient, dem Mekka für Offshore-Racing, auf prestigeträchtige Segelboote wie MOD70, Class 40 und Open 60’ zu treffen. Der Riese, der am Ende des Hafendamms thront, hat jedoch ein anderes Kaliber. Verglichen mit diesem Giganten wirken die anderen Boote wie Playmobilfiguren. Beim Anblick der Sprindrift 2, des von Dona Bertarelli und Yann Guichard erworbenen Maxi-Trimarans, vergisst man, wie man bei den anderen Booten ins Schwärmen geraten ist.
Um Erfahrung zu sammeln, steht Dona Bertarelli so oft wie möglich am Steuer der Spindrift 2. © Eloi Stichelbaut
Noch bevor man einen Fuss auf das 120-Fuss-Carbonmonster gesetzt hat, wird man von seiner Imposanz fast erdrückt. Die Spindrift 2 ist ein Boot der Superlative. Die Dockfender sind so gross wie mehrere aneinandergereihte Matratzen, die Trossen schwer wie Blei und die Textilschäkel sehen aus wie Hebebänder. Auch die Zustiegstreppe macht deutlich, wie gross das Gefährt tatsächlich ist.
Ein komfortables Schiff
Simone Gaeta, der Verantwortliche für das laufende Gut, zeigt mir das Boot. Nach einer kurzen technischen Präsentation steigen wir über den breiten, komfortablen Niedergang ins Innere. Unten an der Treppe befinden sich drei Schränke für das Ölzeug, einer pro Wache. Ein einfacher Kartentisch hinter der Treppe, zwei Bildschirme, ein Funkgerät, ein Satellitentelefon und einen Multimediabereich, viel mehr gibt es hier nicht. „Das Ganze ist ziemlich minimalistisch, es ist aber alles Nötige vorhanden“, erklärt Simone, während er die im Bugbereich untergebrachte Küche betritt. Der Raum überrascht, er unterscheidet sich stark von dem, was man von Offshore-Racern gewohnt ist. Eine Bank bietet genügend Platz für die Wachequipe. Ihr gegenüber stehen ein Gaskocher und 14 Kits, bestehend aus einem Glas, einem isothermischen Behälter, Besteck und einigen persönlichen Gegenständen. Jedes Crewmitglied hat eine eigene Nummer. „Einer von uns bereitet alle Mahlzeiten zu und füllt die Gamellen. Sie bleiben warm, sodass jeder zur passenden Zeit essen kann“, erklärt Simone.
Vorne befinden sich vier Kojen sowie Stauräume für die persönliche Habe der Crewmitglieder. Hinter dem Kartentisch schliesslich die beiden Liegen der Skipper. Ein verschliessbares Tuch ist der einzige Kompromiss, um ein Mindestmass an Intimität zu gewährleisten. Schliesslich ist eine Frau an Bord.
18 Knoten am Wind
Zurück an Deck werden die Leinen losgemacht. Drei Schlauchboote helfen bei dem schwierigen Ablegemanöver. „Wir haben den Motor ausgebaut, da wir auf Rekordjagd sind“, sagt Yann Guichard. „Die Männer wissen, was zu tun ist. Die Befehle werden über Funk erteilt, es herrscht eine fast verwirrende Stille. Dank des schwachen Windes ist das Manöver relativ einfach.“
Bei der Ausfahrt aus dem Hafenbecken von Lorient zeigt sich einmal mehr, wie gross der Trimaran ist. Der Kanal scheint viel zu schmal für das 23 Meter breite Boot. Nachdem es die letzten Seitenbojen hinter sich gelassen hat, wird das Grosssegel gehisst. Acht Personen bedienen die Winschen, eine weitere kurbelt. Yann Guichard übergibt das Steuer galant an Donna Bertarelli und begibt sich ebenfalls zu den Winschen. Die Skipper, die auch im echten Leben ein Paar sind, tauschen eine vertrauliche Geste aus.
Mit gesetztem Solent und Grossegel gleitet die Spindrift 2 mit 18 Knoten ruhig am Wind. Der wahre Wind beträgt rund 12 Knoten. Da die Bedingungen ruhig sind, wird die Genua nach einigen Wenden hochgezogen. Yann Guichard nutzt die Gelegenheit, um etwas über das weitere Programm zu erzählen. „Wir werden zunächst versuchen, den Rekord der Route de la Découverte zu brechen, wenn sich ein günstiges Wetterfenster auftut. Wir segeln direkt nach Miami, bevor wir das Boot zu zweit wieder zurückbringen. Ich möchte es zweihand testen, um herauszufinden, ob es möglich ist, es an der Route du Rhum solo zu steuern. Der Mast könnte um zwei Meter verkürzt werden und wir sind dabei, Autopiloten zu testen. Die Idee mag verrückt klingen, ist dank des ergonomischen Cockpits aber durchaus machbar.
Einfach bis 35 Knoten
Der Wind ist stark genug, um die Segel zu öffnen. „Man muss darauf achten, dass man mit den Schäkeln der Vorsegel nicht gegen den Mast schlägt“, erklärt der Skipper. Das Manöver scheint einfach, ist aber technisch sehr anspruchsvoll. Ein 120-Fuss-Maxi lässt sich nicht steuern wie ein kleines Boot. Bei 60 Grad wahrem Wind und gesetzter Genua lässt mich der Skipper ans Steuer, während wir bereits an den Glénans-Inseln vorbeisegeln. Spindrift 2 rauscht bei knapp 16 Knoten Wind mit 26 Knoten scheinbar mühelos durchs Wasser. Ich habe das Gefühl, eine Surprise zu steuern, so einfach lässt sich der Trimaran lenken. „Heiss wird es erst ab 35 Knoten“, bestätigt Yann Guichard.
Trotz der 23 Tonnen hebt die Spindrift 2 ihren Mittelrumpf schon bei 15 Knoten aus dem Wasser. © Eloi Stichelbaut
Halse, Gennaker, wir nehmen wieder Kurs auf Lorient. Dona Bertarelli steht weiter am Steuer, sie will möglichst viele Seemeilen sammeln, um sich ihre Sporen abzuverdienen. „Meinen Platz an Bord habe ich nicht auf sicher“, sagt sie. „Ich möchte mich einer Wachequipe anschliessen und zum Erfolg des Projekts beitragen. Unter dieser Voraussetzung will ich segeln.“
Nördlich von Groix luven wir an, um den Einfahrtskanal des Hafenbeckens von Lorient zu erwischen. Das Boot nimmt schnell Fahrt auf und hat die 30 Knoten schon bald überschritten. Der Mittelrumpf verschwindet im aufschäumenden Wasser. Gischt spritzt hoch. Wir bleiben im Trockenen, wie schnell wir unterwegs sind, spüren wir nur am scheinbaren Wind. Man könnte es mit Autofahren ohne Windschutzscheibe vergleichen.
Die starken Motorboote sind schon da, um uns in den Hafen zu ziehen. Wir haben in nur drei Stunden eine Strecke zurückgelegt, für die die meisten Fahrtensegler drei volle Tage brauchen.