Multiplast hat über 30 Jahre Erfahrung im Bau von Regattamehrrümpfern. Das Unternehmen schreckt auch vor hochkomplexen Projekten, wie der Verlängerungen des Trimarans Sodebo, der nach Abschluss der Arbeiten in Prince de Bretagne umbenannt wurde, nicht zurück. © Patrick Le Galloudec
Der Grund für die Verbindung der beiden Unternehmen ist in der Vergangenheit zu suchen. Auch wenn viele Schweizer Segelfans die Geschichte der Décision SA wahrscheinlich schon kennen, drängt sich an dieser Stelle doch ein kleiner Rückblick auf. Die Werft wurde 1984 von Pierre Fehlmann für den Bau der UBS Switzerland gegründet. Die Maxi-Jacht erlangte weltweite Berühmtheit, als sie 1985 die Ziellinie am Whitbread als souveräne Siegerin passierte. 1988 siedelte Décision an die Rue des Charpentiers in Morges um, wo neben den erfolgreichen Merit, Merit Cup und La Poste auch einige beeindruckende F40 wie die Happycalopse gebaut wurden.
Bertrand Cardis, Direktor von Décision und Verkaufsleiter von Carbonman (LINKS) MIT DOMINIQUE DUBOIS, DEM CEO DER NEUEN Holding © zVg
Ernesto Bertarellis Einstieg in den America’s Cup läutete eine neue Ära ein. Der Geschäftsmann investierte in die Firma, die sich in Corsier-sur-Vevey, direkt neben der Serono-Fabrik, niederliess. Fehlmann zog sich zurück und überliess die Werft seinen Mitarbeitern Jean-Marie Fragnière und Claude-Alain Jacot. Die beiden übernahmen gemeinsam mit Bertrand Cardis dessen Portfolio. Vier Class America und die Schwimmer der Alinghi V wurden in diesen verrückten Jahren bei Décision vom Stapel gelassen.
Der gelernte Schiffsdesigner Yann Penfornis behält die Direktion von Multiplast, wo er seit 2009 tätig ist. © zVg
Nach dem Verkauf von Serono durch Bertarelli zog die Werft ein weiteres Mal um und konnte in Eclubens bei Lausanne erstmals auf ihre Tätigkeiten zugeschnittene Lokale bauen. Die Produktionsstätte hat eine Fläche von 2600 m2, umfasst zwei Haupthallen, eine Schreinerwerkstatt, eine mechanische Werkstatt, einen Reinraum für die Herstellung von Kompositteilen, einen Ofen sowie ein Planungsbüro, in dem die Projekte ganzheitlich bearbeitet werden können.
Ähnliches Schema an der Atlantikküste
Multiplast wurde 1981 von Gilles Ollier in Carquefous (Loire Atlantique) aus der Taufe gehoben. Er hatte sich das verwegene Ziel gesetzt, einen selbst entworfenen Mehrrümpfer in Polyester-Sandwich-Bauweise herzustellen. Da niemand die Herausforderung annehmen wollte, gründete Ollier kurzerhand seine eigene Werft und baute dort den leichten 15-Meter-Katamaran Jet Service 1. Mit den Jahren mauserte sich Multiplast zum führenden Hersteller von grossen Hightech-Hochseebooten. 1984 verlegte die Werft ihren Sitz nach Vannes im französischen Departement Morbihan, wo sie noch heute ansässig ist. Sie war am Bau der wichtigsten heute segelnden Regattamehrrümpfer, Maxis und ORMA-Boote beteiligt. Ausserdem haben ihr die französischen America’s Cup Challenger Ville de Paris und Areva die Produktion ihrer ACC anvertraut.
„Multiplast konzentriert sich wegen des einfacheren Transports vor allem auf den Bau von Rümpfen“, hält Bertrand Cardis fest. Der Schwerpunkt wird auf strukturelle und industrielle Teile gelegt. © zVg
Mit der 1999 errichteten Südhalle und der Westhalle aus dem Jahr 2003 nimmt das Gelände von Multiplast 4500 m2 ein. 2009 übergab Gilles Ollier die Werft Dominique Dubois. Der Industrielle verhalf dem Unternehmen zu einer neuen Dimension. Unter der Generaldirektion von Yann Penfornis produziert Multiplast heute als Zulieferer Teile für die Luftfahrtgesellschaften Airbus und Thales.
Erstes gemeinsames Projekt: die MOD70
Der Rest ist bekannter. Die beiden Werften sind beide am Bau der MOD70 beteiligt, die eine ist für den Rumpf, die andere für die Querverstrebungen zuständig. Bertrand Cardis und Dominique Dubois verbindet mittlerweile nicht nur eine Geschäftsbeziehung, sie haben sich angefreundet. Und aus dieser Freundschaft ist wahrscheinlich auch die Idee zu ihrem Bündnis entstanden. Ihre gemeinsame Arbeit an sieben VOR65 hat die beiden Kompositspezialisten bestimmt noch mehr zusammengeschweisst.
Die Decks der sieben VOR65 stammen aus den Ateliers in Vannes. © zVg
Im Laufe der Jahre zeichnete sich allmählich eine neue Form der Zusammenarbeit ab. Sie wurde am 20. Dezember 2013 mit der Holding Carboman konkretisiert. Dominique Dubois ist Verwaltungsratspräsident und hält mit 50 Prozent den Mehrheitsanteil. Den Rest teilen sich Ernesto Bertarelli (45%) und Betrand Cardis (5%). „Mit diesem Bündnis können wir einen Gang höher schalten. Das ist für die Zukunft unser beiden Werften lebenswichtig“, erklärte der CEO. Die Segelbranche durchlebt gerade keine goldenen Zeiten und es scheint nichts an der Industrie vorbeizuführen, wenn sie sich in ihren Kompetenzbereichen weiterentwickeln will. Diese Überlegung veranlasste Carboman auch, Mitte März erstmals an den „Journées Européennes des Composites“ in Paris teilzunehmen, um dort Mandate zu ergattern.
Décision SA ist ein hochwertiger Partner der Carbonman-Gruppe, nicht zuletzt aufgrund seiner Produktionsfläche von 1600 m2 und der Nähe zur ETH Lausanne. © zVg
Verwaltungssitz der Firma ist „aus Gründen des Hightech-Images“ Ecublens im Kanton Waadt. Laut Dominique Dubois wird Frankreich zu stark als Land der Streiks und der Steuern wahrgenommen, was bei internationalen Ausschreibungen ein Nachteil sein kann.
Obwohl Caroman versucht neue Märkte zu erschliessen, bleibt der Wassersport das Kerngeschäft der Gruppe, denn sie existiert vor allem dank der Leidenschaft der beiden Urheber.