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Grenada und die Grenadinen

von Quentin Mayerat

Vor Anker nahe der kleinen Insel Petit Bateau, mitten in der schönsten Lagune der Antillen © Jacques Anglès

Das glasklare Wasser um unseren Sunsail-384-Katamaran leuchtet in allen nur erdenklichen Blau- und Grüntönen. Wir sind gerade vor Sandy Island vor Anker gegangen. An Backbord breitet die traumhafte Koralleninsel unter Kokospalmen ihren langen, weissen Sandstrand aus. Auf der anderen Seite zeichnen sich die grünen Hügel von Carriacou sanft vom tropischen Himmel ab. Die gesamte Crew springt mit sichtbarem Vergnügen ins 26 °C warme Wasser, bevor sie das Beiboot startbereit macht, mit dem wir das kleine Eiland aus der Nähe erkunden wollen. Wir fühlen uns wie im Paradies. Glückselig geniessen wir die senkrecht herabscheinende Sonne, das leichte Brennen des heissen Korallensands unter den Fusssohlen, die in glitzernden Blasen zerplatzenden Wellen, den zarten Hauch des Passats und den Anblick der Pelikane auf den Felsen. Wie weit weg das alte Europa doch scheint!

Dabei sind wir erst vor zwei Tagen in St. George’s angekommen. Nach einem 15-stündigen Flug ab Paris sind wir bei Einbruch der Dunkelheit in der grenadischen Hauptstadt gelandet. Kaum hatten wir einen Fuss auf festen Boden gesetzt, schwappte uns die tropische Schwüle entgegen. In der mit viel Grün und bunten Blumen umsäumten Marina feierten wir unsere Ankunft im Victory Bar & Restaurant mit einem kreolischen Punsch und einem herrlich duftenden heimischen Essen. Am nächsten Tag kümmerten wir uns um die Bevorratung und wohnten den traditionellen Briefings bei, während sich die freundliche Managerin der Sunsail-Basis um die Hafenformalitäten kümmerte. Am Nachmittag segelten wir bereits vollbetucht bei einem leichten Wind der üppigen Tropenküste entlang und konnten uns dabei mit dem Katamaran anfreunden. Die Beausejour Bay schien uns aufgrund ihres vielsagenden Namens (beauséjour ist Französisch für „schöner Aufenthalt“) ideal für eine erste Übernachtung. Wenig später sank der Anker im vier Meter tiefen Wasser vor einem langen, von grünen Bergen begrenzten Strand auf den Grund. Am Strand holten Fischer unter den interessierten Blicken der schwarzköpfigen Aztekenmöwen ein langes Netz ein. Es herrschte eine wohltuende Stille und im kristallklaren Wasser glitzerten unzählige Fische.

Unser Törn hat also unter den besten Vorzeichen begonnen. Jetzt befinden wir uns kurz vor Carriacou und merken bald, dass wir auf Grenada nicht aus dem Staunen herauskommen. Jede Insel überwältigt uns aufs Neue. Angeschoben von einem regelmässigen Passatwind segeln wir unserem ersten Ziel entgegen.

Die Tobago Cays: smaragdgrünes Wasser zwischen zwei wilden Inseln © Jacques Anglès

Altüberlieferte Schiffsbaukunst

Carriacou heisst zwar übersetzt „Insel der Riffe“, verfügt aber über mehrere smaragdfarbene Ankerplätze wie Sandy Island und über genügend geschützte Buchten. Tyrell Bay zählt sogar zu den besten Häfen der Antillen. Carriacou hat allerdings viel mehr zu bieten als nur schöne Liegeplätze. Die Insel vereinnahmt ihre Besucher durch die Gastfreundschaft, das afrikanisch und christlich geprägte Brauchtum, seine Calypso- und Big-Drum-Orchester und seine über das ganze Jahr verteilten Feste. Am Karneval, den „Dinghy Concerts“, dem Maroon and String Band Festival, der Carriacou Regatta und den vielen Dorffesten werden musikalische und kulinarische Freuden munter gemischt. Stolz ist die Insel auch auf ihre Schiffsbaukunst. Sie geht auf schottische Zimmermänner zurück, die sich Anfang des 19. Jahrhunderts hier niedergelassen haben. Die grenadischen Schoner genossen in den Antillen einen hervorragenden Ruf und noch heute werden Sloops und Fischerboote mit der Axt am Ufer von Windward gebaut. Am einfachsten gelangt man mit den zahlreichen und günstigen Minibussen dorthin. Von den Anhöhen hat man einen herrlichen Blick auf die Grenadinen und kann sich ein Bild über die Route der kommenden Tage machen: Union mit ihren spitzen Felsen, Mayreau und die Lagunen von Tobago Cays, Petit St. Vincent inmitten von tiefblauem Wasser und Petite Martinique mit ihrem unverkennbaren Vulkankegel.

Einsamer Strand auf St. Vincent. Der Rest dieser Hotelinsel ist privat. © Jacques Anglès

Ein Vorzimmer zum Paradies

Als erstes geht es nach Union. Die Insel liegt unweit von Carriacou, gehört aber zum Staat St. Vincent, weshalb in Clifton Harbour Halt gemacht und die Einreiseformalitäten erledigt werden müssen. Unser Zwischenstopp ist zwar obligatorisch, aber die Mühe mehr als wert. Die von einem Korallenriff geschützte Clifton-Lagune ist kristallklar und sicher dazu. Als Alternative bietet sich der Steg des Anchorage Yacht Clubs mit seinen zehn, mit Wasser- und Stromanschluss ausgestatteten Bootsplätzen an. Das schmucke Dorf leuchtet fröhlich in Rastafarben, überrascht mit einem hübschen Markt, mehreren Shops und zwei Supermärkten. Ausserdem laden hier die besten Restaurants und Bars der Grenadinen zum Verweilen ein. Ein absolutes Muss ist ein Aperitif bei Sonnenuntergang auf Happy Island. Janti Ramage hat das exotische Lokal, das Bar, Restaurant und Haus in einem ist, mitten auf dem Riff auf einem Fundament aus Muschelschalen selbst gebaut. Da das Wasser hier sehr flach ist, kann man Happy Island nur mit dem Beiboot erreichen. Falls Sie bei Vollmond vor Ort sind, machen Sie sich auf eine wilde Full Moon Party am Nachbarstrand gefasst. Wir aber verbringen eine ruhige Nacht vor Anker und brechen am nächsten Morgen in aller Früh nach Salt Whistle Bay auf Mayreau auf. Wir wollen früh genug vor Ort sein, denn die Bucht ist meist gut besucht. Unser Plan geht auf. Um diese Uhrzeit lichten die Boote ihren Anker und hinterlassen uns einen fürstlichen Platz unweit des schönsten Strandes der Antillen, auf dem sich Kokospalmen zum türkisblauen Wasser neigen. Black Boy, der Star dieses paradiesischen Fleckens Erde, begrüsst uns freundlich und nutzt die Gelegenheit, uns das Barbecue-Menü seines kleinen „Beach Bar & Restaurant“ ans Herz zu legen. Die grün-gelb-rote Hütte thront unübersehbar auf dem Sand. Auf dem Menü stehen Langusten, der Fisch des Tages oder gegrilltes Hähnchen. Fisch klingt gut. Wir kommen ins Geschäft. Es schmeckt herrlich, aber unser Gastgeber, etwas vernebelt durch die Rumdämpfe rund um die Bar, vergisst die flambierten Bananen und den vereinbarten Preis. Wir klären das Problem gütlich. Von einer solchen Lappalie lassen wir uns den Aufenthalt in diesem Garten Eden nicht vermiesen, geniessen das Nichtstun im warmen Sand, baden im glasklaren Wasser und schnorcheln in der nahen Umgebung. Schliesslich spazieren wir bis zum dem hinter einem nahen Hügel gelegenen „Hauptort“, wenn man ihn denn so bezeichnen kann. Er besteht aus einer einzigen, mit kleinen Häusern gesäumten Strasse, auf der Kinder, Ziegen und Hühner herumhüpfen. Wer auf dem Rückweg eine Erfrischung braucht, kann in der Bar des First Stop Supermarket Halt machen und dabei den Blick über die goldgelbe Saline-Bucht streifen lassen.

Bunter Markt auf Union mit verlockenden Früchte- und Gemüseauslagen © Jacques Anglès

Ein Koffer voller Erinnerungen

Die nächste Etappe führt uns zu den berühmten Tobago Cays, einer Handvoll Inseln, die von einem wohlwollenden Gott in die Lagune gestreut wurden. Mit der Hilfe von Hethlon, den wir in Mayreau kennengelernt haben, finden wir einen Ankerplatz ganz in der Nähe des Strandes von Petit Bateau, an dem er seine Imbiss-Hütte eingerichtet hat. Wir verabreden uns für ein Langusten-Barbecue, bevor wir uns aufmachen, das Korallenriff und die „Schildkrötenwiese“ rund um Baradel zu erforschen. Wir haben kein Glück, sie machen sich rar an diesem Tag. Oft bekommt man hier aber mehrere gleichzeitig zu Gesicht. Wir trösten uns an Land mit einem Spaziergang über einen Trampelpfad, an dem sich prähistorisch anmutende Leguane an der Sonne wärmen. Auf dem höchsten Punkt von Petit Bateau eröffnet sich uns ein grandioser Panoramablick auf die Lagune, die alle Grün- und Blautöne dieser Erde vor uns ausbreitet. Am Abend verköstigen uns Hethlon und sein kleines Team mit einer üppigen Mahlzeit aus gegrillten Langusten, kreolischer Sauce und frittiertem Gemüse.

Carénage, ein alter, farbenfroher Hafen vor der Hauptstadt von Grenada © Jacques Anglès

Wir müssen uns bereits wieder auf die Rückreise machen. Nach einem kurzen Halt in Union, wo wir die Formalitäten erledigen, segeln wir weiter nach Petit St. Vincent und Petite Martinique. Die beiden Inseln liegen sehr nahe beieinander, könnten aber nicht unterschiedlicher sein. Die erste ist eine St. Vincent angegliederte Luxushotel-Insel, die zweite, im Besitz von Grenada, ein Land der Fischer und Schiffsbauer, die hier noch immer die für die Insel typischen Holzboote herstellen. Wir ankern zwischen beiden auf sandigem Boden. In der Hotelbar spielt eine Steel Band, der wir bei einem Drink bei Sonnenuntergang lauschen. Direkt gegenüber strahlt Petite Martinique den Charme eines Fleckens Erde am Ende der Welt aus. Die Insel mit dem Schild „Welcome to Petite Martinique“, der mit lokalen Motiven bunt geschmückten Schule, dem Gospelchor, dessen Klänge bis zu unserem Liegeplatz dringen, und der Kneipe, in der sich die Männer zum täglichen Schwatz treffen, gräbt sich tief in unsere Erinnerung ein.

Die Mangrove von Tyrell Bay ist von Carriacou aus problemlos mit dem Beiboot erreichbar. © Jacques Anglès

Angeschoben vom Passat kehren wir nach Carriacou zurück. Die idyllische Bucht La Roche und der schattige Strand laden zum Baden ein, bevor es weiter nach Tyrell Bay (obligatorischer Stopp für die Formalitäten) geht, wo uns am Strand ein feuriges „Dinghy Concert“ willkommen heisst.

Salt Whistle Bay auf Mayreau, einer der schönsten Ankerplätze der Antillen © Jacques Anglès

Bis zu unserem letzten „Overnight“-Ankerplatz vor Grenada sind es rund dreissig Seemeilen. Danach heisst es zurückfahren zur Sunsail-Basis. Wir entscheiden uns für Molinière Point, ein Naturschutzgebiet, in dem man tropische Fische dabei beobachten kann, wie sie zwischen den erstaunlichen Unterwasserstatuen von Jason deCaires Taylor hin- und herflitzen.

Frau mit Wurfnetz in Carriacou bei Sonnenuntergang © Jacques Anglès

Unser Törn ist zu Ende, aber wir hängen noch zwei Tage in Grenada an, um wenigsten einen Teil dieses spannenden Landes kennenzulernen. In der kleinen Hauptstadt St. Georges sind die Strassen voller Leben und die viktorianischen Häuser zeugen noch immer von der britischen Kolonialzeit. Besonders angetan haben es uns der turbulente Zentralmarkt und der Hafen Carénage, wo die Fischerboote und die verbeulten Küstenschiffe anlegen. Ein Geheimtipp ist das Nutmeg Restaurant. Seine Küche ist ein Fest für die Sinne und die Aussicht auf den Hafen und die Stadt einmalig. Grenada, auch als Gewürzinsel bekannt, ist ein wichtiger Muskatnuss- und Kakaoproduzent. Bei einem Besuch der Muskatnuss-Genossenschaft Gouyave an der Westküste erfährt man alles Wissenswerte über dieses Gewürz. Danach bringt ein Bad im natürlichen Spa der Concord-Wasserfälle etwas Abkühlung. Im Osten lohnt sich eine Exkursion zur Kakaoplantage und zur Schokoladenfabrik Belmont Estate. Bereits der Weg quer über die Insel ist spektakulär und der Besuch äusserst informativ. Lauter unvergessliche Bilder, die dafür sorgen, dass man Grenada in einzigartiger Erinnerung behält!

Pause für die Ranger des Tobago-Naturparks © Jacques Anglès

Pitter Yachtcharter Schweiz: www.sailpro.ch, 062 776 27 23

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