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Glaus hält die Ticinesi auf Distanz

von Quentin Mayerat

Ein ausgeglichenes Niveau, enge Felder und spannende Positionskämpfe prägten die Meisterschaft. © Walter Rudin/CVLL

Die Beteiligung an der Surprise-Schweizermeisterschaft 2015 war so hoch wie schon Jahre nicht mehr. Trotzdem äusserte sich Peter Schmidle, Regattaleiter des austragenden Circolo Velico Lago di Lugano, unzufrieden: „Bei Meldeschluss zählten wir gerade mal 15 Boote und das ist doch ein Armutszeugnis für eine Klasse mit gegen 660 eingeschriebenen Booten. Wir konnten mit sehr viel Aufwand noch einige Crews mobilisieren, aber die lange Ungewissheit über die wirkliche Anzahl Segler erschwerte die Organisation schon sehr.“

Team Teo Jakob segelt seit Jahrzehnten in derselben Zusammensetzung und holte sich den 6. Titel. © Walter Rudin/CVLL

Schmidles Anstrengungen hatten gefruchtet: Zum Auftakt der Meisterschaft am Auffahrtstag starteten 28 Jachten auf dem Luganersee, darunter sechs Tessiner Boote. Diese legten gleich richtig los und nutzten bei ausgezeichneten Bedingungen den Heimvorteil. Andrea Colombo, Präsident des CV Lago di Lugano, zeigte mit seinem Sieg im ersten Lauf, dass die Ticinesi sogar im Kampf um den Meistertitel mitreden wollten. Nach drei Läufen war es dann aber sein Sohn, der mit der Youngster-Crew Doninelli/Baranzini/Colombo/Orsati das Klassement am Abend des ersten Tages anführte. Dieses Team hatte erst vor einem Jahr auf der Surprise zu segeln begonnen und überraschte mit seinem Auftritt die alten Surprise-Dominatoren. Beim CVLL stellte man mit grosser Zufriedenheit fest, dass sich die professionellen Trainereinflüsse bemerkbar machen und die jungen Segler eine derart gute Ausbildung geniessen, dass sie jedes Boot gut segeln können.

© Walter Rudin/CVLL

Glaus mit Konstanz zum Sieg

Bereits fünf Punkte lag Titelverteidiger und Altmeister Michel Glaus mit seinem Team Teo Jakob von der Société Nautique Genève zurück. Das schien ihn aber nicht weiter zu beeindrucken. Nach einem regenbedingten Ruhetag meinte er: „Ich gebe noch lange nicht auf. Wir kämpfen bis zur letzten Regatta, aber wenn es nicht zum Sieg reicht, ist es auch nicht schlimm. Unser Team hat ja schon fünf Titel in der Tasche und wir setzen uns jeweils nur noch zwei Ziele: Wir wollen eine Wettfahrt gewinnen, um zu zeigen, dass wir bei den Top-Leuten sind, und wir wollen einen Podestplatz erreichen.“ Und mit einem spitzbübischen Lächeln fügte er an: „Die jungen Ticinesi haben gestern eh zuviel gefeiert, die sind heute nicht mehr fit.“

Peter Shmidle, du Circolo Veligo de Lugano © Walter Rudin/CVLL

Ob dem so war, sei dahingestellt, jedenfalls hatten die jungen Tessiner am Samstag ihr Pulver schnell verschossen. Nachdem das Team Giangi im ersten abgebrochenen Lauf noch in Führung gelegen hatte, patzte es bei den folgenden Wettfahrten, produzierte sogar einen Frühstart und fiel weit zurück. Glaus dagegen segelte solide in den Spitzenrängen und konnte nach drei weiteren Läufen die Führung übernehmen. Die behauptete er auch am Sonntag, obwohl das Tessiner Boot Olympic noch mächtig aufdrehte. Fünf Punkte Vorsprung blieben Team Teo Jakob mit Glaus/Ganz/Monnard/Wyler übrig, um ihrem Palmarès einen weiteren Titel hinzuzufügen. Und die Tessiner freuten sich über vier Top-Ten-Platzierungen des Heimclubs.

Das Tessiner Team Olympic um Skipper Gaston Farolfi schaffte es auf den 2. Podestplatz. © Walter Rudin/CVLL

Das Genfer Centre d‘Entraînement hatte dieses Jahr wieder alle drei Surprise-Jachten an die SM geschickt. Der Kurs des neuen Sportdirektors, der die Spitze wieder breiter fördern möchte, scheint sich bemerkbar zu machen. Nicolas Groux und seinem Team auf Signaterre-CER 1 reichte es nach mässigem Start doch noch auf das Podest. Für ihn wohl eher eine Enttäuschung, hatte er doch den Primo Cup in Monaco zum Saisonauftakt gewonnen.

© Walter Rudin/CVLL

Protest geht an die Berufungskommission

An der Rangverkündigung konnte dann aber nur die Goldmedaille vergeben werden. Ein abgewiesener Protest wegen unerlaubten Crewwechsels gegen das zweitplatzierte Team Olympic führte dazu, dass ein Rekurs an die Berufungskommission von Swiss Sailing eingereicht wurde. „Wir kommen immer gerne ins Tessin zu einer Meisterschaft“, sagte Frank Reinhardt, der neue Surprise-Klassenpräsident. „Es gibt tolle Events, man erlebt eine schöne Gastfreundschaft und das Revier bietet neben viel landschaftlicher Schönheit auch meist thermischen Wind. Aber es gibt Regeln, die müssen von allen eingehalten werden, das muss besonders bei einer Schweizermeisterschaft akzeptiert werden.“ Dabei hat der Klassenpräsident eigentlich ganz andere Sorgen. Archambault, der Hersteller der Surprise-Jachten, ist Konkurs gegangen und die Konkursmasse wird jetzt verscherbelt. „Es müssten etwa sieben Boote in die Schweiz ausgeliefert werden, die jetzt nicht kommen, aber das Todesurteil der Klasse ist dies noch lange nicht“, meinte Reinhardt zur ungewissen Zukunft. „Die Konkurrenz zwischen den Bootsklassen wird zwar immer grösser und in der Deutschschweiz ist die Surprise nicht mehr stark verbreitet. An der Bol d’Or auf dem Genfersee segeln aber immer noch 100 Surprise mit. Welche Klasse sonst kann ein solches Teilnehmerfeld bieten?“

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