Skippers

🏛 » Nils Palmieri Segler und Vollblutregatteur

Nils Palmieri Segler und Vollblutregatteur

von Quentin Mayerat

Die Transat Jacques Vabre, die er gemeinsam mit dem Franzosen Bertrand Delesne gesegelt ist, war Nils Palmieris erste Transatlantikregatta. Wir haben ihn am Tag vor dem Start in Le Havre getroffen. Porträt eines jungen Regattaseglers, der weiss, was er will. 

Geschäftig hantiert Nils Palmieri im Hafen von Le Havre in seiner Class40. Er nutzt die wenigen noch verbleibenden Stunden an Land, um letzte Vorbereitungen zu treffen. Unrasiert und mit zerzauster Frisur hält sich der zurückhaltende 28-Jährige abseits der Menschenmengen und konzentriert sich aufs Wesentliche. Ausserhalb der Seglergemeinschaft kennt man Nils kaum, obwohl er in den letzten 15 Jahren an zahlreichen Regatten teilgenommen hat. Das liegt wohl daran, dass der Betriebswissenschaftler aus Vevey dem Sein mehr Bedeutung beimisst als dem Schein. Medienrummel geht er aus dem Weg. Für ihn zählen Taten, Augenwischerei ist nicht sein Ding. Dieser Haltung verdankt er es wohl auch, dass er seine Karriere stets auf höchstem Niveau vorantreiben konnte. Im Lauf der Zeit und mit viel Arbeit ist er sogar zu einem der angesehensten Schweizer Regattasegler geworden. „Dass ich heute hier stehe, ist kein Zufall“, erklärt er, ohne die geringste Spur von Selbstgefälligkeit. „Ich habe in den letzten Jahren auf allen möglichen Bootstypen viel Erfahrung gesammelt. Die Transat Jacques Vabre ist eine logische Fortsetzung. Dahinter stecken aber viele Chancen, die ich wahrnehmen konnte und die mich bis hierhin gebracht haben.“

Klassische Anfänge 

Nils Palmieri ist ein vollendeter Sportler. Als Junior war er ein erfolgreicher Triathlet, daneben absolvierte er die klassische Segelkarriere. Er nahm an Clubregatten teil, wurde ins Nationalkader aufgenommen und feierte bei den Optimisten internationale Erfolge. Einen Schweizermeistertitel und eine WM-Teilnahme später wechselte er als 16-Jähriger zu den 470ern. „Das war echt hart. Ich bin direkt vom Optimist auf den 470er umgestiegen, wo lauter Profisegler mitmischen. Inzwischen weiss ich, dass ich den 420er nicht hätte überspringen sollen.“ Wenn er heute etwas ändern würde, dann seine verpasste Olympiachance, meint er rückblickend. „Ich bin nur drei Jahre auf dem 470er gesegelt. Ein gutes olympisches Resultat hätte mir Türen geöffnet, ich hätte schneller als Steuermann oder Taktiker einen Job gefunden. Stattdessen musste ich als Crewmitglied meine Sporen abverdienen, stundenlang im Netz oder an der Reling leiden und mein Können erst beweisen. Der Gewinn der M2-Meisterschaft ist so etwas wie eine Revanche, auch wenn Revanche vielleicht das falsche Wort ist. Ich habe allen gezeigt, dass ich ein guter Steuermann bin.“

skippers.ch Nils Palmieri Transat Jacques Vabre

© Christophe Breschi

Hauptsache, es schwimmt und hat Segel 

Nach einer dreijährigen Auszeit vom Segeln nahm er den Sport kurz nach seinem 20. Geburtstag wieder auf. Mit dem Genfer CER (Centre d’Entraînement à la Régate) bestritt er viermal die Tour de France à la Voile. Bei der Erinnerung an seine Zeit beim CER gerät er ins Schwärmen: „Das CER ist eine unglaubliche Einrichtung. Keine andere Talentschmiede war je so erfolgreich wie das CER! Segler aus der ganzen Westschweiz versuchen ihr Glück beim CER, in der Hoffnung, an der Tour teilzunehmen. Vielleicht ändert sich das jetzt, da diese aufgrund des Formatwechsels nicht mehr auf dem Programm des CER steht.“ Als Alternative zum CER sieht Nils die Mini-Klasse. „Sie bietet sich als Einstieg in die Hochseeregatten an“, ist er überzeugt. „Trotzdem ist und bleibt das CER aber eine Referenz.“ Parallel zu seinen Einsätzen auf Surprise, Farr 30 und M34 segelte Nils auf der D35 Zebra VII. Mit dem anschliessenden Wechsel zu Realteam erhielt er Zugang zu den Extreme 40. „Wer Erfolg haben will, muss möglichst viel und auf den unterschiedlichsten Bootstypen segeln, das bekommt man als Nachwuchssegler immer wieder zu hören. Nur so kann man Erfahrungen sammeln und verhindern, dass einem das Segeln verleidet“, erklärt er seine Umtriebigkeit. Selbstkritisch fügt er hinzu: „Ich war manchmal etwas voreilig und wollte wichtige Schritte überspringen, aber das bringt absolut nichts. Man sollte über jede Erfahrung froh sein. Auf der Farr 40 und der M34 habe ich gelernt, was Ausdauer ist, die D35 war technisch sehr lehrreich und auf der Extreme 40 habe ich meine Zweikampf-Taktik verbessert und bin raffinierter geworden. Man muss ein ausgekochter Fuchs sein, wenn man in dieser Klasse bestehen will. Bei den M2 habe ich mir ebenfalls wertvolle Kenntnisse angeeignet. Alles, was ich mache, ergänzt sich irgendwie.“

Wie er es geschafft hat, bei all dem auch noch Hochseeregatten zu bestreiten, bleibt ein Rätsel. Der Draufgänger scheint offenbar nicht genug zu bekommen. Zusammen mit Nicolas Groux, Simon Koster oder Simon Brunisholz nahm er an mehreren Zweihandregatten der Mini 6.50 teil. „Simon Koster und ich haben das UK Fastnet gewonnen. Es war unglaublich hart“, erinnert sich Nils. Etwas Gutes hatten die widrigen Bedingungen aber: Der Romand merkte, dass er nicht seekrank wird. Für eine Karriere als Segler ein Segen!

Was kommt nach der Jacques Vabre? 

Sein Status als Neuling an der Jacques Vabre kümmert ihn nicht, für viele andere Teilnehmer sei diese Jacques Vabre schliesslich ebenfalls die erste. Auch die gefährliche Biskaya mache ihm keine Sorgen. „Natürlich bin aufgeregt, aber das gehört dazu. Nur so kann man auch Leistung bringen. Man sollte schon auf seinen Bauch hören. Wenn man nichts mehr fühlt, wird es gefährlich.“

Was er nach der Klassikerregatta macht, weiss Nils Palmieri noch nicht. Eine Zukunft als Profisegler scheint aber so gut wie sicher. „Ich arbeite auf das Jahr verteilt noch rund 25 Prozent als Betriebswirtschaftler, aber ich möchte in absehbarer Zeit vom Segelsport leben können. Dazu muss ich mich zwischen der Hochseeseglerei und dem reinen Regattasport entscheiden.“ Nils Palmieri weiss, dass er sich glücklich schätzen kann, überhaupt eine solche Wahl zu haben und weist die junge Generation gerne darauf hin, dass dies nur in der Schweiz möglich ist. „Ich glaube, dass die D35 jungen Seglern unheimlich viel gebracht haben. Sie haben viel zur Professionalisierung des Segelsports in der Genferseeregion beigetragen. Es gibt aber immer noch viele talentierte Segler, die sich mit Haut und Haaren dem Segelsport verschreiben, ohne auch nur einen Franken zu sehen. Ich denke da zum Beispiel an die Olympiasegler. Sie müssen sich aufopfern und oft springt dabei nicht einmal etwas heraus. Das sollte man nicht vergessen. Wir müssen bescheiden bleiben und unsere privilegierte Situation in der Westschweiz schätzen.“

Dans la meme categorie