Skippers

🏛 » Team Tilt gewinnt nach Hitchock-Final

Team Tilt gewinnt nach Hitchock-Final

von Quentin Mayerat

Bombastisch! Sogar die besten Drehbuchautoren aus Hollywood hätten sich kein besseres Final ausdenken können. Nach dem fulminanten Saisonstart schien dem jungen Sébastien Schneiter und seinem Team Tilt die Hauptrolle schon so gut wie sicher zu sein. Im Anschluss an die Sommerpause machte Alinghi um Ernesto Bertarelli aber nochmals Dampf. So einfach wollte man es den Youngstern dann doch nicht machen.

Erfahrung gegen jugendliches Ungestüm? Eine solch grobe Vereinfachung würde der Realität dann doch nicht gerecht. Das junge Team um Tanguy Cariou trainiert nämlich unglaublich hart und auf den unterschiedlichsten Bootstypen. Und auch das mit fünf Gesamtsiegen erfolgreichste Team der Tour lässt sich nicht auf einen Haufen erfahrener Männer reduzieren. Alinghi ist weit mehr als nur die Summe ihres Könnens. Die Erfolge an anderen Regattaserien (Extreme 40, GC32) zeugen von ihrem unstillbaren Siegeswillen.

Ihre ärgsten Konkurrenten von letztem Jahr bescheinigten Tilt und Alinghi ein herausragendes Niveau. „Spitzenmässig“ sei es, meinte Xavier Revil. „Die beiden waren sowohl technisch als auch tempomässig eine Klasse besser als wir “, fügte der Franzose hinzu, der die Spindrift in Abwesenheit von Yann Guichard in der zweiten Saisonhälfte steuerte. Mobimo und ihr charismatischer Steuermann Christian Wahl, Gesamtvierter von 2014, konzentrierten sich zum Zeitpunkt der Bilanz vor allem auf ihr eigenes Abschneiden. „Unser guter dritte Platz am letzten Grand Prix war der einzige Podestplatz in dieser schwierigen Saison. Er war für das Team äussert wichtig, denn wir hatten viele Wechsel und brauchten das gute Resultat.“

D35 regates skippers.ch

AUCH DIESES JAHR TRUGEN ELF DÉCISION 35 EINE HOCHKLASSIGE MULTIHULL-MEISTERSCHAFT AUS. © Loris von Siebenthal

Tanguy Carious Erfolgsrezept 

Die „Senioren“ von Alinghi gegen die Jungen von Tilt, was für ein Duell! Den beiden Teams zuzuschauen, wie sie bis zum letzten Lauf des letzten Grand Prix um den Titel kämpften, war nicht nur hochspannend, sondern für die Konkurrenten auch äusserst lehrreich. Ihr Erfolgsrezept besteht aus einem Mix aus Erfahrung und Vielseitigkeit, kombiniert mit einer gelungenen Mischung aus quantitativen und qualitativen Trainings. Entwickelt hat das Rezept der einzige Mann über vierzig auf der Décision 35 des Team Tilt, Sportdirektor Tanguy Cariou. Er ist eine Art cleverer Druide mit unbestrittenen Führungseigenschaften und viel taktischem Feingefühl. „2014 haben wir die Meisterschaft auf dem 6. Platz beendet. Wir wussten immer genau, wo unsere Stärken und Schwächen liegen und haben die Saison 2015 entsprechend vorbereitet und strukturiert“, strahlte er nach dem Gesamtsieg. Gesteuert wurde die D35 des Siegerteams von Sébastien Schneiter. Der Jüngste der Tour sieht in der Meisterschaft eine perfekte Ergänzung zu seiner Olympiavorbereitung auf dem 49er, die er zusammen mit seinem D35-Teamkollegen Lucien Cujean bestreitet. „Es war bis zum Schluss kompliziert, die Stimmung an Bord war zum Zerreissen gespannt. Unsere zweite Saisonhälfte war nicht so gut wie die erste, obwohl wir nichts Nennenswertes geändert hatten. Zum Glück hat uns der starke Wind geholfen. Wir wussten, dass wir bei diesen Bedingungen schnell sind und konnten für diesen letzten Grand Prix etwas Vertrauen tanken“, erklärte der jüngste erfolgreiche Steuermann der D35-Meisterschaft und der Bol d’Or.

Team Alinghi war trotz des hervorragenden 2. Platzes der grosse Verlierer. „Es war eine gerechtfertigte Niederlage, obwohl uns auf dem Genfersee vieles gelungen ist“, gestand Ernesto Bertarelli. Er sei aber zuversichtlich für die kommende Saison. Nur zwei Punkte trennten die Gewinner von 2015 vom Zweitplatzierten. Ein hauchdünner Vorsprung, der nichts mit dem Ausgang vom letzten Jahr gemeinsam hatte. Damals stand Alinghi schon vor dem letzten Event als Sieger fest und verzichtete auf die Teilnahme, um das Gesamtklassement nicht unnötig zu verzerren.

D35 regates skippers.ch

HINTER DEN BEIDEN UNANGEFOCHTENEN LEADERN WURDE HART UM DIE EHRENPLÄTZE GEKÄMPFT. @ Loris von Siebenthal

Achterbahn 

Den dritten Platz machten sich Veltigroup und Spindrift streitig. Sie lagen in der Schlussrangliste nur einen winzigen Punkt auseinander. Loïc Forestier steuerte die Veltigroup konstant in die Top 5 und fuhr an der Genève-Rolle-Genève sogar einen Sieg ein, indem er die Gunst der Stunde opportunistisch für sich nutzte. Realteam, das mit einem umgekrempelten Team in die Saison gestartet war, konnte in Crans einen Sieg feiern. Okalys, Mobimo und Zen Too kannten viele Auf und Abs. Ihre Saison glich einer Achterbahn. Trotz ihrer Unbeständigkeit waren sie aber immer für eine Überraschung gut. Sie konnten sich sowohl ganz oben als auch ganz unten klassieren. Django Racing hingegen war fest auf die hinteren Plätze abonniert, steigerte sich aber immerhin in der zweiten Saisonhälfte. Die weisse Décision 35 Oryx und die blaue Ylliam beendeten die Saison punktgleich. Die ständigen Wechsel im Team, Havarien (Kenterung der Ylliam) und die mangelnde Praxis machten ihnen die Aufgabe nicht einfach. Immerhin aber konnte Oryx an der Bol d’Or einen hervorragenden 5. Platz verbuchen.

Etwas ist nach dem Hitchock-Final und den packenden Duellen sicher: Die Meisterschaft der Décision 35 hat noch schöne Jahre vor sich. Solange Profiteams wie Alinghi, Spindrift, Team Tilt, Realstone und Mobimo mitmischen, wird das Interesse der Amateurteams für die Décision 35 nicht abnehmen und die Alchemie auch in einigen Jahren noch funktionieren. Die Saison 2016 könnte in dieser Hinsicht durchaus ein noch nie dagewesenes Niveau erreichen.

Dans la meme categorie