Fotos | Peter Sternbeck, Walter Rudin & Stephan Cicholinski
Text | Walter Rudin
Team Safram hat bei seiner ersten Teilnahme an der Rund Um den Sieg nur knapp verpasst. Kurz vor dem Ziel wurde es von Ralph Schatz auf Orange Utan abgefangen. Vier CH-Katamarane mussten sich mit Ehrenplätzen begnügen
„Wir wollten bei allen grossen Binnenregatten Europas einmal dabei sein und die Rund Um hat uns noch gefehlt“, begründete Skipper Rodolphe Gautier die Teilnahme der Safram am grossen Klassiker auf dem Bodensee. Das Team vom Genfersee wurde von der Konkurrenz in die Favoritenrolle gedrängt. Der Teamleader der M2 Sonnenkönig, Armin Schmid vom SSC Romanshorn, meinte: „Ihr Schiff ist sehr schnell, wir können nur hoffen, dass sie nicht das Glück haben, immer an den richtigen Ort zu fahren. Es ist sicher ein Handicap, dass sich kein Local mit Revierkenntnissen an Bord befindet.“ Die Sonnenkönig zählte mit drei Siegen selber zu den Favoriten, regelmässig – jedes zweite Jahr – hatte sie hier gewonnen. „Wir wären tatsächlich wieder dran“, schmunzelte Schmid vor dem Start, „wir werden uns alle Mühe geben.“
Ein Gewitter über der Schweiz hatte abends für Abluft vor Lindau gesorgt. Das ermöglichte den 320 teilnehmenden Booten am Start der Rund Um zügiges Vorwärtskommen. Die Safram setzte sich sofort in Front Richtung Schweizer Ufer ab, musste dann aber zusehen, wie Ralph Schatz auf der Orange Utan in Romanshorn vor der ersten Boje aufholte. Während die beiden auf der Fahrt nach Konstanz guten Wind suchten, schlossen zwei weitere CH-Katamarane, die Sonnenkönig und die Holy Smoke, auf. Dieses Quartett blieb für den ganzen Rest der Regatta zusammen und machte dann auch den Sieg unter sich aus.
Überraschende Holy Smoke
Gut 30 Jahre alt ist die Holy Smoke, der Katamaran von Albert Schiess, und immer wieder staunen die Gegner, dass dieses Boot mit den neuen Zweirümpfern mithalten kann. „An den Schwertern haben wir dieses Jahr etwas geändert, damit wir auf dem Vorwindkurs mehr Auftrieb bekommen. Wir werden sehen, ob wir konkurrenzfähig sind. Wir geben uns Mühe, vorne mitzufahren, aber wir sind älter geworden“, meinte der 65-jährige Schiess vor dem Start. Einer seiner beiden Mitsegler ist bereits über 70 Jahre alt, aber scheinbar ist das Trio vom Yachtclub Arbon noch topfit, denn kurz vor Konstanz übernahm es sogar die Führung und musste die schnelleren Boote erst bei auffrischendem Wind vor der Wendemarke in Überlingen ziehen lassen.
Auf dem Rückweg nach Lindau konnte sich Team Safram von der Spitze absetzen und hatte wenige Kilometer vor dem Ziel einen komfortablen Vorsprung herausgesegelt. Der hätte eigentlich zum Sieg reichen sollen. Aber es kam anders. Vor Wasserburg parkierte die Safram in einem Windloch und musste die Orange Utan vorbeiziehen lassen. Skipper Rodolphe Gautier nahm die Niederlage gelassen: „So etwas soll typisch sein für die Rund Um, hat man uns gesagt. Wir haben uns also nur an die Tradition gehalten. Diese Tücken gehören zu den grossen Regatten und man muss damit umgehen können. Solange man die Ziellinie nicht überquert hat, kann alles passieren.“ Nach gut sechs Stunden Fahrt hatten zwei Minuten zum Sieg gefehlt.
Natürlich machte die stockdunkle Nacht und der zeitweise starke Regen den Teams zu schaffen. „Wir sahen nicht viel mehr als die Rümpfe der Safram“, meinte Gautier und Steuermann Christophe Peclard ergänzte: „Nachts auf diesen Mehrrümpfern zu segeln ist ziemlich anspruchsvoll. Wenn dann noch Sturmböen und Regen dazukommen, muss man sehr aufmerksam sein. Es war eine schöne Erfahrung, aber ich segle doch lieber tagsüber!“
Volksnaher als die Bol d’Or
Rodolphe Gautier ist auch Präsident des Organisationskomitees der Bol d’Or und da interessiert natürlich ein Vergleich der beiden grössten Regatten in Zentraleuropa: „Die Stimmung ist hier sehr ähnlich wie an der Bol d’Or. Die ganze Insel lebt ein ganzes Wochenende für das Rennen. Ich glaube nicht, dass die Bol d’Or den gleichen Erfolg hätte, wenn sie am Abend starten würde, aber für die Zuschauer ist das fantastisch.“
Einier, der seit mehreren Jahren an beiden Regatten mitfährt, ist Andreas Zimmerli: „Die Rund Um ist volksnaher, vor der Regatta liegen alle Boote im Hafen, vor den Augen der flanierenden Zuschauer. Den Besuchern werden im Rahmenprogramm viele Attraktionen geboten. Die Bol d’Or ist aber besonders für Mehrrumpfboote sportlich attraktiver, denn die Konkurrenz ist viel grösser. Ich finde beide Regatten grossartig. Die Veranstalter haben seit einem halben Jahrhundert beharrlich an ihrem Konzept festgehalten, andere Langstreckenregatten, die ihr Format immer nach den neusten Trends ausrichteten, haben es mit Teilnehmerschwund bezahlt“, resümiert der Zentralschweizer Zimmerli, für den sich die Reise an den Bodensee auch sportlich gelohnt hat. Seine Quant30 fand den richtigen Wind, um optimal von ihren Foils zu profitieren und durch die Nacht zu fliegen. Er kreuzte die Ziellinie als elftschnellstes Schiff, klar vor allen andern Booten unter 10 Meter Länge.
Vollständige Rangliste unter lsc.de/rund-um-aktuelles