Fotos | Walter Rudin
Immer wieder sorgt der kleine Segelverein im Herzen der Schweiz mit der Organisation von Grossanlässen für Aufsehen. Die Windweek hat sich zum Volksfest der Wassersportler entwickelt.
Es waren nicht Einheimische, die den Urnersee in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts als Segelrevier entdeckten. Urner und Schwyzer fühlen sich traditionell eher mit den Bergen verbunden und wenn man aufs Wasser geht, dann zum Fischen. Es war eine Handvoll begeisterter Starsegler, die meisten aus Luzern, die in den 1960er-Jahren bemerkten, dass es sich beim Urnersee um ein Revier mit ausgezeichneten Windverhältnissen handelt. Sie gründeten den Regattaverein Brunnen (RVB) mit dem Ziel, hier den Regatta-Segelsport speziell für Einheitsklassen zu fördern. In Seglerkreisen wurden die jeweils im August durchgeführten Regattawochenenden bald zur Tradition. Das windsichere Revier lockte schnell andere Bootsklassen an. Vierzig Schweizermeisterschaften, gegen zehn Europameisterschaften und sieben Weltmeisterschaften wurden hier schon ausgetragen. Und all diese Grossanlässe wurden von einem Club gestemmt, der auch heute noch kaum über 100 Mitglieder ausweist. Seit die Marina Fallenbach etwas ausserhalb von Brunnen in Betrieb ist, verfügt der RVB auch über eine Infrastruktur, die der Durchführung von grossen Regatten gerecht wird.
Kampf um Akzeptanz
Zu Beginn fand der RVB in der Region kaum Unterstützung, gegenüber Auswärtigen ist man in der Urschweiz eh etwas distanziert. Die Situation besserte sich erst, als dem Club mehr Einheimische beitraten. Heute sind zwar immer noch die Hälfte der Mitglieder Auswärtige, seit die Präsidenten aber in Brunnen wohnen, ist die Akzeptanz kein Problem mehr. Der RVB unternimmt viel, um den Segelsport im Ort besser zu verankern und bei der Jugend bekannt zu machen. Dazu gehören Schnupperangebote für Schulklassen auf Optis und Lasern, ein Engagement für den Ferienpass und natürlich eine eigene Juniorenabteilung, die seit jüngster Zeit erste Erfolge aufweisen kann. DIe Gemeindeverwaltung und Brunnen Tourismus haben realisiert, dass der Segelsport auch touristisch eine interessante Diversifizierung und eine hohe Wertschöpfung bringt. Dieses Bewusstsein zeigt sich unter anderem bei den Projekten der Gemeinde, den Uferbereich von Brunnen neu zu gestalten und mehr Wasserbezug zu schaffen. RVB-Präsident René Baggenstos hat anhand der Zahlen der 6mJI-Europameisterschaft, die Mitte Juli stattgefunden hat, hochgerechnet, dass während dieser EM rund eine Million Franken in den Brunner Tourismus geflossen sind.
Publikumsmagnet Windweek
Die 6mJI-EM war nicht der einzige Grossanlass in diesem Jahr. Mitte August wurde im Rahmen der Windweek die Weltmeisterschaft der Platu25- Klasse ausgetragen, die Eric Monnin souverän für sich entschieden hat. Die Windweek hat sich mit ihrem Rahmenprogramm als Zentralschweizer Volksfest des Wassersports etabliert und zieht mittlerweile grosse Zuschauermengen an. Auch die Finanzierung ist geregelt, obwohl in Brunnen der urbane Hintergrund für eine solche Veranstaltung eigentlich fehlt. In Zürich etwa wäre es einfacher, ein Netzwerk zu bilden und einen starken Partner zu finden, der den Anlass mitprägt, wie etwa Mirabaud die Bol d’Or. Deshalb stellt der Anlasser für den kleinen Verein eine riesige logistische Herausforderung dar. „Solche Veranstaltungen bringen das Milizsystem an die Grenzen, aber anders ist es nicht finanzierbar“, sagt Baggenstos. Dank enormem Einsatz ist es ihm auch dieses Jahr gelungen, genügend Helfer aufzutreiben. Der RVB kann aber längst nicht allen Begehren nachkommen, hier Klassenregatten oder Meisterschaften durchzuführen. Für die Zukunft sieht Baggenstos die Klassenvereinigungen in der Pflicht. „Wer bei uns regattieren will, muss auch Helfer zur Verfügung stellen.“ Ihm schwebt eine Art Punktesystem vor. Wer viele Helfer mitbringt, erhält das Recht, in den nächsten Jahren wieder in einem der schönsten Reviere der Schweiz zu regattieren.