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40. Tour de France à la Voile: Die Schweizer sind zurück

von Quentin Mayerat

In aller Bescheidenheit und ohne übertriebenen Chauvinismus: Die Tour de France à la Voile ist auch ein wenig eine Tour des Suisses. An den bisher 40 ausgetragenen Touren waren die Schweizer dreissig Mal dabei. Keine andere ausländische Nation bringt es auf so viele Teilnahmen.

Tour-de-France-5Seit dem Wechsel auf Diam 24 im Jahr 2015 sind die Schweizer der Tour ferngeblieben. Einzig Bernard Stamm hat ihr nicht den Rücken gekehrt. Zwei Jahre später meldeten sich unsere Landsleute zurück. Mit Ville de Genève – CER 1 und Ville de Genève – CER 2 traten sie gleich im Doppelpack an, hatten in dem 29 Boote starken Feld allerdings keine leichte Aufgabe. Das Niveau war so hoch und die Spitze lag so eng beieinander, dass sich rund zehn Teams Hoffnung auf einen Podestplatz machen konnten.
Bernard Stamm schaffte es mit dem 9. Schlussrang unter die zehn Besten. Die beiden Teams des CER beendeten die Tour an 18. (Victor Casas/ Guillaume Girod) und an 22. Stelle (Nelson/Bryan Mettraux). Für einen Podestplatz reichte es dennoch: Ville de Genève – CER 2 belegte in der Juniorenwertung den 2. Schlussrang. Erfreulich, für Victor Casas jedoch kein Grund zum Jubeln: „Natürlich freuen wir uns über die Top-20-Platzierung und den 2. Rang bei den Junioren, wirklich interessiert uns aber nur das Gesamtklassement. Dafür arbeiten wir im nächsten Jahr“, meinte er, bevor er in Nizza aufs Podest stieg.

Höllentempo

Tour-de-France-2Dieses Jahr ging es Schlag auf Schlag. Innerhalb von drei Wochen machte die Tour in neun Gaststädten Halt. Drei Etappen wurden auf dem Ärmelkanal, zwei auf dem Atlantik und vier auf dem Mittelmeer gesegelt – alle nach dem gleichen Format. Auf eine Küstenrallye am ersten Tag folgte am zweiten eine Regatta in der Segelarena. Die acht besten aus den Qualifikationsrunden stiessen in das Superfinale vor, das live im Internet übertragen wurde. Für die Teams des CER war dieser Rhythmus kräftezehrend, zumal sie nicht über die Mittel der grossen Rennställe verfügen. Sie waren dem Höllentempo nur gewachsen, weil alle anpackten. „Bei der Vorbereitung der Boote und bei der Logistik helfen alle mit“, bestätigt Elodie Mettraux, die im CER für das Tourmanagement zuständig ist. „Die Boote mussten alle zwei Tage auf- und wieder abgeriggt, auf den Trailer geladen und zum nächsten Austragungsort gebracht werden. Dazu braucht es eine gute Organisation, man lernt aber auch viel, insbesondere über Zwischenmenschliches. Wir verfügen nicht annähernd über die Infrastrukturen der führenden Rennställe. Sie können sich dank ihrer technischen Teams voll und ganz auf ihr Rennen konzentrieren, wir haben wiederum noch viel Luft nach oben.“

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Nautisches Feuerwerk

Die Leader waren natürlich mit Siegesabsichten angereist und hatten bei der Vorbereitung nichts dem Zufall überlassen. Bestes Beispiel, dass sich die gewissenhafte Arbeit im Vorfeld auszahlt, war das Siegerteam der Fondation FDJ – Des pieds et des mains mit Co-Skipper Damien Seguin. Der Olympiasieger an den Paralympics 2014 und 2016 hatte in den beiden Jahren zuvor noch den 19. Platz belegt, jetzt konnte er aufs oberste Treppchen steigen. „Wir sind über die Bücher gegangen und haben vieles geändert“, versuchte er eine Erklärung. „Das Team wurde komplett ausgewechselt und wir haben das Training schon im Februar aufgenommen. Ausserdem hatten wir ein grösseres Budget und ein neues Boot. Es hat ganz offensichtlich funktioniert!“ Tatsächlich hatte FDJ vor der Tour 75 Segeltage absolviert und sich Damien Iehl, der die Tour bereits mehrmals gewonnen hat, sowie das ehemalige Spindrift-Mitglied Benjamin Amiot ins Boot geholt. Auch andere Teams hatten erfolgreich für Verstärkung gesorgt: Trésors de Tahiti (2.) mit Teva Plichart, SFS (4.) mit Sofian Bouvet, Oman Sail (5.) mit Thierry Douillard, Team Lorina Limonade (6.) mit Quentin Delapierre, Vivacar.fr (7.) mit Matthieu Souben und Team Occitanie Sud de France mit Billy Besson. Die Liste ist bei Weitem nicht abschliessend.

Tour-de-France-1Jeder weiss: Die Tour wird nicht an einem Tag gewonnen. Sie kann jedoch an einem einzigen Tag verloren werden. Das bekam SFS dieses Jahr brutal zu spüren. Zwar war das Team um Sofian Bouvet der grosse Unterhalter, es mangelte ihm aber an Konstanz. Trotz sechs Siegen – so viel wie keine andere Crew geschafft hatte – reichte es in der Endabrechnung nur für Rang 4. Eine Entmastung in Rosas und eine Black Flag im Superfinale in Nizza bremsten SFS aus. Die Sieger-formation Fondation FDJ hingegen gewann nur zwei Läufe, machte dann aber in den Qualifikationsrennen des Super Finals alles klar. Der Vergleich zeigt einmal mehr, dass eine ausgeglichene Leistung eher zum Erfolg führt als zu viel Risiko. Bernard Stamm machte zwar einen soliden Eindruck, trotzdem konnte er am zweitletzten Tag eine Kollision nicht verhindern.

Stamm enttäuscht

Tour-de-France-4Er war sichtlich enttäuscht und etwas verärgert. Wenige Minuten nach dem Start zur Küstenrallye von Nizza verweigerte ihm Billy Besson auf Occitanie Sud de France die Vorfahrt. Stamm konnte nicht mehr ausweichen und krachte mit dem Backbordruder in das gegnerische Boot. Die Folge war ein grosses Leck im Schwimmer. Kämpferisch versuchte der Skipper der Cheminées Poujoulat das Rennen zu Ende zu segeln, musste dann aber in der zweiten Runde die Segel streichen, um die Diam 24 nicht noch mehr zu beschädigen. Stamm reagierte gereizt: „Es ist frustrierend, denn durch diesen Zwischenfall konnten wir unseren 8. Platz in der Gold Fleet nicht halten und mussten unsere Hoffnungen auf eine Top- 5-Klassierung im Gesamtklassement begraben. Die Regel ist brutal. Wer das Rennen infolge eines unverschuldeten Unfalls aufgeben muss, wird genauso bestraft wie alle anderen.“ Etwas versöhnlicher fügte er hinzu: „So ist es nun mal. Wir kommen nächstes Jahr wieder.“
Bernard Stamm hätte sich ein besseres Resultat gewünscht, musste allerdings eingestehen, dass die Flotte eine Klasse besser geworden ist: „Letztes Jahr hat Quentin Delapierre auf Lorina Limonade die Tour souverän gewonnen, dieses Jahr wurde er nur 6. Das allein schon zeigt, dass die Teams grosse Fortschritte gemacht haben. Steigern wollen sich auch die Schweizer, damit sie nächstes Jahr mit den Besten mithalten können.

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