Fotos : ©Jesus Renedo
Nur der Sieg zählt: Dieses Motto ist dem Rennstall Realteam wie auf den Leib geschrieben. Unter Teamchef Jérôme Clerc und Eigentümer Esteban Garcia sorgen die Weiss-Blauen bei den GC32 und bei den Swiss Flying Phantom Series für Furore. Mit dem Gewinn der GC32 Racing Tour 2017 konnten sie den bisher grössten Erfolg in ihrem vierjährigen Bestehen feiern. Was aber steckt hinter diesem kometenhaften Start in der internationalen Segelszene?
„Wir haben schon beim Saisonauftakt in Riva gespürt, dass wir die GC32 Racing Tour gewinnen können“, sagt Teamchef und Skipper Jérôme Clerc rückblickend. Am Gardasee hatte Realteam zur allgemeinen Überraschung die elf anderen Teams regelrecht überfahren, obwohl viele deutlich mehr Erfahrung auf den GC32 mitbrachten. Nach diesem geglückten Einstieg liessen die Genfer nichts mehr anbrennen und klassierten sich bei jedem Event auf dem Podest. Ihre konstanten Leistungen bei allen Bedingungen trugen ihnen schliesslich den hochverdienten Gesamtsieg ein. Er krönt die vierjährige Aufbauarbeit von Esteban Garcia und Jérôme Clerc, der bis 2014 als Administrator des Genfer Centre d’Entraînement à la Régate (CER) tätig war. Ihr Plan, aus jungen Seglern vom Genfersee ein Team zu bilden, das national und international an der Spitze mitmischen kann, ist aufgegangen.
Zielstrebig zum Erfolg
Das Finale der GC32 Racing Tour war nichts für schwache Nerven. Neben Realteam konnte sich auch Argo noch Hoffnungen auf den Gesamtsieg machen. Bereits am zweitletzten Tourstopp in Calvi lieferten sich die beiden Titelanwärter bei starkem Wind und hohen Wellen einen heissen Zweikampf. Im letzten Lauf dieses Events segelte Realteam den siegentscheidenden Vorsprung auf seinen amerikanischen Gegner heraus. Zu diesem Zeitpunkt trennte die beiden Teams nur ein einziger Punkt. Der Sieger würde also mit einem deutlichen Vorsprung ins Finale in Marseille gehen können. „Wir sind gut gestartet und lagen am ersten Jibe in Führung, danach mussten wir Argo nur noch unter Kontrolle halten,“ erklärt Jérôme Clerc. Die Teamstrategie habe gegen Ende eigentlich nur noch darin bestanden, Argo zu kontrollieren, gibt er zu. Trotzdem holten die Genfer am Marseille One Design den dritten Platz, während Argo komplett unterging und Letzter wurde. Realteam hatte einmal mehr gezeigt, dass sie diese Saison die konstanteste und solideste Crew der Flotte stellte.
Realteam war erst in der zweiten Saisonhälfte 2016 zur GC32 Racing Tour gestossen. Seither geht es aber steil aufwärts. Die Senkrechtstarter brauchten sich von Anfang an nicht vor Cracks aus dem America’s Cup und Koryphäen wie Morgan Larson zu verstecken. „Zu Saisonbeginn hatten wir mit vielen Verletzungen zu kämpfen“, sagt Jérôme Clerc. „Das Boot ist körperlich extrem anspruchsvoll und wir müssen zur Unterstützung erfahrene Segler an Bord holen. Wir wählen sie in erster Linie aufgrund ihrer Kraft, ihrer Kondition und ihrer Erfahrung aus.“ Diese Saison sind die Routiniers Lucien Cujean und Christophe Carbonnières dazugestossen. Cujean war früher eine der Stützen von Tilt auf GC32, ist aber mittlerweile zu alt für den Youth America’s Cup, und Bowman Carbonnières segelte im Team ENGIE von Sébastien Rogues. Die Verstärkung wurde mit dem bisher grössten und schönsten Erfolg von Realteam belohnt. Der Sieg sei klar und deutlich gewesen, meint Christian Scherrer, der die GC32 Racing Tour organisiert: „Sie haben eine grossartige Saison hingelegt“, beteuert er. „Letztes Jahr waren sie etwas softer, aber dieses Jahr haben sie wirklich alles richtig gemacht und den Sieg redlich verdient.“
Die nächsten Herausforderungen
Wir wollten von Esteban Garcia wissen, welche Ziele Realteam nach diesem Erfolg anvisiert. „In erster Linie möchten wir uns weiter steigern, vor allem bei den D35. Dazu müssen wir das mehrheitlich aus Schweizern bestehende Team konsolidieren. Wir wollen mindestens ein weiteres Jahr auf GC32 segeln“, antwortet der Teambesitzer. Was danach komme, hänge von der Entwicklung des internationalen Segelsports ab. Nicht ganz so gut wie auf den Foilerbooten lief es bei den D35. Dort schnitten die Genfer enttäuschend ab, Esteban gibt sich trotzdem zuversichtlich: „Wir konnten uns im Lauf der Saison mehr und mehr verbessern und haben es am letzten Grand Prix sogar aufs Podest geschafft. Wir sind durchaus in der Lage, in der kommenden Saison gut abzuschneiden.“
Mehr als gut abgeschnitten hat Realteam bei den Swiss Flying Phantom Series. Dort konnte der Rennstall sogar einen Kantersieg feiern. Bruno Barbarin und Cédric Schmidt gaben sich auf den fliegenden Booten keine Blösse und gewannen souverän alle Etappen. Ursprünglich war Realteam bei den Flying Phantom eingestiegen, damit sich die Segler auf die GC32 vorbereiten konnten. Heute ist die Klasse ein festes Standbein des Rennstalls. Langfristige Zukunftspläne gibt es aber noch keine. Die Genfer wollen abwarten, was die nächste Saison bringt. Zu den Gerüchten, dass Realteam Offshore-Pläne schmiedet, meint Esteban Garcia: „Klar besteht Interesse, wir alle träumen vom Hochseesegeln, aber momentan ist ein solches Projekt kein Thema.“ Auf jeden Fall hat Realteam das Glück, dass es von einem engagierten, motivierten Eigentümer unterstützt wird. „Ich bin stolz auf das, was das Team bisher geleistet hat“, sagt Esteban Garcia. „Unsere Aufbauarbeit wurde belohnt. Wir blicken hochmotiviert in die Zukunft.“ Er selbst kann die nächste Saison schon jetzt kaum erwarten.