Fotos: ©Nicolas Claris
Eins steht fest: In der Katamaranszene kann keine andere Marke Lagoon das Wasser reichen. Sie lässt jedes Jahr über 400 Zweirumpfboote vom Stapel und das bei einem Gesamtvolumen von rund 1200 neuen Katamaranen pro Jahr. Um die Gründe für diesen Erfolg besser zu verstehen, haben wir uns in der Werft in Bordeaux umgesehen.
Bei Lagoon oder besser CNB (Construction Navale Bordeaux), das 1996 von der Bénéteau- Gruppe mit dem Bau der Lagoon-Boote beauftragt wurde, wird kein Lohndumping betrieben. Alle Katamarane der Marke sind 100% „made in France“. Die Werftleitung legt grossen Wert auf diesen Qualitätsgarant und darauf, dass der gesamte Produktionsablauf intern erfolgt. „Da wir bei den Arbeitskosten nicht sparen können, optimieren wir laufend unsere Prozesse“, erklärt Loïc Lagrange, der Verkaufsleiter für Lagoon- Boote in Südeuropa. Erstaunlicherweise funktioniert die Strategie. Lagoon ist es gelungen mit dem Markt zu wachsen und die Kosten unter Kontrolle zu halten, ohne die Produktion ins Ausland zu verlagern.
Katland
Beim Betreten des Lagoon-Werftgeländes fühlt man sich wie in einem Vergnügungspark. Alles bewegt sich, surrt und schwirrt scheinbar ziellos herum. Man erhält eine Karte ausgehändigt, damit man sich im Labyrinth der Hallen zurechtfindet. Über 1000 Angestellte sind damit beschäftigt, jeden zweiten Arbeitstag einen weiteren Fahrtenkatamaran zu bauen, zu beschlagen und einzuwassern. Ein höllisches Tempo, das kaum Raum zum Improvisieren lässt. Am zweiten Produktionsstandort in La Rochesur- Yon im französischen Département Vendée, wo die Lagoon unter 50 Fuss entstehen, werde sogar praktisch alle sechs Stunden ein neues Boot fertiggestellt, heisst es. Mit einem Jahresumsatz von sage und schreibe 236 Millionen Euro und einem Umsatzwachstum von über 20 Prozent im Jahr 2017 ist CNB der mit Abstand grösste Fahrtenkatamaranhersteller der Welt.
Wie entsteht ein Lagoon?
Damit das rasante Ballett der Katamarane fehlerfrei über die Bühne geht, setzt das Methodenbüro (eine Art Ingenieur-Kapelle) das Pflichtenheft und die Nomenklaturen des Ingenieurbüros in Produktionsvorgaben um. Alles muss punktgenau orchestriert sein, damit jedes Kabel, jeder Bettvorleger, das korrekt zugeschnittene Gewebe, die richtige Schraube und die richtige Mutter zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sind.
Erste Station ist die Schreinerei. Hier werden Unmengen Holzbretter jeder Art gelagert, zugesägt, bearbeitet, gestrichen und in manchen Fällen lackiert. Daraus entstehen später Kantenschutz, Setzbord, Tisch, Fussboden, Schubladen und vieles mehr. Zwei Hallen weiter werden die Formen der Kats hergestellt. Fünf Modelle sind ständig in Produktion. Jeder Katamaran besteht aus drei Formen: einem halben Backbord- und einem halben Steuerbordschwimmer sowie einem Block mit den beiden anderen halben Backbord- und Steuerbordschwimmern sowie dem Kajütaufbau. Vereinfacht erklärt wird zunächst der Gelcoat aufgetragen, danach folgen einige Gewebeschichten und schliesslich das leichte Balsaholz aus den Äquatorialwäldern. Nach weiteren Gewebeschichten werden die Rümpfe mit Harz getränkt, das Ganze trocknen gelassen und entformt.
Jetzt kann die Montage beginnen. In einer letzten Halle werden die künftigen Lagoon-Boote auf Schienen gelegt und die schmucklosen Gerüste nach und nach in edle, rigg- und segelfertige Cruiser verwandelt. Posten für Posten werden Kabel und Rohre verlegt, Tanks montiert und Kabinenmodule eingebaut. „Unsere Stärke ist die Methode“, erklärt Loïc Lagrange. „Für einen in Bordeaux gebauten 50-Füsser brauchen wir etwa 2500 Arbeitsstunden. Das gleiche Boot in einem anderen Land zu produzieren würde schätzungsweise rund 10’000 Stunden dauern.“
Der neugeborene Kat gleitet von den Schienen ans Tageslicht. Jetzt muss er noch aufgeriggt und motorisiert werden. Langsam taucht er über ein Dock im Zentrum der Werft in die Garonne. Im Durchschnitt vergehen zwei Monate, bis ein neuer Kat fertiggestellt ist. Die Chancen stehen gut, dass er sein Dasein in den Antillen oder auf dem Mittelmeer verbringen wird. Katamaran müsste man sein!