Als Vorstandsmitglied der Beneteau-Gruppe und CEO des Konzerns Construction Navale Bordeaux, dem die Marken Lagoon und CNB Yacht Builders gehören, hat Yves Masselot die Aufgabe erhalten, eine neue Katamaranmarke zu lancieren. Er erklärt Skippers das Wie und Warum und analysiert die globale Marktsituation der Fahrtenboote und die Position der Schweiz.
Interview: Brice Lechevalier
Die Beneteau-Gruppe ist weltweit die Nummer 1 der Fahrtenboothersteller. Wie beurteilen Sie die aktuelle Marktlage?
Die Finanzkrise 2008 hat die Karten des globalen Fahrtenbootmarkts komplett neu gemischt. Er wurde bis in die Fundamente erschüttert und hat noch immer nicht auf den Stand vor der Krise zurückgefunden. Einzig die Sparte der Mehrrumpfboote ist in bester Verfassung und hat das Jachtsegment sogar überholt. Die Kunden haben ihre Einstellung gegenüber Segel- und Motorbooten überdacht. Der Markt der kleinen Motorboote wächst stark, derjenige der grossen Motorboote hatte sich erholt, stagniert jedoch erneut, und jener der Segeljachten zieht seit zwei Jahren langsam wieder an. Bei den Mehrrümpfern sind die Verkäufe 2009 um 25 Prozent zurückgegangen, während die der anderen Segmente um 50 Prozent eingebrochen sind. Seit 2010 geht es mit den Katamaranen und Trimaranen wieder bergauf. Das Segment wächst kontinuierlich, in den letzten beiden Jahren sogar rasant.
Welchen Platz nimmt die Schweiz dabei ein?
Die Schweiz ist ein sehr wichtiger Markt, denn es gibt enorm viele Schweizer, die reisen und segeln, viel mehr, als man vermuten würde. Dieser Markt ist aber sehr schwer zu fassen – zum einen, wegen der regionalen und sprachlichen Besonderheiten, zum anderen, weil die Schweizer ihre grossen Schiffe vor allem auf dem Mittelmeer oder an anderen Orten auf der Welt stationiert haben. Schweizer Fahrtensegler kaufen ihre Boote abhängig von ihrer Sprache und ihrem Segelprogramm daher überwiegend in anderen Ländern. Aus diesem Grund hat CNB/Lagoon in der Schweiz trotz der vielen Kunden auch keinen Vertragshändler.
Welchen Stellenwert haben Fahrtenkatamarane bei Beneteau?
Bisher wurde dieses Segment durch unserer Marke Lagoon vertreten. Sie ist im Bereich der Fahrtenkatamarane seit 2003 weltweit führend und verkauft 250 Prozent mehr Boote als der zweitgrösste Anbieter Fountaine Pajot. In den letzten fünf Jahren hat Lagoon die Produktion auf fast 500 Katamarane pro Jahr verdoppelt. Wir haben in den letzten Jahren viel in die Produktionskapazitäten für Mehrrümpfer investiert und planen weitere Investitionen, mit denen wir an insgesamt drei Standorten 800 Katamarane pro Jahr herstellen wollen. In Bordeaux bauen 1000 Personen auf dem zehn Hektar grossen Werftgelände die 50- bis 78-Füsser sowie die CNB Yachts. Im Departement Vendée betreiben wir zwei Fabriken mit 650 Beschäftigten. Dort entstehen die kleineren Mehrrumpfboote und dort werden auch die Modelle der neuen Marke montiert. Dank gemeinsamer Plattformen und der Vereinheitlichung von Strom, Mechanik, Sanitäranlagen und anderer Systeme können wir die Produkte zuverlässiger machen und die Kosten senken. Die Innovation behalten wir uns für andere Aspekte vor.
Was hat Sie dazu bewogen, in einem Nischensegment eine neue Marke zu lancieren?
Zwei Gründe: Lagoon geniesst auf dem Markt eine Vormachtstellung, aber eine einzige Marke kann nicht den Geschmack aller Kunden treffen. Überdies sind in dem stark wachsenden Markt einige Teilsegmente noch nicht erschlossen. Unsere Konkurrenten haben die Strategie von Lagoon übernommen und sich auf das derzeit am stärksten gefragte Kernsegment der 42- bis 45-Füsser konzentriert, die anderen Segmente hingegen vernachlässigt. Beneteau ist zum Schluss gekommen, dass man die Bedürfnisse der Katamaransegler besser angehen kann und hat sich strategisch anders positioniert als Lagoon.
Wie Sie in Cannes bekannt gegeben haben, laufen die neuen Kats unter der Marke Excess. An wen richten sie sich?
Die Excess-Katamarane sollen sportliche, junge und stilbewusste Kunden ansprechen, die Wert auf Segelvergnügen legen und meist mit Freunden eher an Wochenenden und in den Ferien unterwegs sind. Sie besitzen bereits schöne Objekte wie Uhren oder Autos, sind genussorientiert und üben Brettsportarten auf dem Wasser aus. Ihnen dürften das modernere Innendesign und das zu diesem Preis bisher inexistente Mehrrumpfkonzept besonders gefallen. Die Excess-Serie wird Kats von 35 bis 50 Fuss umfassen. An der boot Düsseldorf werden die ersten Schiffsmodelle, im September 2019 in Cannes dann die ersten Produktionen in Echtgrösse zu sehen sein. Interessierte können sich auf der Internetseite excess-catamarans.com aber bereits jetzt ein Bild machen.
Sie haben in Morges das aufblasbare Segel aus der Schweiz getestet. Was halten Sie davon?
Ja, das stimmt, ich habe das IWS-Flügelsegel von Edouard Kessi und seinen Partnern ausprobiert. Sein gleitschirmähnliches, aus Luftkammern bestehendes Segel ist äusserst stabil. Besonders gefällt uns die einfache Handhabung: Es braucht nur noch ein Segel statt Grosssegel und Genua, das Rigg ist selbsttragend und kommt ohne Wanten aus, wodurch das Deck freibleibt, und Schoten sind auch keine mehr nötig, da sich das Segel automatisch nach dem Wind ausrichtet. Darüber hinaus ist das IWS auf fast allen Kursen schneller als ein klassisches Rigg. Wir wissen alle, dass die einfache Handhabung in allen Sportarten, also auch im Segeln, die Zukunft ist. Das Bestreben, das Segeln einfacher zu machen, steht bei Beneteau schon lange im Vordergrund. Es bestimmt viele unserer Überlegungen, Forschungen und somit auch Ziele. Besonders wichtig scheint uns die einfache Handhabung bei den Törnbooten, denn bei ihren Eignern handelt es sich um eine Kundschaft, die möglichst einfach segeln möchte. Am besten würde das aufblasbare Segel meiner Meinung nach bei Besitzern von Mehrrumpfbooten ankommen, denn sie sind bekanntlich offen für Neues.