Fotos: ©Saling Energe / World Sailing
An der Weltmeisterschaft der olympischen Klassen, die Anfang August im dänischen Aarhus ausgetragen wurde, qualifizierte die Schweiz zwei Bootsklassen für Tokio 2020 und ist damit definitiv auf Kurs.
Die Hempel Sailing World Championships fanden vom 30. Juli bis 12. August im dänischen Aarhus statt. Herzstück der WM war das speziell für den Event gebaute International Sailing Center. 1400 Teilnehmer aus 100 Nationen trugen in insgesamt zehn olympischen Bootsklassen auf acht verschiedenen Regattabahnen 200 Läufe aus. Eine logistische Herausforderung, die das Organisationskomitee bestehend aus World Sailing, dem dänischen Dachverband Dansk Seilunion, Sailing Aarhus, Sport Event Denmark und der Stadt Aarhus bravourös meisterte.
Die Sailing World Championships werden alle vier Jahre abwechselnd mit den Olympischen Spielen ausgetragen und gelten zu Recht als einer der schwierigsten Wettkämpfe des internationalen Regattakalenders. Im Unterschied zu Olympia kann eine Nation mehrere Athleten oder Teams pro Bootsklasse anmelden, wodurch sich das Niveau merklich erhöht. Einige Länder sind sogar mit mehreren Seglern in den Top 10 vertreten: die Niederlande und Italien im Windsurfen (RS:X), Australien, Italien und Grossbritannien bei den Nacra 17 und Grossbritannien und Australien im Laser. Schritt in Richtung Olympiatraum
Die Besten streben natürlich den WM-Titel an, aber auch bei den anderen geht es um sehr viel, denn die Olympiaqualifikation steht auf dem Spiel. An der WM in Aarhus bot sich erstmals die Möglichkeit, einen Nationenplatz für Tokio 2020 zu ergattern, das heisst, ein Boot zu qualifizieren. Wenn diese Qualifikation erst einmal geschafft ist, müssen die Segler oder Teams noch die Kriterien ihres Landes erfüllen. Erst dann dürfen sie auch wirklich nach Tokio. Ein Nationenplatz ist aber bereits ein wichtiger Schritt. Er ermöglicht es den Athleten, sich die verbleibenden zwei Jahre voll auf das Erbringen einer Spitzenleistung in Tokio zu konzentrieren.
Vielversprechende Fortschritte beim 49er
Für Rio hatte sich das 49er-Duo Schneiter/Cujean noch äusserst knapp qualifiziert, seither zeigt ihre Leistungskurve aber steil nach oben. Nach einem 18. Platz am Worldcup 2016 in Weymouth und einem 13. Platz an den Olympischen Spielen in Rio belegten die beiden in Aarhus dank konstanter Fortschritte den vielversprechenden 10. Platz und erzielten somit ihr bisher bestes WM-Resultat. Teamcoach Tom Saunt meinte zu ihrem Erfolg: „Auf diesem Niveau ist nicht mehr die Taktik oder das Tempo siegentscheidend, sondern die Fähigkeit, sich zusammenzureissen und jeden Tag das Beste zu geben.“ Für Lucien Cujean bedeutete das, die Geduld nicht zu verlieren und seine Leistung im richtigen Moment abzurufen, für Sébastien Schneiter, sein Selbstvertrauen zu stärken, das er braucht, um gute Resultate abzuliefern. „Dafür mussten wir hart trainieren“, gestand der Vorschoter. Mit ihrem Endergebnis sind die beiden hochzufrieden. „Unser Ziel war es, das Boot zu qualifizieren, und das haben wir erreicht“, freute sich Lucien Cujean und Sébastien Schneiter meinte: „Gut, haben wir diese WM hinter uns gebracht. Jetzt können wir uns voll und ganz auf die Olympiavorbereitung konzentrieren. Für Rio waren wir das letzte Land, das sich qualifizieren konnte, diesmal sind wir das erste. Wir haben also grosse Fortschritte gemacht. Fortan wollen wir aber noch konstanter unter die Ersten fahren.“
Maud Jayet erleichtert
Das andere Schweizer Topresultat erzielte die Westschweizer Nachwuchssportlerin 2016 Maud Jayet. Für Rio hatte die Laser-Radial-Seglerin die Olympiaqualifikation noch verpasst, diesmal sicherte sie sich den hervorragenden neunten Platz – und das bei insgesamt 119 Gestarteten! „Ich bin unglaublich erleichtert“, sagte die strahlende Lausannerin zu ihrer bisher besten Finalserie. „Als ich vor zwei Jahren nicht nach Rio fahren durfte, war ich extrem enttäuscht und deshalb im Hinblick auf diese WM schon vor sechs Monaten etwas nervös. Aber schlussendlich konnte ich auf dem Wasser ausblenden, was auf dem Spiel stand, und ohne Druck segeln. Ich bin während der gesamten WM ruhig geblieben. Mir sind gute Starts gelungen und ich konnte mich an der Spitze behaupten.“
Gutes und weniger Gutes
Alle anderen Olympiaanwärter erhalten an der WM ihrer jeweiligen Bootsklasse die nächste Gelegenheit, sich für Tokio zu qualifizieren. Linda Fahrni/Maja Siegenthaler, 14. in Brasilien, beendeten die WM in Aarhus bei den 470er Damen auf dem 17. Platz und verpassten die Nationenquote damit knapp. Durch eine Disqualifikation in der letzten Wettfahrt fielen sie aus dem Medal Race und rutschten aus den Rängen der Olympiastartplätze.
Mateo Sanz Lanz hatte als ausgewiesener Leichtwindexperte bei den herrschenden Starkwindbedingungen keinen leichten Stand. Mit einem 20. Platz schnitt er schlechter ab als an den Olympischen Spielen in Rio, wo er 14. wurde. Der RS:X-Windsurfer gibt sich aber nicht geschlagen. Er will sein enttäuschendes Abschneiden nächstes Jahr wieder gutmachen.
Kilian Wagen/Grégoire Siegwart waren nahe dran an der Qualifikation. Sie erbrachten eine persönliche Bestleistung und zeigten mit ihrem 20. Platz, dass sie zu den ganz heissen Kandidaten für Tokio 2020 gehören. Besonders deutlich wurde ihr Potenzial bei ihrem Sieg in der Gold Fleet, über den sich das 470er-Duo natürlich entsprechend freute.
Alles in allem kann die Schweizer WM-Delegation mit ihrer Ausbeute zufrieden sein. Einige Ergebnisse waren herausragend, die anderen zufriedenstellend. 2014 hatten in Santander (ESP) einzig Nathalie Brugger/Matias Bühler ihr Boot, den Nacra 17, qualifiziert. Somit ist die Bilanz der WM 2018 deutlich besser.
Nach dem World Cup in Enoshima, der im September auf dem olympischen Segelrevier stattfindet, können wir dann weitere Prognosen wagen.
Hempel Sailing World Championships Aarhus 2018 Schweizer Ergebnisse nach Bootsklasse
- RS:X: Mateo Sanz Lanz 20./85
- 49er: Sébastien Schneiter/Lucien Cujean 10./86
- Laser Radial: Maud Jayet 9./119, Andrea Nordquist 94./119
- Laser Standard: Eliot Merceron 42./165, Nicolas Rolaz 136./165
- 470W: Linda Fahrni/Maja Siegenthaler 17./47
- 470M: Kilian Wagen/ Grégoire Siegwart 20./64, Yves Mermod/Cyril Schüpbach 43./64, David Biedermann/Jann Schüpbach 53./64
- Finn: Nils Theuninck 86./90