Wir sind zum Outremer Cup in La Grande Motte verabredet. Der Anlass ist bekannt für seine ausgelassene Stimmung, die Weiterbildungskurse und die fröhlichen Abendveranstaltungen. Natürlich wird daneben auch engagiert gesegelt. An Bord des Outremer 4X des künftigen Route-du-Rhum-Teilnehmers Jean-Pierre Balmes konnten wir uns ein Bild machen, wie kämpferisch es am Cup zur Sache geht.
„Was ist los mit dir, mein lieber Jean-Pierre? Steckst du die Latten nicht mehr ins Grosssegel?“, ruft eine mir bekannte Stimme durchs Megaphon. Jean-Pierre Balmes, der Skipper des Outremer 4X, grinst verhohlen. „Bitte um Erlaubnis, an Bord zu kommen“, doppelt die Stimme nach. Jean-Pierre nickt. Sir Loïck Peyron steigt aus einem kleinen Schlauchboot an Bord. „Stört es dich, wenn ich mich umsehe? Immerhin bin ich dein künftiger Konkurrent an der Route du Rhum“, schmunzelt Peyron. „Mach nur“, antwortet Jean-Pierre. „Und vergiss den Salon nicht. Du wirst sehen, er ist deutlich komfortabler als deiner!“ Peyron setzt seine Inspektion in aller Seelenruhe fort und schaut sich die von Jean- Pierre vorgenommenen Verbesserungen interessiert an, schliesslich hat er am Entwurf der Katamaran-Baureihe mitgewirkt.
Von Angel- bis hin zu Überlebenskursen
Am Outremer Cup liefern sich Katamarane der gleichnamigen Werft hartumkämpfte Regatten. Ältere Exemplare sind dabei ebenso vertreten wie brandneue Modelle. Obwohl sie einander keinen Zentimeter schenken, geht es bei diesem ungezwungenen Anlass nicht nur um Sieg und Ehren. Geselliges Beisammensein, gemeinsames Feiern und Weiterbildungsangebote sind ebenfalls ein fester Bestandteil des Cups. 23 Boote haben sich dieses Jahr im südfranzösischen La Grande Motte zu den drei Regatta- und den vier Kurstagen des Cups eingefunden. Seit 20 Jahren schon kommen die Besitzer von Outremer-Katamaranen mit Familie und Freunden zu diesem Eignertreffen, viele bereits zum x-ten Mal. Sie können dort Kurse zu den unterschiedlichsten Themen wie Hafenmanöver, Sicherheit an Bord, Motormechanik, Törnvorbereitung und sogar Hochseeangeln belegen.
Bittersüsser Ernst
Als Höhepunkt wird die drei letzten Tage regattiert. Temporuns, Küstenregatten und ausgelegte Kurse verwandeln die sanften Riesen in racerverdächtige Boliden, die in Windgeschwindigkeit übers Wasser bolzen. Schliesslich sind hochseetüchtige und schnelle Fahrtenkatamarane ja auch das Markenzeichen von Outremer. Eine gute Besegelung, eine Pinnensteuerung und ein manövriertaugliches Cockpit sprechen all jene an, für die das Segeln ebenso wichtig ist wie das Dolce Farniente. Jean-Pierre Balmes gehört zu diesem Schlag Mensch. Sein 4X ist eine getunte Version des 45ers mit verlängertem Heck, kleinerem und somit leichterem Hardtop, Textiltüren, Carbonverstärkungen und grösseren Segeln. Und er steckt voller Power, wie schon die ersten Schläge zeigen. Bei 10 Knoten Wind erreichen wir 9,5 Knoten und werden Dritte! Dass der Sieg an ein Boot der älteren Generationen geht, ist wenig überraschend, denn die älteren Katamarane sind schlichter ausgestattet und leichter.
Vom Genfersee zum Outremer
Der Typenwandel war aber unvermeidlich, um das Zielpublikum zu erweitern. Vincent Jeanneret, der sich vor ein paar Jahren einen Outremer 51 zugelegt hat, ist ein gutes Beispiel für die neu gewonnene Kundschaft. „Ich wollte ein komfortables Boot für weite Reisen. Meine Frau bestand auf einem Katamaran, da war sie zu keinem Kompromiss bereit“, erzählt der Genfer Anwalt und ehemalige Regattasegler. „Ich habe den gesamten Markt abgeklappert, um das passende Boot zu finden. Es sollte am Wind segeln können und Komfort mit Leistung verbinden. Da es nur wenige Katamarane mit Schwertern gibt, fiel unsere Wahl schnell auf einen gebrauchten Outremer 51.“ Der Schweizer hat seine Entscheidung bis heute nicht bereut, denn die von der Gruppe Grand Large Yachting (Besitzerin der Marken Outremer, Garcia, Allures und Gunboat) gegründete Firma Grand Large Services bietet den Eignern ein umfassendes Serviceangebot, das von der Reisevorbereitung bis zur Wartung und dem kompletten Refit des Segelbootes reicht.
Natürlich verzichtet man nach dem Kauf eines Katamarans in der Regel auf kleine Ausfahrten auf dem See, aber Vincent Jeanneret hat sich damit abgefunden. Er nimmt dafür einmal pro Jahr in La Grand Motte an einer Regatta teil. „Klar ist das nicht das gleiche“, gesteht er, aber die Boote seien eben schon bei wenig Wind schnell. „Ich bin bereits zum dritten Mal am Outremer Cup und habe ihn letztes Jahr sogar gewonnen. Einige Teams sind echt gut“, meint er anerkennend. „Das bietet mir Gelegenheit, mein Boot zu testen und zu sehen, wo ich im Vergleich zur Konkurrenz stehe. Ausserdem entstehen hier viele Kontakte mit anderen Eignern und es herrscht eine gute Stimmung.“ Dass am Outremer Cup nicht nur Cracks teilnehmen, stört niemanden. Wer zwischen den Bojen nicht ganz so begabt ist, kann sich bei anderen Gelegenheiten hervortun, zum Beispiel am Freitagabend beim Talentwettbewerb mit Singen oder anderen künstlerischen Fähigkeiten oder am Samstag beim Kochwettbewerb. Allzu seriös veranlagte Personen sollten sich aber vielleicht lieber fernhalten.