Rund 200 Segelboote aus aller Welt nahmen vom 8. bis 16. Juni am 66. Rolex Giraglia Cup teil. Die Regatta ist unbestritten ein Highlight des Mittelmeer-Regattakalenders und erfreut sich bei Schweizer Bootseignern und Seglern seit eh und je grosser Beliebtheit.
Die Giraglia entstand an einem Dezemberabend im Jahr 1952, als Beppe Croce, Präsident des Yacht Club Italiano, René Levainville, Präsident des Yacht Club de France, und Franco Gavagnin in einem Pariser Bistro Pläne für eine Regatta zwischen Frankreich und Italien schmiedeten. Sie sollte die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Ländern nach dem Zweiten Weltkrieg wiederherstellen, wie Emanuele Bassino, der amtierende Generalsekretär des Yacht Club Italiano, erzählt. Als mediterranes Gegenstück des Fastnet wurde die Giraglia nach dem gleichnamigen Felsen nördlich von Kap Korsika benannt. An der ersten Austragung im Jahr 1953 nahmen 22 Boote teil, danach wuchs die Flotte rasant. Nach einigen Hochs und Tiefs erreichte sie 2016 mit 268 Booten die bisherige Höchstzahl. Am Konzept – eine Offshore-Regatta zwischen Frankreich und Italien einmal rund um den berühmten Felsen – wurde trotz diverser Kursänderungen nichts geändert. Als 1998 Rolex als Namenssponsor hinzustiess, begann eine neue Ära. Rolex sorgte für frischen Wind und verhalf der Regatta zu internationalem Ansehen. Gleichzeitig wurde das Format um Inshore-Regatten in Saint-Tropez erweitert. Sie werden seit 2002 an drei Tagen von der Société Nautique de Saint-Tropez organisiert. Später kam noch eine vom Yacht Club Sanremo ausgerichtete Nachtregatta von Sanremo nach Saint-Tropez hinzu. Dieses Jahr findet zudem im Vorfeld des Hauptevents die 45th Anniversary Special Godó Trophy des Real Club Náutico de Barcelona statt. Dabei können die spanischen Teilnehmerboote des Rolex Giraglia Cups im Rahmen einer Flottenregatta nach Saint-Tropez segeln.
Klassiker des Mittelmeer-Regattakalenders
Der auf dem Wasser anspruchsvolle und an Land festliche Anlass lockt jedes Jahr an die 2500 Bootseigner und Segler aus rund zwanzig Ländern an. Er hat sich als einer der wichtigsten Events des internationalen Regattakalenders etabliert. „Die Giraglia ist eine der bekanntesten und am härtesten umkämpften Regatten des Mittelmeers. Die teilnehmenden Boote und Teams kommen gut vorbereitet hierher und haben ein hohes Niveau“, sagt Christian Niels. Der Besitzer der Mariska war 2016 das erste Mal mit dabei. „Mariska ist eine Regattajacht. Ich wollte sehen, ob sie mit den modernen Booten mithalten kann“, begründete er damals seine Teilnahme. Und das tat sie! Die 15-Meter-Jacht gewann nach berechneter Zeit eine der drei Inshore-Regatten. „Dieser Sieg ist eine Anerkennung für alle klassischen Regattaboote“, betonte der Lausanner, „denn sie werden von ihren Besitzern und erstklassigen Handwerkern ohne finanzielle Unterstützung wie Kunstwerke gepflegt. Dieses Jahr geht Christian Niels mit einem Team aus 14 sorgfältig ausgewählten Seglern an den Start. Der in der Nähe von St. Moritz beheimatete Franco Niggeler tritt auf seiner Kuka 3 ebenfalls mit einem Profiteam an und auch er schwärmt von der Veranstaltung: „Ich komme jedes Jahr zum Saisonauftakt hierher, denn die Giraglia ist eine der schönsten Regatten auf dem Mittelmeer. Mir gefällt die Idee eines Wettkampfs zwischen zwei Nationen und auch das internationale Umfeld sagt mir zu.“ Weniger grosse Ambitionen hegt David Estoppey mit seiner J112E Ninotchka IV. Er möchte einfach nur schöne Momente unter Seglern erleben, „denn wir sind Amateure“, sagt er. „An der Giraglia können wir mit der Familie und Freunden segeln. Es sind stets drei Estoppey-Generationen an Bord: mein Vater, meine Tochter und ich. Die Giraglia ist ein wunderbarer Anlass und wegen der besonderen Atmosphäre, der Umgebung und des einmaligen Konzepts eine meiner Lieblingsregatten.“
Alles, was Rang und Namen hat
Die Giraglia bringt jedes Jahr ein hochkarätiges Feld aus den Serien IRC, ORC/ORC Club, Wally, Maxi und Mini Maxi, Swan 42, Swan 45, Club Swan 50 und IMOCA zusammen. Berühmte Taktiker aus olympischen Klassen, der Hochseeszene und dem America’s Cup versuchen seit 2013 mit ihren immer stärkeren Teams den im Jahr zuvor von Esimit Europa 2 aufgestellten Rekord zu schlagen. Die 100-Fuss-Jacht von Igor Simčič hatte die 241 Seemeilen von Saint-Tropez nach San Remo in 14 Stunden, 56 Minuten und 16 Sekunden bewältigt. Diese hochkarätige Beteiligung ist kein Zufall. „Wir wollen Qualität, nicht Quantität“, bekräftigt Emanuele Bassino, „und legen den Fokus auf Schiffe zwischen 70 und 100 Fuss wie Wally, Nautor’s Swan und IMOCA. Dieses Jahr segeln in Saint-Tropez alle grossen Schiffe Up-and-down-Kurse.“ Unter den prominenten Teilnehmern sind unter anderem Magic Carpet Cubed von Sir Lindsay Owen Jones und Mathilde, die Club Swan 50 von Morten H. Kielland, der bereits zum zweiten Mal mit dabei ist. Das Rennen selbst, die Stimmung und das meist gute Wetter hätten ihn überzeugt, wiederzukommen, sagt der gebürtige Norweger, der seit acht Jahren in Gstaad lebt. Er möge den klassischen Kurs, der manchmal ganz schön trügerisch sein könne, da viele Boote gleichzeitig unterwegs sind. Jean-Luc Lévêque, Chef von Europ’Sails und Mitglied der Société Nautique de Genève, kann das nur bestätigen. „Das Regattarevier ist wirklich schön und taktisch anspruchsvoll. Es gibt mehrere Schlüsselstellen und ein paar Tricks, die weiterhelfen können.“ Er spricht aus Erfahrung, schliesslich konnte er bei den Swan 53, den Swan 42 und den Farr 30 schon mehrere Erfolge feiern. Daher weiss er, wie schwierig es ist, in berechneter Zeit zu gewinnen. „An der grossen Regatta segeln die Favoriten meist in der Spitzengruppe mit, das heisst aber noch lange nicht, dass sie dann auch auf dem Podest stehen“, meint er. „Meist setzen sich die schnellen Boote im ersten Streckenabschnitt ab, büssen ihren Vorsprung dann aber vor der italienischen Küste wieder ein.“ Dieses Jahr segelt Lévêque auf der Lorina 1895 und wird sich mit seinen Gegnern bestimmt wie gewohnt packende Duelle liefern.