Jean Psarofaghis hat seinen Hunger auch nach 180 gebauten Booten, fünf Siegen an der Bol d’Or, sechs an der Syz Translémanique en Solitaire und rund 25 an der Genève-Rolle-Genève nicht gestillt und ist noch immer voller Tatendrang. „König Jean“, wie er anerkennend genannt wird, will beim Bau von schnellen Binnenseebooten weiterhin eine Vorreiterrolle spielen und gleichzeitig die neue Generation darauf vorbereiten, die Zügel des Familienunternehmens zu übernehmen.
Jean Psarofaghis, was ist für Sie ein gutes Boot?
Ein gut konzipiertes Boot wie die Toucan. Sie ist schön und schon beim Einwassern funktioniert alles. Mit der Psaros 33 habe ich ein Boot gebaut, das diese Kriterien ebenfalls erfüllt. Ich halte sie nach der Toucan für die gelungenste Jacht. Die Psaros ist vielseitig, sowohl schwachals auch starkwindtauglich und kann dank ihrer Formstabilität, die durch den breiten Rumpf und die Kimmkante gegeben sind, auch von einer kleinen Crew gesegelt werden. Ihr Schwenkkiel sorgt dafür, dass sie ein- und zweihand gleich gut läuft. Ihr einziger Mangel ist der Preis, denn der Schwenkkiel macht rund 50 Prozent des Bootspreises aus. Aber ansonsten ist sie rundum gelungen. Die Klasse wächst und wir nehmen den Bau der elften, vielleicht sogar der zwölften Einheit in Angriff. Für Regatteure, die auf den schnellsten One-Design-Jachten segeln wollen, führt nichts an der Psaros 33 vorbei.
Was halten Sie als Bootsbauer von der Entwicklung des Bootsdesigns der letzten Jahre, insbesondere vom Boom der Foiler?
In der Regattaszene gibt es heute zwei Bootskategorien. Auf der einen Seite sind da die schnellen, aber einfachen und sicheren Gleitboote, zu denen auch die Psaros gehört. Sie richten sich an gute Segler, an erfahrene Amateure. Auf der anderen Seite ist mit den D35 eine neue Kategorie aufgekommen, die dazu geführt hat, dass die Teams immer professioneller werden. Die Boote sind so anspruchsvoll, dass sie nicht mehr wie früher von ein paar Freunden gesegelt werden können. Die Ära des Foilersegelns hat vieles verändert. Heute werden die Boote nicht mehr von ihren Besitzern gesteuert, sondern von Profis. Wenn es auf einem 80 Stundenkilometer schnellen Boot zu einer Kollision kommt, ist das, als würde man gegen eine Wand fahren. Vielleicht können die elektronischen Trimmsysteme der Foils die Gefahren etwas mildern, Wunder darf man aber keine erwarten. Statt mit 15 Knoten werden sich die Boote mit 35 oder sogar mit 40 Knoten überschlagen.
Sie bauen gerade ein neues Boot, die LP 820. Was zeichnet sie aus und inwiefern ergänzt sie die Psaros 33?
Ich baue das Boot gemeinsam mit den Luthi-Brüdern. Ausschlaggebend war die Erkenntnis, dass es immer schwieriger wird, Crewmitglieder zu finden und viele Eigentümer den Wunsch haben, allein, zu zweit oder zu dritt segeln zu können. Die Zeit der grossen Boote wie der Psaros 40 ist vorbei, denn sie sind teuer und erfordern viele Crewmitglieder. Genau die sind aber Mangelware. Frühere Eigentümer von grossen Booten haben sich mit der Bitte an uns gewandt, ein einfach zu segelndes, stabiles und sicheres Fun-Boot zu entwickeln. Das haben wir mit der LP 820 versucht. Das Boot richtet sich aber auch an junge Segler und an Regatteure. Es wird 8,20 Meter lang sein und weniger als 900 Kilo wiegen. Eine Rakete, von Leuten des Sees für Leute des Sees gemacht.
Sie haben als Bootsbauer Jachten für den Genfersee entworfen und als Regattasegler alle möglichen Rennen gewonnen. Warum ist Ihnen der See nie zu klein geworden?
Wir verfügen über ein fantastisches Revier, ich hatte grossartige Kunden, darunter passionierte Segelfamilien wie die Firmenichs, die Durrs und die Sterns. Dadurch waren uns beim Bau der Boote sozusagen keine Grenzen gesetzt. Ich bin der Meinung, dass man die Dinge lieber gut im eigenen Betrieb machen sollte als schlecht bei anderen. In der Schweiz segeln rund hundert Toucan, aber im Prinzip sollte es sie in tausendfacher Ausführung auf der ganzen Welt geben, denn sie war der Konkurrenz damals deutlich überlegen. Die Psaros 33, die Psaros 40 und die Luthi F10 sind unglaubliche Boote, aber es sind Binnenseejachten. Vermessungen, die Boote drosseln, haben mich nie interessiert. Ich will schnelle Boote bauen. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir in der Schweiz arbeiten und unser Stundenansatz höher ist als im Ausland. Ich bedaure meine Entscheidung nicht, auch wenn es unsere Boote verdient hätten, überall zu segeln.
Ihnen wird nachgesagt, dass Sie schlecht verlieren können. Trifft das noch immer zu?
Ich bin kein schlechter Verlierer, mein Kampfgeist hat nachgelassen. Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal an einer Regatta aufgegeben (Anm. d. Red.: An der Bol d’Or Mirabaud beendete Jean Psarofaghis auf der Syz&Co das Rennen vorzeitig). Und ich habe den Motorschlüssel gefunden, davor wusste ich nicht einmal, dass ich einen habe. Ich werde älter, mein Gleichgewicht ist weniger gut und das Feuer in mir brennt nicht mehr so stark. Trotzdem habe ich noch nicht beschlossen, ein Motorboot zu bauen, um die Regatten als Zuschauer mitzuverfolgen. Dazu habe ich zu viele Projekte. Ich habe das Glück, dass Mikis das Unternehmen übernimmt und Arnaud (Anm. d. Red.: sein Neffe Arnaud Psarofaghis), der uns sehr nahe steht, an der Weltspitze mitmischt.
Bei den Psarofaghis wird in der Familie, um nicht zu sagen im Clan, gesegelt und gearbeitet. Was halten Sie von der neuen Generation, Ihrem Sohn Mikis und Ihrem Neffen Arnaud, einem der momentan besten Steuermänner?
Wir sind alle bei Pierre-Yves Firmenich in die Schule gegangen. Arnaud hat sein erstes Boot von Pierre-Yves bekommen. Er hat uns allen den Segelvirus übertragen. Indem ich schöne Boote baue, versuche auch ich, dem Nachwuchs die Freude am Segeln weiterzuvermitteln. Ich freue mich, dass Mikis bei den Moth und den Psaros 33 gute Resultate bringt. Und Arnaud… Ich wäre froh, wenn er etwas weniger anderswo engagiert und etwas mehr bei uns wäre. Aber er bewegt sich eben in einer anderen Sphäre. Manchmal segeln wir dennoch zusammen und er gibt hervorragende Tipps. Sein Beruf ist das Regattasegeln, Mikis und meiner der Bootsbau, das Unternehmensmanagement und, nebenbei, das Segeln. Ich bin dabei, das Ruder der Firma an Mikis zu übergeben, arbeite aber weiter, um ihn zu unterstützen und zu schulen und auch, weil meine Werftarbeiter Freude an ihrer Arbeit haben und diese auch hervorragend machen.