Die 67. Austragung der Rolex Giraglia hat wieder sämtliche Erwartungen übertroffen. Für viele Segler ist die Teilnahme an dieser Regatta ein Traum, den sie sich jedes Jahr von Neuem erfüllen.
Der grosse Mittelmeerklassiker
hat noch nie einen solchen Andrang erlebt. Unglaubliche 2900 Glückspilze aus 20 Ländern konnten dieses Jahr an diesem besonderen Segelfest teilnehmen. Ob das Ziel im Fürstentum Monaco der Grund für den unglaublichen Ansturm war? Die diesjährige Austragung war mit 297 Booten aber nicht nur die teilnehmerstärkste, sondern auch die schnellste. Die Flotte absolvierte die 241 Seemeilen lange Strecke von Saint-Tropez über den Giraglia-Felsen nach Monaco in einer neuen Bestzeit. Sogar das Schlusslicht brauchte weniger als 36 Stunden! Für den Einzelrekord reichte es allerdings nicht ganz. George David verpasste den Streckenrekord mit seinem Maxi-Racer Rambler 88 um eine knappe Stunde.
Die fünf Schweizer am Start hatten unterschiedliche Programme und Ziele, was damit zusammenhängt, dass sich der einwöchige Anlass, der vom Yacht Club Italiano, dem Yacht Club Sanremo und der Société Nautique de Saint-Tropez gemeinsam organisiert und seit 1997 von Rolex unterstützt wird, aus verschiedenen Regatten zusammensetzt. Den Anfang macht jeweils freitagnachts die Überführungsregatta, die im Anschluss an die Oyster Party in San Remo startet. Am Samstag folgen drei Tage Inshore- Regatten mit Up- und Down-Kursen vor der Küste, an denen die Teams auf das Offshore-Rennen heiss gemacht werden und die mit der Crew Party zu Ende gehen. Am Tag darauf folgt dann das Highlight: das Rennen um den berühmten Giraglia-Felsen, an dem die ganze Flotte teilnimmt. Nach der Zieleinfahrt in Monaco erholt man sich im prachtvollen Yacht Club von den Strapazen. Den krönenden Abschluss bildet am Freitagabend das Konzertdinner in Anwesenheit von Prinz Albert II. auf dem Quai Louis II.
Vielfältige, attraktive Flotte
An der diesjährigen Rolex Giraglia waren alle Klassen und Bootstypen vertreten. Da fehlten natürlich auch die schönsten und schnellsten, die IMA-Racer (International Maxi Association) nicht, schliesslich beteiligen sie sich an allen namhaften Rennen von internationalem Ruf, wie etwa dem Fastnet oder der Sydney-Hobart. An Bord waren lauter America’s-Cup-Stars, darunter Dean Barker oder Simon Daubney, sowie viele weitere bekannte Hochseecracks. Nicht weniger prominent ging es auf den Swan 42, 45 und 50 zu. Dort gaben aber nicht Grössen aus dem Regattasport den Ton an, sondern gekrönte Häupter und Wirtschaftsmogule wie der norwegische König oder Leonardo Ferragamo, die Seglen als Hobby betreiben. Für die Swan-Jachten zählt die Inshore-Regatta zusammen mit der Copa del Rey und der Scarlino Swan One Design zur Wertung der Nations Trophy Med League.
Für die Offshore-Regatta hatten sich nur drei der zehn Swan Club 50 gemeldet. Die anderen, darunter die unter Schweizer Flagge segelnde Mathilde, konzentrierten sich in der Hoffnung auf einen Podestplatz auf die Inshore-Rennen. Neben den modernen Racern mischten mehrere klassische und sogar Vintage-Jachten mit. Zwar kam es aufgrund des vorausgesagten Mistrals nicht zu der mit Spannung erwarteten Revanche zwischen Tuiga und Mariska, dafür sorgten andere Schönheiten für Aufsehen. Die Sloop Vanessa, ein 15 Meter langer Prototyp der IOR-Klasse, der 1975 gebaut und auf Wunsch von Prada-Boss Patrizio Bertelli restauriert wurde, beendete das grosse Rennen als 21. nach berechneter Zeit. Alle anderen Boote, von Performance-Cruisern über 30’-Sloops bis hin zu 180’-Ketschs, verteilten sich auf die verschiedenen ORC- und IRC-Klassen. Es waren alle möglichen Bootshersteller vertreten, neuere Exemplare genauso wie ältere. Ebenso unterschiedlich gestalteten sich die Teams. Profis standen passionierten Amateuren gegenüber. Am Abend nach den Regatten dann das allgemeine Schulterklopfen. Die Boote wurden bestaunt, die Gegner beglückwünscht. Alle sassen beisammen, Freunde, Konkurrenten, berühmte Skipper und Allgemeinsterbliche. Das Paradies jedes Seglers! Jeder sollte es mindestens einmal in seinem Leben erlebt haben. Das sagte sich auch der Zürcher Ruedi Huber. Er ist Stammgast bei Mittelmeerregatten und hatte immer davon geträumt, mit seiner wunderschönen Baltic 50 Music an der Rolex Giraglia teilzunehmen, nur hatte sich bisher nie die Möglichkeit ergeben.
Das höchste aller Segelgefühle
Highlight war natürlich der sensationelle Offshore- Kurs. Den mythischen Felsen nördlich von Korsika zu runden und die sagenhafte Landschaft zu bestaunen ist ein berauschendes Erlebnis. Zur allgemeinen Freude zeigte sich das Wetter dieses Jahr von seiner besten Seite. Ein gemässigter Mistral sorgte für 30 Knoten Wind – genau richtig, um bei der Vorwindfahrt nach Korsika den Geschwindigkeitsrekord zu brechen. Music legte tatsächlich eine Rekordfahrt hin. Sie surfte nach der Umrundung der Boje vor Cavalaire mit 17 Knoten unter Spi. Im Ziel strahlten die Teammitglieder um die Wette. Sie hatten in dieser Nacht Unvergessliches erlebt. Das andere Schweizer Team auf der J/122 Ninotchka war mit seiner Leistung ebenfalls zufrieden. David Estoppey setzte sich nach einem gelungenen Start sogar an die Spitze, wurde kurz vor dem Ziel aber etwas ausgebremst. Der Wind zwischen Korsika und dem Festland ist oft tückisch und macht die Ankunft an der Riviera zu einer kniffligen Angelegenheit. Auch George David und seinem erfahrenen Taktiker Brad Butterworth auf der Rambler 88 machte der launische Wind einen Strich durch die Rechnung. An ihrer ersten Giraglia segelten sie lange in der von Esmit Europa 2 im Jahr 2012 aufgestellten Bestzeit. Wenige Kabellängen vor dem Ziel gerieten sie dann in ein Flautenloch und mussten sich mit einem Sieg in Echtzeit trösten. Für den Rekord und den Gesamtsieg reichte es nicht mehr. Der ging an Alex Schaerer auf seiner Maxi 72 Coal, der nach mehreren erfolglosen Versuchen endlich ganz oben auf dem Treppchen stand.