Jean-Claude Ray, Sie beginnen am 1. Mai als Geschäftsführer bei Swiss Sailing. Was reizt Sie an dem Job?
Als ehemaliger Skeleton- und Bobsportler, als Geschäftsführer des Schweizerischen Bobsleigh-, Schlitten- und Skeleton-Sportverbands SBSV (neu Swiss Sliding) und in meiner Funktion als Verbandsmanager bei Swiss Olympic habe ich sehr viele Facetten des Schweizer und internationalen Sports kennengelernt. Nun ist es für mich extrem spannend in einen Sportverband einsteigen zu können, in dem ich vieles noch nicht kenne, aber viele meiner Erfahrungen einbringen kann. Die Sportart Segeln mit all den verschiedenen Bootsklassen finde ich sehr interessant und ich freue mich, in der Welt der Segler Fuss fassen zu dürfen.
Bei Ihrer Arbeit als Verbandsmanager bei Swiss Olympic haben Sie unter anderem auch den Segelverband betreut. Welchen Eindruck hatten Sie damals von Swiss Sailing und der Swiss Sailing Team AG (SST)?
Als Verbandsmanager kümmert man sich hauptsächlich um Themen rund um den Leistungssport (Nachwuchs und Elite), demzufolge war die Zusammenarbeit mit der SST intensiver als mit Swiss Sailing. Die SST und Swiss Sailing habe ich als zwei sehr professionelle und engagierte Organisationen erlebt. Den Verband habe ich als sehr proaktiv empfunden. Man merkt schon, dass die Segler spüren, woher der Wind bläst.
Was sind die Hauptunterschiede zwischen einem Sportverband und der Dachorganisation der Schweizer Sportverbände?
Grundsätzlich gibt es keine grösseren Unterschiede, man arbeitet einfach auf einer anderen Ebene. Swiss Olympic agiert als Dienstleister der Mitgliederverbände, das gilt auch für Swiss Sailing, aber eine Stufe tiefer. Ein nationaler Sportverband ist in erster Linie ein Dienstleister für die angeschlossenen Organisationen (Regionalverbände, Clubs und Vereine) und soll als Drehscheibe, Kontakt- und Informationsstelle dienen.
Haben Sie den letzten America’s Cup mitverfolgt?
Natürlich habe ich den letzten America’s Cup mitverfolgt, aber sicher nicht so intensiv wie damals, als das Team Alinghi dabei war. Ich finde den America’s Cup extrem spannend, da meiner Meinung nach nicht nur die direkte Konfrontation auf dem Wasser im Zentrum steht, sondern auch die ganze technische Entwicklung auf höchster Ebene. Beim Bob- und Skeletonsport haben mich die Technik und die Weiterentwicklung der Geräte auch immer fasziniert.
Was hört ein aussenstehender Sportinteressierter vom Segeln in der Schweiz?
Natürlich sind die Leistungen des Teams Alinghi im America’s Cup vor ein paar Jahren noch allen präsent und es wird immer noch darüber gesprochen. Sonst wird in meinen Augen mehr die sehr hohe Dichte an Segelbooten auf den Schweizer Seen wahrgenommen und ich bin nicht einmal sicher, ob die Leute einen Unterschied zwischen Freizeitseglern und Regatteuren machen.
Sie waren schon einmal Geschäftsführer eines Sportverbandes. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten erwarten Sie zwischen Swiss Sliding und Swiss Sailing?
Swiss Sailing hat gut zehnmal mehr Mitglieder als Swiss Sliding. Dazu kommt, dass die Aufgaben der Verbandsarbeit bei Swiss Sailing im Rahmen der Geschäftsleitung auf mehrere Personen verteilt sind. Bei Swiss Sliding war ich für die meisten Aufgaben alleine verantwortlich. Die grundsätzlichen administrativen Verbandsaufgaben sind jedoch vergleichbar. In beiden Fällen ist die Geschäftsstelle die zentrale Drehscheibe zwischen den Gremien im Verband, den externen Partnern und den Mitgliedern.
Haben Sie sich bereits Ziele für die Verbandsführung gesetzt?
Eines meiner ersten Ziele ist es den Segelsport und insbesondere die Welt der Segler in der Schweiz so rasch wie möglich gut kennenzulernen. Ich will die Leute, die im Segelsport tätig sind, treffen, um mir ein Gesamtbild machen zu können. Mir geht es nicht darum, ein Segelexperte zu werden, aber ich will die Welt der Segler verstehen können, damit ich im Verband als gewinnbringender Dienstleister agieren kann.
Für jeden Sportverband sind Sponsoren ein wichtiges Thema. Sehen Sie Möglichkeiten neue Sponsoren zu finden?
Sponsoren sind in Sportverbänden immer ein Thema. Während meiner Zeit bei Swiss Sliding haben wir über mehrere Jahren versucht neue Sponsoren zu akquirieren, leider ohne grossen Erfolg. Heutzutage haben grössere Unternehmen, die über die entsprechenden finanziellen Ressourcen verfügen, Sponsoring-Abteilungen, die den Mehrwert eines Sponsorings ganz genau kalkulieren. Es gibt nicht mehr viele grössere Firmen mit einem einzigen Chef, der über fast alles (auch Sponsoring-Beiträge) entscheiden kann. Und genau da liegt das Problem bei der Sponsorensuche. Der Verband muss ganz klar aufzeigen können, welche Gegenleistungen (z.B. Medien- oder TV-Präsenz) er dem Sponsor bieten kann. Das Thema Sponsorensuche muss professionell angegangen werden, sonst sind die Erfolgschancen sehr gering. Manchmal hat man aber einfach nur Glück, sprich, man ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Erwarten Sie grosse Unterschiede zu Swiss Sliding betreffend Jugend- und Breitensport?
Im Bob- Skeleton- und Rodelsport gibt es grundsätzlich keinen Breitensport, es sind nur sehr wenige Athleten und die betreiben diese Sportarten nur hobbymässig. Im Vergleich dazu hat der Breitensport bei Swiss Sailing einen grossen Stellenwert. Das Einstiegsalter liegt bei Swiss Sliding zwischen 18 und 20 Jahren und die Athleten kommen im Allgemeinen aus einer andern Sportart auf die Eisbahn.
Haben Sie selber Segelerfahrungen?
Meine Segelerfahrung beschränkt sich auf einige Ausflüge mit meinem Schwager auf dem Neuenburgersee mit einer kleinen Kabinenjacht. Im Herbst 2012 durfte ich die jungen Segler vom Talentpool mit dem SST auf dem Motorboot begleiten.
Haben Sie sich schon seglerische Ziele gesetzt?
Ich möchte die verschiedenen Klassen sehr gerne als Crewmitglied kennenlernen. Ambitionen für Regattaerfolge habe ich bis jetzt noch keine.