Valentin Gautier und Simon Koster haben eine regelrechte «normannische Schlacht» hinter sich. Am 18. September 2020 beendete das Powerduo das überaus schwierige Rennen auf der Banque du Léman als Sieger.
Text: Jean-Guy Python
Valentin Gautier und Simon Koster feierten auf der Class 40 Banque du Léman am Normandy Channel Race einen prestigeträchtigen Erfolg. Nach einem hochspannenden Schlusssprint sicherte sich das Rösti Sailing Team an seiner ersten Teilnahme den verdienten Sieg.
Der abwechslungsreiche Kurs führte von Caen in der Normandie über rund 1000 Seemeilen durch den Ärmelkanal und das Keltische Meer bis zur Südspitze Irlands und wieder zurück. Dabei wurde die eine Hälfte vor der französischen oder der englischen Küste und die andere auf offenem Meer gesegelt. Bei hohem Tempo und in komplexen Revieren waren die Teilnehmer nicht nur technisch gefordert, sondern mussten sich auch taktisch beweisen.
Banque du Léman gewann das Normandy Channel Race mit sechs Minuten Vorsprung auf die Favoriten Ian Lipinski und Julien Pulvé auf Crédit Mutuel. Nach einem letzten Kraftakt auf der Zielgeraden hart am Wind in einem entfesselten Ärmelkanal überquerte die Siegerjacht nach 4 Tagen, 20 Stunden und 25 Minuten die Ziellinie im Starthafen von Caen und verwies Ian Lipinski auf Rang zwei. Für den zweifachen Mini-Transat-Sieger und Gewinner der letzten Jacques Vabre bedeutete dies die erste Niederlage seit 2015. «Wir haben den Sieg wirklich nicht gestohlen!», jubelte Valentin Gautier, als er zusammen mit Simon Koster unter Motor den Kanal nach Caen hochfuhr. «Es war vom Start bis ins Ziel ein einziger Kampf. Das Normandy Channel Race ist wie eine Schlacht, du bist nie vor Überraschungsangriffen gefeit. Unsere Gegner bliesen immer wieder zur Offensive. Es war echt hart, sie liessen einfach nicht locker. Am Schluss wurde es dann noch richtig stürmisch, der Ärmelkanal zeigte sein ganzes Temperament.»
Mit einem Sprint zum Sieg
Der Ausgang war denkbar knapp. Sechs Minuten nach einem fast fünftägigen Rennen sind ein hauchdünner Vorsprung. Den hat sich das Rösti Sailing Team aber hart erkämpft. «Die Regatta bestand aus lauter grossen Sprints. Es gab nur zwei Phasen, in denen wir uns etwas erholen konnten», sagte Valentin. «Der Kurs führt in Gebiete mit starker Strömung und technisch schwierigen Stellen. Dort musst du hochkonzentriert bleiben, sonst kann auf einen Schlag alles vorbei sein. Dieses Jahr gab es echte Mid-Shore Passagen mit vielen Windwechseln und Flauten. Wirklich ausruhen konnten wir uns deshalb nie. Beim Schlussspurt im Ärmelkanal haben wir nochmals richtig Gas gegeben. Auf der letzten Kreuz blies Crédit Mutuel ein letztes Mal zum Angriff. 45 Seemeilen vor Schluss, auf Höhe des Raz de Barfleur, segelten Lipinski und Pulvé dann aber etwas zu tief, hatten Mühe, die Landspitze zu umrunden und mussten an-luven. Wir segelten weiter draussen und hatten mehr Strömung, sodass es uns gelang, sie zu überholen und bis ins Ziel unter Kontrolle zu halten. Wir passierten die Linie aber nur knapp zwei Seemeilen vor ihnen.»
Zwei harte Tage zum Schluss
Das Rennen war weder für die Segler, noch für die Boote ein Zuckerschlecken. Besonders schlimm wurde es gegen Schluss. Sichtlich erschöpft erzählte Valentin: «An den letzten beiden Tagen ging auf allen Booten etwas kaputt, das Meer spielte verrückt. Auf unserem Boot wurde der Grosssegelkopf beschädigt, uns bliesen Windböen von bis zu 40 Knoten voll ins Gesicht und die Wellen bäumten sich im Sechs-Sekunden-Takt fast drei Meter auf. Es waren kurze Kreuzwellen mit einem riesigen Gezei-tenkoeffizient und einer je drei Knoten starken Strömung in beide Richtungen. 35 Knoten Wind gegen drei Knoten Strömung, das war ganz schön krass. Ausserdem war ich seekrank.»
Am Morgen des letzten Tages lag Banque du Léman auf dem 2. Platz. Trotz des tobenden Meers verlor das Rösti Sailing Team den greifbaren Sieg nicht aus den Augen und zog mit einem cleveren Schachzug an Crédit Mutuel vorbei: «Am Ende des Rennens konnten wir dank einer guten Strategie noch den Sieg einfahren», so Valentin. «Der Ärmelkanal war ausser Rand und Band! Die Wellen türmten sich drei Meter hoch auf und die Strömung war gewaltig. Wir sind wirklich an unsere Reserven gegangen und waren am Ende unserer Kräfte. Nach dieser Regatta kann keiner mehr sagen, dass Schweizer nur bei schwachem Wind gewinnen können! Wir sind natürlich überglücklich, dass wir uns in der Klasse der Boote bis 40 Fuss durchgesetzt haben.»
Simon Koster freute sich auf die Siegesfeier in Caen, die Stadt gefalle ihm sehr gut, meinte er. Bestimmt nicht unglücklich ist er darüber, dass sein Innenohr nach dem Landfall wieder ins Gleichgewicht kommt.