Nach der einjährigen Zwangspause war die Rolex Fastnet endlich wieder bereit für grosses Segelkino. Am 8. August 2021 preschte die Flotte der populärsten Offshore-Regatta der Welt vor der Küste von Cowes auf der Isle of Wight in die Irische See. Sie nahm erstmals in der Geschichte nicht Kurs auf das britische Plymouth, sondern auf Cherbourg in Frankreich. Neben den hochgezüchteten Offshore-Racern war auch eine stattliche Schweizer Delegation dabei. Ihre Ausbeute: je einmal Gold, Silber und Bronze!
Text: Sébastien Aurbord
Es gibt kaum eine legendäre Hochseeregatta, an der nicht auch Schweizerinnen und Schweizer mitmischen. Das Fastnet Race macht da keine Ausnahme. Für sein letztes grosses Rennen vor der Jacques Vabre trat das Rösti Sailing Team in einer ungewohnten Zusammensetzung an. Simon Koster und Valentin Gautier hatten mit Alan Roura und dem Bretonen Alan Pennanec’h zwei hochkarätige Gastsegler an Bord geholt. Bei den IMOCA segelte Justine Mettraux als Co-Skipperin mit dem Briten Simon Fisher auf 11th Hour Racing und Oliver Heer kämpfte an der Seite von Alex Thomson auf der Hugo Boss um eine Topplatzierung. Vervollständigt wurde die beachtliche Schweizer Delegation von Adrian Keller auf seinem 84-Fuss-Multi Allegra, Beat Fankhauser auf einem IMOCA mit Baujahr 2008 und den Youngstern vom Centre d’Entraînement à la Régate an Bord der Volvo Open 70 Telefonica Black.
695-Seemeilen-Kurs
Für seine diesjährige Ausgabe ging das Fastnet buchstäblich neue Wege. Der veranstaltende Royal Ocean Racing Club hatte entschieden, die Ziellinie zu verlegen und die Regatta erstmals nicht in Plymouth, sondern in Cherbourgen-Cotentin enden zu lassen. Die französische Gaststadt hat viel Erfahrung mit Offshore-Regatten und verfügt über die entsprechende Infrastruktur für einen solchen Grossanlass. Durch die neue Zieleinfahrt betrug der Kurs neu 695 Seemeilen. Er führte von Cowes durch den Solent vorbei an den Needles, einer Felsgruppe an der Einfahrt in den Ärmelkanal. Anschliessend ging es vor Devon und Cornwall der Südküste Englands entlang bis zum Land’s End, dem westlichsten Punkt der britischen Insel. Von dort wurde der Fastnet Rock vor der südirischen Küste angepeilt. Der legendäre Felsen bildet den Wendepunkt des Rennens. Auf dem Rückweg mussten die 336 teilnehmenden Boote den Leuchtturm Bishop Rock südwestlich der Scilly-Inseln backbord liegen lassen und zum Endspurt Richtung Normandie ansetzen.
Phänomenaler Start
Der Startschuss zum diesjährigen Fastnet Race ertönte am Sonntag 8. August, vor dem Royal Squadron Yacht Club. Die Boote wurden bei stürmischen Bedingungen in den Solent geschickt. Wie bei einem so entfesselten Meer nicht anders zu erwarten, nahm das Rennen für mehrere Dutzend von ihnen ein vorschnelles Ende. Der Ultim-Trimaran Maxi Edmond de Rothschild setzte sich praktisch sofort an die Spitze des Feldes, überquerte den Kanal in Führung und stach zum Kap de La Hague hinab. Bei den Einrümpfern übernahm die werftneue ClubSwan 125 Skorpios das Kommando. Im Feld hatten sich bei der Ausfahrt aus dem Solent zwei Gruppen gebildet. Die erste entschied sich für einen küstennahen Kurs bis zum Land’s End. Zu ihr zählten unter anderem die Giganten der IRC-0-Klasse Skorpios und Rambler. Die französischen Boote segelten mehrheitlich einen langen Schlag quer über den Kanal, bevor sie wendeten und den Fastnet Rock ansteuerten.
Nur 21 Stunden nach dem Startschuss rundeten Franck Cammas und Charles Caudrelier auf Gitana 17 den Fastnet-Felsen als erste. Sodebo und Groupe Actual folgten rund zweieinhalb Stunden später. Weiter hinten lieferten sich die 38-Meter-Riesin Skorpios und die «kleine» IMOCA-Jacht Apivia einen spannenden Spitzenkampf bei den Einrumpfjachten.
Gold, Silber, Bronze
Bei den Schweizern ging Adrian Keller auf seinem Allegra bei den MORCA (Mehrrümpfer ohne Ultim) rasch in Führung. Auch das Rösti Sailing Team startete auf seiner Class40 fulminant ins Rennen, wurde dann aber aufgrund eines taktischen Fehlers deutlich zurückgeworfen. Justine Mettraux auf 11th Hour Racing kämpfte um einen Spitzenplatz und versuchte, so nah wie möglich am englischen Ufer zu segeln, um möglichst ein paar Meter gutzumachen. Pech hatte hingegen die Volvo 70 des Centre d’Entraînement à la Régate. Sie erlitt wenige Stunden nach dem Start eine grobe Havarie. Das Team hatte gerade die grössere Genua gesetzt, als das Boot in einem Wellental abrupt gestoppt wurde und ein Backstag riss. Nelson Mettraux, Administrator des CER, meinte abgeklärt: «Wir wussten, dass es schwierig sein würde, das Rennen war aber trotzdem eine gute Erfahrung. Wir haben gemerkt, wie anspruchsvoll eine Offshore-Regatta ist.»
In der Kategorie MORCA fuhr Adrian Keller auf seinem 84-Fuss-Katamaran einen ungefährdeten Sieg nach Hause. Justine Mettraux und Simon Fisher auf 11th Hour Sailing belegten bei den IMOCA Rang 3 und übernahmen damit die Führung in der «IMOCA Globe Series»-Wertung. Das Rösti Sailing Team kämpfte sich nach seinem Fehler verbissen wieder nach vorne, es hätte sogar fast für Platz 1 bei den Class40 gereicht. «Wir sind hochzufrieden!», freute sich Valentin Gautier nach der Aufholjagd. «Eingangs der Strasse von Alderney hatten wir sogar noch gehofft, dass wir die Palanad 3 überholen können. Am Ende war es ein knappes Rennen – sowohl um den Sieg als auch um das Podest. Leider ist uns in der Mitte des Rennens ein schwerer taktischer Fehler unterlaufen. Wir haben Kurs nach Westen eingeschlagen, was uns zahlreiche Plätze gekostet hat. Letztlich konnten wir das Rennen mit einer konzentrierten Leistung gut über die Bühne bringen. Wir sind froh über unser Comeback und das herausragende Ergebnis am legendären Rolex Fastnet Race.»
Maxi Edmond de Rothschild überragender Sieger
Der Ultim Maxi Edmond de Rothschild brauchte für die Strecke nur gerade 1 Tag, 9 Stunden und 15 Minuten. Damit holte er sich zum zweiten Mal in Folge den Sieg und stellte gleichzeitig einen neuen Rekord auf. Bei den Einrumpfbooten gelang es Skorpios bei wenig Wind ihre hartnäckige Verfolgerin Apivia abzuschütteln. Die kleine Jacht von Paul Meilhat und Charlie Dalin hatte der riesigen Segelfläche des Giganten nichts entgegenzusetzen.
Das 49. Rolex Fastnet Race bot grossartiges Segelspektakel. Der Erfolg gab den Organisatoren Recht: Ihr Entscheid, die Zieleinfahrt nach Cherbourg-en-Contentin zu verlegen, hat der Regatta eindeutig zu neuer Dynamik verholfen. In zwei Jahren feiert das Fastnet ein rundes Jubiläum. Es wird auch dann wieder in Cowes starten. Wohin es die Flotte verschlägt, steht hingegen noch nicht fest.