Am Finale der Saison 2022 in Versoix konnten die Clubs aus der Deutschschweiz einen Doppelerfolg feiern: Sie gewannen sowohl den abschliessenden Act als auch die Meisterschaft. Der gastgebende Club aus Versoix zeigte bei seinem Heimspiel mit seinem 2. Platz jedoch eine so eindrückliche Leistung, dass die Vorherrschaft in Gefahr ist.
Text: Grégoire Surdez
Fotos: Gwidon Libera
Der Petit-Lac – das untere Genferseebecken – gilt nicht nur bei den Seglerinnen und Seglern aus der ganzen Schweiz, sondern auch bei den Regattaveranstaltern als Nonplusultra. Versoix wurde seinem Ruf als windiger Spot am Finale 2022 der Swiss Sailing Super League gerecht und bot den teilnehmenden Clubs herausragende Bedingungen. Mit einem 3. Rang in Port-Choiseul sicherte sich der SV Kreuzlingen mit Tom Rüegge bereits zum dritten Mal die Clubmeisterschaft. Der RC Thun (2.) und der RC Bodensee vervollständigten das Podest der abwechslungsreichen Saison. Als bestes Team aus der Romandie belegte Neuchâtel (CVN) den 5. Platz, Versoix folgte auf Platz 7. Die Genfer SNG (10.) und Bordée de Tribord aus La Neuveville (11.) müssen gegen den Abstieg kämpfen.
Komplizierte Saison
Bis zum Saisonabschluss in Versoix waren die teilnehmenden Clubs nicht gerade mit Wind verwöhnt worden. Faire, geschweige denn konstante Bedingungen waren daher nicht wirklich gegeben. «Bislang hatten wir wirklich Pech», meinte auch Markus Blaesi, der Präsident der Swiss Sailing League. «Dabei wurden die Termine von den Clubs selbst vorgeschlagen. Sie haben die Wochenenden ausgewählt, an denen es erfahrungsgemäss am meisten Wind hat und die Chance gross ist, dass möglichst viele Läufe ausgetragen werden können.»
Die Rechnung ging dann aber nicht auf. An einigen Events mussten sich die Teams stundenlang gedulden, nur um nach der endlosen Warterei ein paar kurze Läufe zu segeln. Umso mehr freuten sich die zwölf SuperLeague-Teams über den Südwestwind in Versoix, der sich drei Tage konstant hielt. «Wir sind extrem stolz, dass wir den Anlass auf dem Wasser und an Land wie geplant durchführen konnten», sagte Fred Macheret, der Präsident des Organisationskomitees. «Während des gesamten Wettkampfs herrschte eine super Stimmung und die Regatten blieben spannend bis zum Schluss. Ich glaube, es ist das erste Mal, dass an einem Meisterschaftsevent das komplette Programm mit 42 geplanten Wettfahrten gestartet werden konnte.»
Grossartiges Finale
Auf dem Wasser lief alles nach Plan. Die Fahrer der Schlauchboote hatten alles im Griff und sorgten dafür, dass die drei Minuten, die den Clubteams für die Rotation der sechs Boote zur Verfügung standen, nicht überschritten wurden. «Ihnen und den anderen Freiwilligen, die bei diesem Finale im Einsatz waren, ist es zu verdanken, dass der Event so erfolgreich verlief», bedankte sich Fred Macheret. Die Herausforderung sei gross gewesen und sie hätten Glück gehabt, dass ihnen der Wind in die Hände gespielt habe, fügte er an.
In Versoix wurde fair, aber hart gekämpft. An der Vorherrschaft der Deutschschweizer Clubs hat sich seit der Einführung der Super League im Jahr 2018 nichts geändert. Sie holten jedes
Jahr den Meistertitel. In Versoix machten die Berner vom RC Oberhofen das Rennen. Mit achtLaufsiegen liessen Vater (Stefan) und Sohn (Till) Seger, begleitet von Silvan Zuppiger und Karin Nordström, der Konkurrenz keine Chance. Sie mussten sich allerdings bis zum letzten Tag vehement gegen die Lokalmatadoren vom Club Nautique de Versoix zur Wehr setzen. Ohne
Victor Casas, der am selben Wochenende mit dem CER an der M2 Speed Tour im Einsatz stand und diese im Übrigen auch gewann, stellte der CNV mit dem hervorragenden Romain Defferard
am Steuer die Weichen für die Zukunft. Der junge Segler und ETH-Student gehört zu den aufstrebenden Stars des Schweizer Regattasports. Mit seinem Sieg an der J70-Schweizermeisterschaft, dem Gewinn der Bol d’Or Mirabaud mit Double You Team und seiner brillanten Leistung an diesem Heimfinale ist Defferrard zweifellos die Entdeckung der Saison.
Romuald Hausser, sein Teamkollege und zweimaliger Olympiateilnehmer im 470er, gehört zu Defferards grössten Fans. Bewundernd meint er: «Romain ist unglaublich konstant und hat eine gute Nase. Das eröffnet uns gute Aussichten für die nächste Saison, in der wir hoffentlich bei jedem Event mit demselben Team antreten können. Vermutlich macht genau das den Unterschied zwischen den Teams aus der Romandie und jenen aus der Deutschschweiz. Sie konzentrieren sich viel stärker auf ein einziges Ziel und segeln immer in der gleichen Konstellation. Auf lange Sicht zahlt sich das aus. Für einen Club wie Versoix ist das komplizierter, weil wir auf verschiedenen Booten segeln und nicht überall gleichzeitig sein können. Wir haben daher darum gebeten, dass sich die Termine der Sailing League und der M2 Speed Tour nicht überschneiden. So können wir bei jeder Regatta den besten Segler aufstellen.»
Neuheiten im Jahr 2023
Markus Blaesi, der Big Boss der Sailing League, nickt zustimmend. «Es ist in unser aller Interesse, dass wir immer die Besten aufs Wasser schicken», sagt er. «Der Kalender wird daher angepasst und es wird auch sonst einige Neuerungen geben. Wir werden ein siebtes Boot kaufen, damit wir die Anzahl der Teams in der Super League von 12 auf 14 aufstocken können. Zudem möchte ich die Anzahl der nötigen Läufe für einen gültigen Event erhöhen. Ich glaube, dass ist auch im Sinne der Clubs. Wir würden von derzeit vier – zwei pro Team – auf zehn wechseln, was fünf Läufen pro Boot entspricht. So würden die Ergebnisse dem Wert des Teams besser entsprechen und den Faktor Glück einschränken.»
Die geplanten Änderungen werden den Mitgliedern bei der Jahresversammlung Ende November zur Abstimmung vorgelegt. Vielleicht ändern sich dann ja die Kräfteverhältnisse und es gelingt einem Team aus der Romandie, den Meistertitel zu holen.