Die Freeride World Tour startet in ihre 16. Saison. Zeit für eine Tour d’Horizon mit ihrem Gründer Nicolas Hale-Woods.
Text: Patricia Oudit
Was sind die Neuheiten der diesjährigen Freeride World Tour?
Seit letztem Jahr gibt es zwei Saisonhälften mit einem Cut nach dem dritten Tourstopp. In der ersten Saisonhälfte nehmen die Rider der 3- und 4-SterneEvents im Januar und Februar an vier oder fünf Contests teil. Danach treten die besten (die Top 20 im Skifahren und die Top 10 in den anderen Kategorien) in drei weiteren Contests, die ab 2023 FWT Challengers heissen werden, gegen die Rider an, die sich an den ersten drei Stopps in Kanada, Spanien und Andorra nicht für das Folgejahr qualifiziert haben. Das ist eine Art Play-off zwischen den Besten des Qualifiers und denjenigen, die sich nicht für die World Tour qualifiziert haben. Da geht es dann um die Qualifikationen für 2024. Mit diesem neuen Format soll das sportliche Niveau gepusht werden.
Ist das auch Ziel des „Best of Two Runs“-Format an Tourstopp 4 in Fieberbrunn, in Österreich?
Das war als Joker gedacht: Im ersten Lauf kann der Rider/die Riderin einen Double Backflip oder einen Trick probieren. Schafft er/sie ihn nicht, gibt es eine zweite Chance. So ist eine Steigerung möglich.
Steigt das Niveau generell?
In diesem Jahr sind beim Qualifier unglaublich viele Talente vertreten – es gibt mehr als 70 Contests weltweit, die nach ihrem Niveau in 1- bis 4-SterneEvents eingeteilt werden. Das ist eine Herausforderung für die etablierten Rider. Die erste Generation hat nun schon fast 10 Jahre Wettkampferfahrung. Sie wissen, wie sie ihre Line wählen bzw. zusammenstellen müssen, um Punkte einzufahren. Besonders wichtig: Sie haben Tausende von Videos aufgenommen, die ihnen als Anhaltspunkt dienen. Man merkt, dass durch dieses bildgestützte Training eine Dimension hinzukommt, die es vor 10 Jahren noch nicht gab, ganz zu schweigen von den GroPros, die 3-D-Aufnahmen von Tricks ermöglichen.
Erzählen Sie uns etwas über die verschiedenen Terrains und Herausforderungen an den einzelnen Stopps …
In Kanada sind die Strecken kürzer als in Europa, aber voller Möglichkeiten für Sprünge. In den letzten Jahren, ausser 2022, lag zudem immer Pulverschnee. Perfekt also für Rider mit Freestyle-Hintergrund. Das Besondere an Spanien ist, dass sich der Wettkampf am Pistenrand abspielt. Letztes Jahr hatten sich dort 3000 Leute gedrängt und man fühlte sich wie im Fussballstadion. Hinzu kommen anspruchsvolle Freestyle-Lines. In Andorra gibt es verschiedene Optionen: einen langen alpinen Berg und Faces, die sich eher für Freestyle eignen. Österreich – das ist «Big Mountain par excellence» mit einem langen Face, das sieben bis acht Sprünge ermöglicht. Und nun ja, beim Xtreme in Verbier spricht der Name für sich. Hier geht die Tendenz zu Lines mit punktebringenden Drehungen. Selbst auf dem Bec des Rosses – und daran erkennt man auch die Fortschritte – gelingen mittlerweile Flatspins und Backflips!
Und die Schweizer Riderinnen und Rider? Sind sie gut dabei?
Im Ski Freeride der Damen hat sich Sybille Blanjean im vergangenen Jahr qualifiziert und das Xtreme Verbier gewonnen. Ein echter Durchbruch für die Aussenseiterin. Und natürlich gehört Elisabeth Gerritzen zu den Favoritinnen. Sie hat 2019 und 2021 in Verbier gewonnen und 2021 den Gesamtsieg der FWT geholt. Dem Walliser Simon Perraudin, der von den Junioren kommt und sehr gut Ski fährt, geht es darum, sich an der World Tour zu behaupten.
Und dann wäre da ja noch das Phänomen Maxime Chabloz im Skifahren …
Genau! Er hat vergangenes Jahr bei seiner ersten Teilnahme gewonnen. Er besitzt das technische Rüstzeug, hat keinen Druck und ist mental super drauf. Ein echter Profi, der zwei Karrieren im
Hochleistungssport meistert, denn er ist ja auch dreifacher Juniorenweltmeister im Kitesurfen. Seine Erfahrung in der Luft bringt ihm Vorteile bei den Sprüngen im Skifahren. Vor allem aber besitzt er die Mentalität der ganz Grossen, die einfach nicht verlieren können. Es verspricht eine schöne Saison zu werden!