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Jubiläum: Mahagoni-Ikonen vom Zürichsee

von Quentin Mayerat

Die Pedrazzini Bootswerft in Bäch am Zürichsee baut in akribischer Handarbeit exklusive Motorboote aus Mahagoni. Letztes Jahr konnte das Familienunternehmen sein 100-jähriges Bestehen feiern. 

„Es ist die Leidenschaft, eine klassische Schönheit zu schaffen, ein Unikat, das italiensches Design mit helvetischer Perfektion verbindet.“ So erklärt Claudio Pedrazzini seine Unternehmensphilosophie. Er führt die Pedrazzini-Werft bereits in der dritten Generation und hat sich im hart umkämpften Markt der Bootshersteller eine Nische gesichert. Dabei setzt er ganz auf Tradition und den Status, den seine Vorfahren geschaffen haben.

Es war vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, als Pedrazzinis Grossvater Augusto vom Lago di Como an den Zürichsee übersiedelte und sich schon bald seinen Traum erfüllte: 1914 gründete er seine eigene kleine Werft. Mit viel Pioniergeist und ebenso viel handwerklichem Geschick baute er Ruder- und Fischerboote, später Segeljollen und -jachten. 1928 gewann er das erste Aussenborder-Motorbootrennen auf dem Zürichsee und 1939 stiess das Ausstellungsobjekt seines Sohnes Ferruccio an der Landesausstellung auf grosses Interesse. Dieser hatte in den 1930er-Jahren im italienischen Livorno Nautik und Design studiert und seine Diplomarbeit, eine offene 10-Meter-Jacht aus Mahagoni, den Landi-Besuchern präsentiert. Der Zweite Weltkrieg machte dann aber vorerst alle Pläne, für solvente Kunden schöne Motorboote zu bauen, zunichte. Augusto musste seine Werft bis auf einen Mitarbeiter herunterfahren.

Strictly handcrafted 

Erst zu Beginn der 1950er-Jahre brachte der Wirtschaftsaufschwung wieder eine Käuferschaft für Freizeitboote. Und Sohn Ferruccio führte das Unternehmen Pedrazzini erfolgreich in die zweite Generation. Er baute die erste Super Leggera, ein damals beliebtes Holzboot mit Aus-senborder. Nach seinen Plänen entstand auch das Capri Super Deluxe, jenes Runabout, dem die heutigen Pedrazzini-Motorboote ihre klassische Form verdanken.

Mittlerweile baut die Familie schon in der dritten Generation Holzboote. Heute ist es Claudio, der die nun 100-jährige Tradition bewahrt. Er hat die Produktion auf drei Modelle gestrafft. Die Form wurde nur wenig nach neusten technischen Erkenntnissen modifiziert, um den Charme der Boote zu bewahren. Ein Pedrazzini-Runabout soll eine von Hand geschaffene Ikone bleiben, aus kostbarsten Materialien stilgerecht bis ins letzte Detail gefertigt, aber mit modernster Technik und hochentwickelter Motorisierung.

Sechs bis neun Monate brauchen Pedrazzinis Bootsbauer, um ein Runabout herzustellen, das bedeutet bis zu 4000 Arbeitsstunden pro Exemplar. Praktisch jedes Element wird von Hand gefertigt, vom Spantengerüst über die massive Mahagoniverschalung bis zu den Einlegearbeiten. Zwanzig Mal werden Deck und Rumpf mit einem Speziallack versehen, bis das Boot seinen tiefen Glanz erhält. Präzision ist die oberste Maxime. Claudio Pedrazzini geht sogar so weit, dass er die Schlitzschrauben kontrolliert, denn jede einzelne soll absolut gradlinig ausgerichtet sein. Natürlich werden auch für die Ausstattung nur edelste Materialien verwendet. Lüfter und Beschläge werden sogar in eigenen Gussformen aus Bronze gegossen und verchromt.

Nur etwa sechs Boote werden jährlich gebaut, ein „Pedrazzini“ soll eine Rarität bleiben. Die Käuferschaft rekrutiert sich nicht nur aus der näheren Umgebung des Zürichsees. Runabouts werden in die ganze Schweiz und ins Ausland geliefert. Erst kürzlich konnte ein Boot nach Finnland überführt werden. Dass ein „Pedrazzini“ seinen Preis hat, versteht sich von alleine. Bereits für die kleinste Version, das Capri, muss ein Kunde gut 350’000 Franken auf den Tisch legen.

PERFEKTION BIS INS DETAIL: ARMATURENBRETT MIT FEINSTEM WURZELHOLZ FURNIERT

Zweites Standbein 

Pedrazzini beschäftigt in seinem Betrieb 16 Mitarbeitende. Natürlich sind nicht immer alle mit dem Bootsbau beschäftigt. Bei so exklusiver Kundschaft ist man stark konjunkturellen Schwankungen unterworfen. Zur Werft gehört ein kleiner Hafen mit 30 Wasserplätzen und ebenso vielen Liegeplätzen an Land. Hier fallen Unterhaltsarbeiten und Reparaturarbeiten an. „Auch das ist unser Business. Wir haben zwar ein sehr langlebiges Produkt, aber nach 40 Jahren wird schon mal ein neuer Bootsboden fällig“, meint der Werftinhaber.

Pedrazzini möchte auch in Zukunft seinem Stil treu bleiben. „Natürlich könnte man gewisse Produktionsabläufe industrialisieren und effizienter gestalten, aber die Qualität würde unweigerlich darunter leiden. Das ist ein Szenario, das für mich undenkbar ist“, erklärt er und ist zuversichtlich, dass die Pedrazzini-Erfolgsgeschichte weitergeht. Sein Sohn hat bereits die Ausbildung zum Bootsbauer absolviert, bildet sich jetzt weiter und wird das Unternehmen später sicher im Sinne der Familien-tradition weiterführen.

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