Ida wurde vor über einem Jahrhundert in der Werft Corsier Port gebaut. Die prächtige Motorjacht hat eine bewegte Geschichte hinter sich. In ihrem 111-jährigen Leben verschwand sie immer wieder in der Versenkung und entging mehr als einmal nur knapp der Verschrottung. Ihr wundersames Schicksal fand mit einer fachmännischen Restaurierung in der gleichen Werft, in der sie entstanden ist, ein glückliches Ende.
«Es ist das älteste Motorboot auf dem Genfersee, das mit einem historischen Motor fährt», sagt Emmanuelle Bellwald stolz. Sie ist Koordinatorin der Stiftung MJVP1909, die gegründet wurde, um die historischen Schiffe der Genfer Werft Corsier Port zu erhalten. IDA, so der Name der ehrwürdigen Holzjacht, wurde in mehr als 3500 Arbeitsstunden von Schiffsbauern und Mechanikern zu neuem Leben erweckt. Sie haben die elegante Schönheit mit viel Herzblut nahezu wieder in ihren Originalzustand zurückversetzt. Für diese Meisterleistung wurde Ida 2023 von der Fondation Bolle der «Prix du patrimoine naval du Léman» verliehen und sie gewann an der Monaco Classic Week den 1. Preis in der Kategorie «La belle classe restauration».
Die Holzarbeiten seien beträchtlich gewesen, sagt Werftverwalter Sergy Petry. «Sie standen aber diesmal nicht im Vordergrund. Das Besondere war vielmehr die Instandsetzung des Original-Vierzylindermotors von Felix.» Ida wurde im Lauf ihrer Karriere mehrmals neu motorisiert. In den Hallen von Corsier Port lag ein Felix-Motor herum, bei dem vieles darauf hindeutete, dass es sich um das Originalmodell der Jacht aus dem Jahr 1913 handelte. «Felix-Motoren wurden vom Genfer Lucien Picker gebaut. Er war der Bruder von Charles Picker, dem Schützling des Werftgründers Jules Mégevet», erzählt Serge Patry. Die beiden waren dafür bekannt, die schnellsten Rennboote ihrer Zeit, die Mais-Je-Vais-Piquer, zu bauen und zu steuern. So verwundert es nicht, dass auch Ida Merkmale einer Rennjacht aufweist: das lange Vordeck aus Mahagoni in der aerodynamischen Form eines Schildkrötenpanzers zum Beispiel, aber auch die Position des Motors vor dem Cockpit für eine optimale Gewichtsverteilung sowie die geringe Verdrängung von nur 1500 Kilo. Ida erreichte Spitzengeschwindigkeiten von 30 Knoten und begeisterte damit die Adrenalinjunkies des frühen 20. Jahrhunderts.
Langsame Renaissance
Im Ersten Weltkrieg wurde die junge englische Aristokratin Ida Birkin von ihrer Familie in die Nähe von Genf aufs Land geschickt, damit sie sich dort von der Tuberkulose erholte. Die junge, sportliche und etwas ungestüme Britin langweilte sich in der ländlichen Umgebung. Sie wollte Action. Um ihren Bewegungsdrang zu stillen, schenkte ihr ihr Bruder eine leistungsstarke Motorjacht. Sir Henry Birkin war selbst ein begeisterter Autorennfahrer. Wann immer sich Gelegenheit bot, kreuzten die Geschwister mit dem schnellen Motorboot auf dem Genfersee. Als Ida 1923 an ihrer Krankheit starb, wurde die Jacht nach England verschifft. Henry Birkin nutzte sie dort regelmässig, bis er 1933 bei einem Autorennen tödlich verunglückte. Damit fingen die Turbulenzen der Ida erst an. «Bis in die 1990er-Jahre wechselte sie mehrmals den Besitzer», so Emmanuelle Bellwald. «Alle wollten sie restaurieren, aber niemand führte die Instandstellung zu Ende.» Dann verschwand sie von der Bildfläche.
Erst 1987 tauchte Ida wieder auf. Ein britisches Paar suchte nach trockenem Holz und fand stattdessen unter einer Plane das Wrack. Als Liebhaber klassischer Boote erkannten sie sofort die Einzigartigkeit des Objekts und beschlossen, es zu kaufen und zu restaurieren. Nach mehr als einem halben Jahrhundert an Land fand Ida 1994 in ihr Element zurück, bevor sie schliesslich wieder in der Werft landete, in der sie entstanden war. «Die letzten Eigentümer stellten Nachforschungen an und fanden heraus, dass die Jacht in Corsier Port gebaut worden war», erzählt Emmanuelle Bellwald. «Als sie sich 2008 von dem Boot trennen wollten, kontaktierten sie die Werft. Die erwarb das Holzboot 2009 anlässlich des 100-jährigen Bestehens des von Jules Mégevet gegründeten Unternehmens.»
Heute gehört die traditionsreiche Motorjacht der Stiftung MJVP1909. Sie besitzt rund zwanzig Boote, von denen einige noch immer auf eine Restaurierung warten. Dank der Stiftung hat die ereignisreiche Geschichte der Ida ein glückliches Ende gefunden. Sie kann weiterhin auf dem Genfersee ihre Bahnen ziehen, an Rallyes teilnehmen und ihre Schönheit an Treffen historischer Jachten zur Schau stellen – sehr zur Freude von Bootsliebhabern und Fans historischer Zeitzeugen.
Die Stiftung MJVP1909 hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schiffe, die zum Kulturgut des Genfersees gehören, zu fördern und zu erhalten. Sie sucht deshalb aktiv nach Sammlerinnen und Sammlern, die sich an einem Restaurierungsprojekt beteiligen möchten. Infos: fondation-mjvp1909.ch