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Allein auf See

von Quentin Mayerat

Ein Mann, ein Boot. Von April bis September 2007 hatte ich das Glück 3000 Seemeilen auf dem Mittelmeer zurückzulegen, meistens an Bord der Cilco, einem 34-Fuss-Sloop. Die Etappen: Gibraltar, die spanische Küste, die Balearen, Sardinien, Korsika, Elba, der Golf von Genua und zum Schluss Marseille. Meine Reiseroute war nicht vorgeplant, ich liess mich einfach von meinen eigenen Wünschen und Launen und natürlich vom Wetter leiten. Auf meinem ganzen Törn bin ich lediglich zwei Exemplaren der Spezies Mensch begegnet. Einhandsegler haben auf dem Mittelmeer Seltenheitswert, denn das Revier eignet sich nicht besonders für Solo-Expeditionen, weil Tag und Nacht Wache geschoben werden muss. Doch die Meile für Meile gesammelten Erfahrungen können für all jene, die dem Ruf des Meeres für ein paar Tage oder gar für mehrere Wochen allein oder im Team folgen wollen, von grossem Nutzen sein.

Die Wahl des Bootes

Bei Charterbooten gilt: Je mehr Schlafplätze, desto grösser ist die Yacht. Eine Faustregel für die ideale Bootsgrösse aber gibt es nicht. Natürlich müssen alle Segler Platz haben. Einen Anhaltspunkt liefert auch eine alte Seglerweisheit, die besagt, dass ein Boot im Hafen immer zu gross und auf dem Meer immer zu klein ist. Mit anderen Worten: Falls Sie in Küstennähe segeln wollen, eignet sich ein kurzes Schiff (30-40 Fuss) eher, da es im Hafen und beim Anlegen einfacher zu steuern ist. Liebhaber von Langstreckentrips hingegen sollten eher ein langes Boot (45-50 Fuss) wählen. Es ist schneller und auf hoher See vor allem am Wind bequemer zu segeln. Der Tiefgang scheint auf dem “gezeitenlosen” Mittelmeer keine grosse Rolle zu spielen. Doch je kürzer der Kiel, desto einfacher gestaltet sich die Einfahrt in die Häfen, Marinas oder andere Ankerplätze. Schliesslich gilt es auch noch zu entscheiden, ob Sie lieber auf einem Ein- oder auf einem Mehrrümpfer segeln. Viele Marinas bleiben den Multis zwar verwehrt, dafür eignen sich diese Boote aber hervorragend für abseits gelegene, offene Ankerplätze.

Die Sicherheit auf hoher See

Wer sicher unterwegs sein will, benötigt nicht nur die richtige Bootsausrüstung, sondern muss auch auf ein gut ausgebildetes Team, zuverlässige Wetterdaten und eine lückenlose Vorbereitung zählen können.

Motor und Vertäuung

Ein sicheres Boot ist ein Boot, das über ein leistungsstarkes Vertäuungssystem und einen zuverlässigen Motor verfügt. Falls keine anderen Energiequellen (Windrad, Solarzellen usw.) vorhanden sind, versorgt er die Batterien, von denen alle Bordinstrumente abhängen, mit Strom. Und er wird benötigt, um in die Häfen zu fahren oder sichere Ankermanöver durchzuführen. Das gilt besonders für die modernen Marinas, in denen die Bootsplätze knapp bemessen sind. Ein Segelboot lässt sich am besten im langsamen Rückwärtsgang (1-2 Knoten) manövrieren, denn der Bug folgt der Bewegung auch bei Seitenwind. Mit Hilfe der Motorkraft gegen mittlere bis starke Winde (ab 20 Knoten) anzukämpfen ist jedoch keine gute Idee. Unter Segel ist ein gut getakeltes Boot bei solchen Bedingungen viel leistungsstärker. Der Motor kann höchstens als Unterstützung für einen stabileren Amwindkurs dienen.

Motor, trotzdem sollte man nicht auf seinen Einsatz verzichten. Es ist empfehlenswert kontakjeweilsAuch beim Vertäuen müssen einige grundlegende Sicherheitsmassnahmen beachtet wer den. Die Anker sind zwar meistens dem Boot angepasst, die Ketten allerdings oft viel zu kurz. 50-60 Meter sind kein Luxus. Die Länge wird bei tiefem Meeresgrund und beim Abdriften benötigt, um das Boot durch Ablassen der Kette zu stabilisieren. Auch hier ist der Motor entscheidend, denn die meisten modernen Boote sind mit einem Ankerspill ausgestattet. Er ist zwar äusserst stromfreswersend und funktioniert nur bei laufendem ein paar Meter rückwärts zu fahren, um sicherzustellen, dass der Anker tatsächlich sitzt. Auch zur Unterstützung der Ankerwinde ist der Motor eine grosse Hilfe. Letzter Tipp: Nehmen Sie nach dem Vertäuen das Gewicht und den Druck vom Ankerspill, indem Sie an der Ankerkette eine Entlastungsleine mit einem Stopperstek befestigen.

Seefunk und Telefon

Dem Seefunk sollte aus Sicherheitsgründen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. In Küstennähe hat das Handy den Seefunk verdrängt. Heute werden die Häfen und auch die Notdienste meist per Mobiltelefon kontak tiert. Dennoch ist der UKW-Seefunk – insbesondere mit DSC (Digital Selective Call) ausgestattete Geräte – unersetzlich. Gekoppelt an einen GPS kann man damit im Notfall sofort einen Satellitenanruf tätigen, bei dem der Empfänger automatisch über die Art der Havarie, die Uhrzeit des Anrufes und die Bootsposition informiert wird. Alle mit diesem System ausgestatteten Boote sind mit ihrer Identifikationsnummer (MMSI) im weltweiten Seenot- und Sicherheitsfunksystem (GMDSS) registriert. Das System funktioniert sogar auf hoher See (innerhalb einer UKW-Reichweite von 30-50 Meilen) und alarmiert Handels- oder Passagierschiffe, die Ihren Sektor kreuzen. Sie müssen von Gesetzes wegen mit Funksystemen ausgestattet sein, damit sie innerhalb des GMDSS die Aufgabe eines Relais übernehmen können. Gegebenenfalls leiten sie Ihren Notruf weiter. Es lohnt sich also, einen für die Bedienung von VHF-Anlagen mit DSC obligatorischen „eingeschränkten Radiotelefonistenausweis des beweglichen Seefunkdienstes“ (SRC) zu besitzen. Tragbare VHF sind zwar kein Muss, können aber interessant sein, um beispielsweise vom Cockpit aus Kontakt mit den Hafenbehörden oder mit anderen Booten aufzunehmen. Wer auf hoher See telefonieren und jederzeit seine GPS-Position kennen möchte, der sollte sich ein Satellitentelefon besorgen.

Reiseführer, Karten und GPS

Der Nutzen eines festen GPS muss wohl kaum erläutert werden, auch wenn die Karten manchmal so viele Informationen enthalten, dass sie nur noch schlecht lesbar sind. Trotzdem glaube ich nicht, dass sie die gedruckten Karten ersetzen können, denn eine Batteriepanne kann nie ausgeschlossen werden. Ein batteriebetriebener portabler GPS leistet in solchen Situationen wertvolle Dienste. Ein Beispiel: Bei einer Regatta im Mittelmeer im Jahr 2006 konnten wir dank eines zehn Jahre alten tragbaren GPS mitten in der Nacht ohne Schwierigkeiten durch den schmalen Durchgang zwischen Malta und Gozo fahren, obwohl die Batterien des Bootes nicht funktionierten. Ferner ist es meiner Meinung nach undenkbar ohne einen guten nautischen Führer in See zu stechen. Damit kann der Törn nicht nur im Detail vorausgeplant werden, sondern man kann sich auch ein Bild von den kommenden Etappen machen. Besonders empfehlenswert sind Handbücher aus dem Imray-Verlag. Sie sind klar und übersichtlich aufgemacht und enthalten eine Fülle praktischer und äusserst nützlicher Informationen.

Wetter

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man von West nach Ost eher vor dem Wind segeln kann und sich das Boot in dieser Richtung besser steuern lässt. Ein Bretone, dem ich südlich von Sardinien begegnet bin und der auf dem Weg in die Türkei war, fluchte über die mehrwöchige Amwindfahrt durch die grobe See. Die meisten im Hafen erhältlichen Wetterbulletins sind genau, aber die Prognosen gelten meist nur für die nächsten 24 Stunden. Für die Küstenschifffahrt reicht das zwar aus, doch nicht für längere Etappen, Überfahrten oder auf hoher See. Man sollte deshalb in regelmässigem Kontakt mit einem Wetterdienst stehen. Es besteht beispielsweise die Möglichkeit, mit Meteo-France einen auf 4-5 Tage befristeten Vertrag für individuell angepasste Vorhersagen abzuschliessen. Die Infos werden per Fax oder E-Mail (aber nicht per Telefon) übermittelt. Kostenpunkt: ca. 100 Euro.

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