Kanada
Nur eine gute Autostunde von Montreal entfernt liegt die bezaubernde Region Cantons-de-l’Est. Das 2023 von der New York Times als besonders sehenswert eingestufte Reiseziel lockt mit wunderschönen Landschaften, die man auf der «Route des Vins», Quebecs Weinstrasse, entdecken kann.
Die Gegend scheint einem Hollywood-Film entsprungen zu sein, so perfekt ist sie mit ihren riesigen Nationalparks, den im Herbst in tau – send Farben leuchtenden Ahornwäldern, den glitzernden Seen sowie freundlichen Städten und Dörfern. Die Atmosphäre wirkt friedlich und zeitlos. Zurückgezogen lebende Bestsellerautorinnen oder ehemalige Industriebarone, die über den Sinn des Lebens meditieren, würden gut in diese Kulisse passen. Die Region Cantons-de-l’Est hat das Slow-Life-Konzept zwar nicht erfunden, lebt es aber tagtäglich in einem Umfeld, das von Naturnähe, Geselligkeit und der Vorliebe für lokale, mit Herz hergestellte Produkte geprägt ist. Dank des frühen Eisenbahnbaus und der Begeisterung reicher Amerikanerinnen und Amerikaner für die Region sind die Cantons-de-l’Est bereits seit 1850 ein touristisches Reiseziel. In der 12 000 Quadratkilometer grossen Gegend kommen alle auf ihre Kosten, die gern Sport treiben und durch die Natur streifen.
Wilder Charme
Zu Beginn der warmen Jahreszeit wandern Skier sowie Schnee- und Schlittschuhe in den Keller. Dann sind Sportschuhe, Badekleidung, Angelruten und Golfschläger gefragt, um in einem der vier Nationalparks zu wandern oder Velo zu fahren, zu baden, zu fischen, Wassersport zu treiben oder Golf zu spielen. In diesem Sammelsurium an Aktivitäten darf das Paddeln nicht fehlen, das in der Region fast überall hoch im Kurs steht – so zum Beispiel im Outdoorzentrum Au Diable Vert mit seiner breiten Palette an Freizeitangeboten in der wilden Natur Quebecs. Von dem im Monts-Sutton-Massiv buchstäblich inmitten von Bäumen gelegenen Ort aus schweift der Blick bis zu den Appalachen und den Green Mountains. Ein besonderer Clou ist das «Vélo-volant»: Auf dem an einem Tragseil hängenden Liegerad können Sie selbst in die Pedale treten, um auf Baumwipfelhöhe einen Kilometer weit entlang eines Berghangs, über Wasserfälle und durch Schluchten zu gleiten und spektakuläre Aussichten zu geniessen.
Der Reichtum der Natur lässt sich auch in den Nationalparks erleben, etwa im über 58 km2 grossen Nationalpark Mont-Orford nördlich der Stadt Magog. Der Park mit seinen üppigen, vom Zuckerahorn dominierten Wäldern ist ein wahres Paradies für Wanderinnen und Wanderer – auch für weniger geübte. Eine einfache Tour führt zu einem T-förmigen Felsvorsprung, von dem aus sich ein atemberaubender Panoramablick auf die Region mit der Stadt Magog und den Seen Lac Memphrémagog und Lac Orford bietet.
Weine zum Entdecken
Die Cantons-de-l’Est sind inzwischen auch für ihre immer beliebteren Weine bekannt. Das war in den Achtzigerjahren noch nicht abzusehen. Damals begannen einige begeisterte Pioniere, darunter Christian Barthomeuf von der Domaine des Côtes d’Ardoise und Charles-Henri de Coussergues von der Domaine de l’Orpailleur, mit dem Weinanbau in Quebec. Dabei stiessen sie auf vielerlei Hindernisse, etwa die Alkoholvorschriften, das raue Klima und die Vorurteile auf Verbraucherseite. Abschrecken liessen sie sich davon aber nicht, zumal sich ihnen bald andere Winzerinnen und Winzer anschlossen.
Mittlerweile hat der Wein aus Quebec sein Publikum gefunden: 2022 wurden 3,1 Millionen Flaschen produziert und verkauft. Und die Vielfalt ist mit über 30 Rebsorten gross: Der weisse Seyval, der rote Frontenac und der Maréchal Foch sind nur einige Beispiele.
Auf der 160 Kilometer langen, ländlich geprägten Route des Vins zwischen Brome und Missisquoi fühlt man sich manchmal angenehm allein auf der Welt. Über die Route führen zehn Auto- und Fahrradtouren zu 22 Weingütern, von denen einige die ältesten Weinberge der Region kultivieren. Die Domaine des Côtes d’Ardoise mit ihren durch die Reben führenden Blumenpfaden und ihren Skulpturen ist ebenso ein Muss wie die Domaine de l’Orpailleur in Dunham, die der Sänger und Dichter Gilles Vigneault so benannt hat. Der Name erinnert an die Goldwäscher, die einst in den goldhaltigen Flüssen der Cantons-de-l’Est nach Gold gesucht haben. Der Roadtrip bietet auch die Gelegenheit, durch Städte und Dörfer zu schlendern, lokale Produkte wie Käse, Mikrobrauerei-Bier und Schokolade zu kosten sowie originelle Restaurants wie das Espace Old Mill zu entdecken, das Bauernhof, Gasthaus und Laden in einem ist. Es wurde von Jean-Martin Fortier gegründet, dem Vorreiter der nachhaltigen Landwirtschaft in Quebec.
Von der Schweiz aus ist Quebec übrigens leicht zu erreichen. Air Canada fliegt im Winter wöchentlich fünfmal und im Sommer täglich direkt von Genf und Zürich nach Montreal.DIE CANTONS-DE-L’EST SIND EIN PARADIES FÜR KANU- UND KAJAKFAHRER.