Skippers

🏛 » Der eigenwillige Charme der südlichen Bretagne

Der eigenwillige Charme der südlichen Bretagne

von Quentin Mayerat

Dass die Cruising Swiss V (siehe Kasten) schon so viele Seemeilen auf dem Buckel hat, würde man angesichts ihres hervorragenden Allgemeinzustandes nie vermuten. Das war mein erster Gedanke, als ich meine Tasche auf dem Schiff abstellte. Bestimmt liegt das an der Sorgfalt, mit der die Crews die Schiffe des CCS pflegen. Sie sind stets wie aus dem Ei gepellt und perfekt gewartet. Manchen mögen die Protokolle etwas zu streng erscheinen, aber wahrscheinlich führt kein Weg an minutiös geplanten Unterhaltsarbeiten vorbei.

Ein kleiner Törn auf einem Schiff, das schon so viel von der Welt gesehen hat: meine Vorfreude war gross. Ich segelte aus reinem Vergnügen mit. Man kann die Törns des CCS aber auch nutzen, um seine Segelkenntnisse zu vertiefen, Seemeilen zu sammeln, Segelmanöver zu trainieren oder praktische Erfahrungen beim Stranden und der Beleuchtung zu erwerben. Ich habe im Programm sogar den Törn „Englische Gärten, Tide und Strom“ gefunden. Funny, isn’t it?

Gestartet wurde in La Trinité-sur-Mer, Zielhafen war Lorient. Sofern man das Boot im Griff hat und segeln kann, ist das Revier nicht sonderlich tückisch. Bei einem anständigen Nord-Nordwestwind führte unsere Route nach Port Halliguen, La Teignouse, Houat, wo wir zum Mittagessen einen Zwischenstopp einlegten, und anderen eindrücklichen Orten wie Belle-Ile-en-Mer oder Port Tudy. Es war ein echtes Vergnügen (absichtlich!) im Flussbett der Sauzon zu stranden! Das Unterfangen ist mit einem so grossen Schiff und bei 20 Knoten Wind in Hafenrichtung zwar heikel, doch es war die Mühe allemal wert. Wir erkundeten Belle-Ile-en-Mer am frühen Morgen und spazierten zu Fuss durch eine Natur, die von den eisigen Temperaturen des vergangenen Winters verschont geblieben war. Die blühenden Frühlingsblumen verliehen dem Landgang etwas wunderbar Romantisches. Dank des milden Wetters konnten wir sogar im T-Shirt auf der Terrasse essen und uns die köstlichen Fische und Schalentiere aus der Region schmecken lassen.

Die nächsten Schläge führten uns zu den Poulains, einem unberührten Küstenstreifen im Norden von Belle-Ile-en-Mer. Nachdem wir den gut geschützten Ankerplatz Ster Ouen im Nordwesten der Insel in Augenschein genommen hatten, steuerten wir die Ile de Groix an. Beim Anlegen im Vorhafen von Port Tudy machte strömender Regen dem Ruf der Bretagne alle Ehre. Da tiefe Temperaturen vorausgesagt waren und uns der Motor etwas Sorgen bereitete, beschlossen wir, schon am nächsten Tag nach Lorient aufzubrechen.

© Yves Ryncki

Die Bucht von Lorient, das früher ein wichtiger Militärstützpunkt war, ist unbestritten weniger poetisch als die nahegelegenen Inseln, hält für Fahrtensegler aber eine Unmenge Sehenswürdigkeiten bereit. Marinas gibt es mehrere und in verschiedenen Grössen. Für einen Besuch des Museums der französischen Ostindienkompanie bietet sich Port Louis an, wer Benzin tanken muss, hält in Kernevel und alle anderen haben die Wahl zwischen Locmiquelic und dem Jachthafen im Stadtzentrum.

2008 wurde in Lorient die Cité de la Voile Eric Tabarly eröffnet. Die Idee zu diesem Projekt war 1999, ein Jahr nach dem tragischen Tod des grossen Seglers in der Irischen See entstanden. Auf dem früheren U-Boot- und Industriegelände ist ein ganz dem Segeln gewidmeter Raum entstanden, der neuen Schwung in den Sport gebracht hat. Die Einrichtung versteht sich als Pool vielfältiger Kompetenzen rund ums Segeln und Hochseeregatten. Sie umfasst auch ein interaktives Museum und ist Heimathafen der Pen Duick von Eric Tabarly, die am Steg festgemacht ist. Während unseres ungewollten Zwischenstopps fand gerade die Messe der Mehrrumfboote statt. Da die Cité einigen der werftneuen MOD70 und anderen Hochseeracern als technische Basis dient, macht man hier auch sonst immer wieder interessante Begegnungen. Uns lief Stève Ravussin über den Weg, der uns bereitwillig seinen neuen Katamaran Race for Water zeigte und den Ablauf der Multi One Championship erklärte. Die Anwesenheit renommierter Hochseeteams und die Austragung hochkarätiger Anlässe wie die Zieleinfahrt der 8. Etappe des Volvo Ocean Race am 17. Juni ziehen viele andere segelsportliche Aktivitäten nach sich und machen Lorient zu Recht zur neuen europäischen Segelhauptstadt.

Nach einem Fotoshooting und letzten Schlägen bei kräftigen Windböen machten wir uns an die Reinigung des Bootes, stellten das Inventar auf und übergaben das Schiff der nächsten Crew. Auf dem Weg zum Zug, der uns in die Schweiz zurückbringen sollte, schworen wir uns gegenseitig, dass wir wiederkommen.

www.cruisingclub.ch

Dans la meme categorie